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Lina-E.-Urteil in Dresden: Das müssen Sie wissen | Überblick


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Ihr Verlobter ist untergetaucht
Deshalb ist Lina E. jetzt auf freiem Fuß


Aktualisiert am 01.06.2023Lesedauer: 3 Min.
Lina E. im Oberlandesgericht (OLG) Dresden: Sie und drei weitere Männer stehen hier seit Wochen vor Gericht.Vergrößern des Bildes
Lina E. im Oberlandesgericht (OLG) Dresden: Sie wurde zu mehreren Jahren Haft verurteilt. (Quelle: Sebastian Kahnert/dpa)

Der Hammer ist gefallen, doch rechtskräftig ist Lina E. noch nicht verurteilt. Was Sie zu dem Urteil wissen müssen.

Am Mittwoch endete in Dresden der Prozess gegen die 28-jährige Studentin Lina E. und drei weitere Angeklagte. Das sächsische Oberlandesgericht hat die mutmaßlichen Linksextremisten zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

Für was wurden Lina E. und die Mitangeklagten verurteilt?

Lina E. wurde der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, gefährlicher Körperverletzung, Sachbeschädigung, Diebstahl und weiterer Delikte wie etwa Urkundenfälschung schuldig gesprochen. Einer der drei Mitangeklagten wurde ebenfalls wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung verurteilt, die beiden anderen wegen Unterstützung einer solchen. Zwei der Männer wurden zudem der gefährlichen Körperverletzung für schuldig befunden, der dritte der Beihilfe dazu. Sie waren an unterschiedlichen Übergriffen beteiligt.

Nach Überzeugung des Gerichts war die Gruppe zwischen 2018 und 2020 an mehreren Angriffen auf Neonazis beteiligt. Sie soll zudem einen Mann attackiert und verletzt haben, den die Gruppe fälschlicherweise für einen Neonazi hielt.

Lina E. bekam eine Haftstrafe von fünf Jahren und drei Monaten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, E. kann in Revision gehen. Nicht verurteilt wurde sie hingegen für die "Rädelsführerschaft" der Vereinigung. Diesen Vorwurf hatte die Staatsschutzkammer zurückgewiesen. Die Mitangeklagten erhielten Haftstrafen zwischen zwei Jahren und fünf Monaten sowie drei Jahren und drei Monaten.

Das Gericht blieb damit unter den Strafanträgen der Bundesanwaltschaft, die acht Jahre Freiheitsstrafe für Lina E. sowie zwischen zwei Jahren und neun Monaten sowie drei Jahren und neun Monaten für die drei Männer gefordert hatte.

Warum ist Lina E. trotzdem auf freiem Fuß?

Obwohl Lina E. zu einer Haftstrafe verurteilt wurde und auch bis zum Urteil in Untersuchungshaft war, ist sie nun auf freiem Fuß. Denn der Vollzug ihres Haftbefehls wurde ausgesetzt. Das Gericht geht nicht davon aus, dass sie untertaucht. Statt weiter im Gefängnis zu sitzen, muss sie sich zweimal wöchentlich – montags und donnerstags – bei der Polizei melden. Außerdem wurden ihr Reisepass und Personalausweis eingezogen. Ihren Wohnsitz darf sie nur mit Genehmigung wechseln.

Was passiert, wenn sie gegen die Auflagen verstößt?

Sollte sich Lina E. nicht an die Auflagen halten, die ihr das Gericht auferlegt hat, wird der Haftbefehl wieder in Vollzug gesetzt, sofern Lina E. den Bruch der Auflagen selbst zu verantworten hat. Entschuldbar wäre zum Beispiel, wenn sie sich wegen eines Unfalls nicht bei der Polizei melden kann. Wenn der Haftbefehl wieder in Vollzug gesetzt wird, kommt Lina E. erneut in U-Haft, bis das Urteil rechtskräftig ist.

Besteht Fluchtgefahr?

Ein gewisses Restrisiko bleibt wohl immer, auch weil Lina E.s Verlobter, Johann G., untergetaucht ist und sich noch immer auf der Flucht vor den Behörden befindet. Er soll der strategische Kopf der Gruppe gewesen sein. Dennoch vertraut das Gericht offenbar darauf, dass Lina E. nicht untertauchen wird. Das hängt vermutlich auch damit zusammen, wie viel Zeit sie tatsächlich noch im Gefängnis verbringen muss.

Wie lange muss sie ins Gefängnis?

Das hängt davon ab, wie sich Lina E. im Gefängnis verhält. Denn bei "guter Führung" kann ein Häftling nach Abbüßen von zwei Dritteln seiner Strafe vorzeitig entlassen werden. Der Rest der Strafe wird dann zur Bewährung ausgesetzt. Lina E. saß vor der Urteilsverkündung bereits zweieinhalb Jahre in Untersuchungshaft, diese Zeit wird ihr auf die Strafe angerechnet. Sollte sie sich also im Gefängnis "gut führen", könnte Lina E. schon nach circa einem Jahr Haft entlassen werden.

Theoretisch könnte Lina E. auch vorher entlassen werden. Da sie nicht vorbestraft war, könnte hier §57 des Strafgesetzbuches greifen. Er besagt, dass eine nicht vorbestrafte Person bereits nach der Hälfte der Strafe entlassen werden kann, wenn die Gesamtstrafe zwei Jahre nicht übersteigt oder die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, dass besondere Umstände vorliegen. Das ist bei den Delikten, für die Lina E. verurteilt wurde, allerdings nach Einschätzung von Juristen unwahrscheinlich.

Wann muss sie ins Gefängnis?

Lina E. muss ihre Strafe antreten, sobald das Urteil rechtskräftig ist. Da die Verteidigung jedoch bereits angekündigt hatte, in Revision gehen zu wollen, dürfte es wohl noch so lange dauern, bis der Bundesgerichtshof das Verfahren geprüft hat. Die Verteidigung hat nach dem Urteil eine Woche Zeit, um die Revision einzureichen. Danach dauert es in der Regel einen Monat, um die Begründung der Revision einzureichen.

In welchem Gefängnis muss Lina E. ihre Strafe absitzen?

Wie die "Bild" berichtet, soll sie ihre restliche Haftstrafe in der JVA Chemnitz absitzen. Hier hatte sie auch ihre Zeit in U-Haft verbracht. Besonders brisant: In dieser JVA sitzt auch Beate Zschäpe ein, die als Mitglied der Terrorgruppe des sogenannten "Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU)" verurteilt wurde.

Verwendete Quellen
  • Anfrage bei Berliner Anwalt
  • 357 StGb
  • bild.de: Wie gerecht ist dieses Urteil?
  • spiegel.de: Das Gericht vertraut darauf, dass sie nicht untertaucht
  • lvz.de: Was bedeutet das Urteil gegen Lina E.? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Prozess
  • t-online.de
  • Eigene Recherchen
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