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Femizide in Berlin: "Der Aufschrei müsste viel größer sein"


Femizide in Berlin
"Der Aufschrei müsste viel größer sein"


12.04.2025 - 11:35 UhrLesedauer: 3 Min.
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Kerze an einem Grab (Symbolbild): Die genaue Zahl der Femizide in Berlin wird bei der Staatsanwaltschaft bisher statistisch nicht erfasst. (Quelle: Markus Rinke/imago-images-bilder)
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Immer wieder kommt es in Berlin zu brutalen Femiziden. Was kann die Politik tun, um Frauen besser zu schützen? Aus der Opposition gibt es Forderungen.

3. April. In einem Spandauer Hochhaus wird eine Frau getötet. Die Polizei nimmt ihren Lebensgefährten unter Tatverdacht fest.

31. März. In Schönefeld bei Berlin wird ein Ehepaar tot aufgefunden. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Mann zuerst seine Frau und dann sich selbst getötet hat.

25. Januar. In einem Wohnhaus in Marzahn finden Anwohner eine schwer verletzte Frau im Fahrstuhl. Rettungskräfte können nichts mehr für sie tun, sie stirbt. Die Polizei nimmt wenige Tage später ihren ehemaligen Lebensgefährten fest. Er soll sie umgebracht haben.

Das sind drei Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit, bei denen es sich wohl um sogenannte Femizide handelt. Eine allgemeingültige Definition des ursprünglich aus der Soziologie stammenden Begriffs gibt es nicht. Gemeint ist damit die Tötung einer Frau aufgrund ihres Geschlechts. Häufig wird der Begriff dann verwendet, wenn Frauen von Partnern oder Ex-Partnern getötet werden.

Staatsanwaltschaft will Femizide statistisch erfassen

Bei der Berliner Staatsanwaltschaft wird die Zahl der Femizide bisher nicht statistisch erfasst. In Pressemitteilungen verwendet die Behörde den Begriff allerdings manchmal. "Das tun wir in den Fällen, in denen Hass auf Frauen als Teil des Motivs gesehen wird", sagt ein Sprecher der Behörde auf Anfrage. Aktuell werde an einer genauen Definition gearbeitet, die dann eine statistische Erfassung ermöglichen soll.

Bahar Haghanipour engagiert sich für mehr Gewaltschutz für Frauen. Sie ist die frauenpolitische Sprecherin der Berliner Grünen. Sie sei besorgt darüber, dass die öffentliche Aufmerksamkeit bei Femiziden schnell abnehme, sagt Haghanipour. "Der Aufschrei müsste viel größer sein."

"Der Staat hat die Aufgabe, Frauen zu schützen"

Die Grünenpolitikerin fordert konkrete Maßnahmen. "Der Staat hat die Aufgabe, Frauen zu schützen", sagt sie. Institutionen, wie etwa die Jugendämter, müssten besser für das Thema Gewaltschutz sensibilisiert werden.

Sie fordert, dass bei gewalttätigen Partnern der Gewaltschutz wichtiger gewertet wird als das Umgangsrecht mit ihren Kindern. Häufig werde das nicht getan, mit der Begründung, dass der Vater den Kindern gegenüber nicht gewalttätig gewesen sei, sondern der Mutter gegenüber. Das erschwere es Müttern enorm, sich aus gewaltvollen Beziehungen zu lösen, sagt Haghanipour. "Durch die Kinder kommen die Täter immer wieder an ihre Ex-Partnerinnen heran."

Außerdem müsse die Kommunikation zwischen verschiedenen Institutionen verbessert werden, fordert Haghanipour. Bei Gewaltvorfällen brauche es Fallkonferenzen mit allen Institutionen, die mit den Betroffenen in Kontakt stehen, wie der Polizei, Beratungsstellen sowie den Jugendämtern. Bisher wisse die eine Stelle oft nichts von der Arbeit der anderen. "Wir sind überzeugt davon, dass solche Konferenzen Leben retten können."

Als Beispiel dafür nennt Haghanipour den Fall von Zohra G. Die sechsfache Mutter war im Jahr 2022 in Berlin von ihrem Ehemann erstochen worden, von dem sie sich scheiden lassen wollte. Damals waren die beteiligten Behörden wegen mangelnder Kommunikation in die Kritik geraten. "Man hätte schneller merken müssen, welche Gefahr von diesem Mann ausgeht", sagt Haghanipour.

"Gewaltschutz rettet Leben"

2023 hat der Berliner Senat den Landesaktionsplan beschlossen, der verschiedene Maßnahmen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen vorsieht. Seitdem sei mehr Geld für Gewaltschutz da, es reiche aber weiterhin nicht aus. Außerdem dauere die Umsetzung lange, so Haghanipour.

Spanien etwa gebe ein Vielfaches von dem für Gewaltschutz aus, was in Deutschland zur Verfügung stehe, und erziele damit Erfolge. "Wir müssen als Gesellschaft bereit sein, das zu bezahlen", sagt die Grünen-Politikerin. "Gewaltschutz rettet Leben."

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Bahar Haghanipour
  • Telefonat mit einem Sprecher der Staatsanwaltschaft Berlin

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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