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Robert A. aus Chemnitz: Das ist der Mann, der abgeschoben werden soll


Letztes Gespräch vor Abschiebung
"Er hat sich mit unglaublicher Energie integriert"


15.07.2024Lesedauer: 2 Min.
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Stacheldraht über den Mauern des Dresdner Abschiebegefängnis auf der Hamburger Straße: Dort saß Robert Azirovic seit Freitag.Vergrößern des Bildes
Stacheldraht über den Mauern des Dresdner Abschiebegefängnis auf der Hamburger Straße: Dort saß Robert Azirovic seit Freitag. (Quelle: Montage (imago, Sächsischer Flüchtlingsrat))

Der frühere Bürgerrechtler Frank Richter berichtet vom letzten Gespräch mit Robert Azirovic im Dresdner Abschiebegefängnis. Sie sprachen über die Gefahr in Serbien sowie seine Straftat.

In der Nacht zum Sonntag weckten die Wärter Robert Azirovic, um ihn nach Serbien abzuschieben: ein Land, das er noch nie betreten hat und dessen Sprache er nicht spricht. Als Baby kam er nach Deutschland und verbrachte sein ganzes bisheriges Leben hier.

Wenige Stunden vor der Abschiebung führten der frühere Bürgerrechtler und SPD-Landtagsabgeordnete Frank Richter sowie Ulrich Dombrowsky, Generaldekan des Bistums Dresden-Meißen, ein dreistündiges Gespräch mit Azirovic.

Richter berichtet, dass Azirovic perfekt Deutsch sprach: "Dieser Mensch hat eine unglaubliche Energie und strahlt eine persönliche Autorität aus – wahrscheinlich, weil er schon so viel Schlimmes durchgemacht hat. Es ist mir ein Rätsel, wie er es geschafft hat, trotz der bedrückenden Situation seinen Optimismus nicht zu verlieren."

Vom Förderschüler zum Krankenpfleger

Azirovics Ehrgeiz zieht sich durch sein gesamtes Leben. Er schaffte den Wechsel von der Förderschule für Lernbehinderte auf die Realschule. Nach einem Berufsvorbereitungsjahr absolvierte er eine Ausbildung zum Masseur und medizinischen Krankenpfleger. Obwohl er völlig integriert war, bekam er hier immer nur den Status als Geduldeter. Damit hatte er in seinen 30 Jahren in Deutschland nie eine Arbeitserlaubnis.

Vor vier Jahren bekam seine Biografie tiefe Risse: Er stand wegen eines Drogendelikts vor Gericht und wurde verurteilt. Allerdings kam er mit einer Bewährungsstrafe davon, weil sein Bruder die Schuld auf sich nahm. "Er war sehr klar in der Lage, seine Geschichte zu erzählen, seine Schuld einzugestehen", betont der Abgeordnete. "Selten ist mir jemand begegnet, der sich mit so viel Energie integriert hat."

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Nach seinem CDU-Austritt war er erst parteilos – später trat er der SPD bei. (Quelle: imago)

Frank Richter

1960 in Meißen geboren, ist ein deutscher Politiker (SPD), Theologe und früherer Bürgerrechtler. Er wurde während der Friedlichen Revolution in der DDR als Gründer der »Gruppe der 20« in Dresden bekannt. Seit Oktober 2019 ist Richter Abgeordneter im Sächsischen Landtag.

Aber auch mit sozialem Engagement machte Azirovic auf sich aufmerksam: Im Mai 2024 wird auf seine Bemühungen hin der erste Stolperstein für im Nationalsozialismus ermordete Sinti und Roma verlegt – weitere sollen folgen.

Richter erzählt über Azitovic: "Er berichtete mir sehr glaubhaft, wie die Roma in Serbien diskriminiert werden – und vor allem hat er Sorge, dass er besonders diskriminiert wird, weil er gar kein Serbisch spricht". In Chemnitz lässt Azirovic sein gesamtes Lebensumfeld zurück: Dort leben alle seine Freunde und auch seine Mutter.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Landtagsabgeordneten Frank Richter
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