Erfurt Antrag: Keine Vorbehalte gegen Artikel 59
Thüringen hat die Bundesregierung aufgefordert, ihre Vorbehalte gegen Artikel 59 der sogenannten Istanbul-Konvention zurückzunehmen. Wie das Frauenministerium am Freitag in Erfurt mitteilte, soll der entsprechende Antrag, den der Freistaat gemeinsam mit den Ländern Bremen, Berlin und Hamburg einbrachte, am kommenden Freitag in einer Sitzung des Bundesrates behandelt werden. Der Artikel 59 des internationalen Abkommens zum Schutz von Frauen vor Gewalt sieht vor, den Schutz und die Rechte gewaltbetroffener Migrantinnen zu stärken. Die Bundesregierung hatte gegen Teile dieses Artikels einen Vorbehalt eingelegt. Nach Ansicht der Thüringer Frauen- und Familienministerin Heike Werner (Linke) könne dadurch für Migrantinnen eine Schutzlücke entstehen.
"Die Istanbul-Konvention soll alle Frauen vor Gewalt schützen - auch ausländische Frauen", sagte Werner. Die Bundesregierung müsse daher zwingend ihre Vorbehalte gegen Artikel 59 zurücknehmen. "Von Gewalt betroffene Frauen dürfen nicht abgeschoben werden", so Werner. "Wenn eine Frau sich keine Hilfe bei erlittener Gewalt sucht, weil sie befürchtet, dass sie das Land verlassen muss, ist dies zutiefst inhuman", sagte die Gleichstellungsbeauftragte Gabi Ohler.
Die Istanbul-Konvention ist in Deutschland 2018 in Kraft getreten. Sie ist ein völkerrechtlich bindender Menschenrechtsvertrag, der das Ziel hat, jede Form von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verhindern, verfolgen und beseitigen. Zugleich soll die Diskriminierung von Frauen beendet und die echte Gleichstellung der Geschlechter erreicht werden. Die Bundesregierung hat Artikel 59 bereits bei Zeichnung der Konvention 2012 mit zwei Vorbehalten belegt. Damit sind die Rechtswirkungen von Artikel 59 Absatz 2 und 3 der Konvention für Deutschland ausgeschlossen.