Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Gastronomie in Berlin Mitte Berlin-Mitte: Wo hip sein zum Schimpfwort verkommt
Auswärts essen in Berlin – das ist nun wahrlich kein Problem. Doch wer sich in den hippen Hotspots von Mitte, Prenzlauer Berg und Schöneberg verläuft, kann dort sein blaues Wunder erleben.
Berlin hat unzählige gastronomische Betriebe mit ebenso viel Abwechslung. Ob schlicht an der Döner-Bude oder vom Currywurst-Stand oder gediegen im Restaurant: mal indisch, mal mexikanisch. usbekisch, jüdisch, vietnamesisch. Alles ist drin. Von fleischlichen Genüssen über vegetarisch bis zu völlig tierbefreit im Lokal für Veganer. Ein Eldorado der kulinarischen Vielfalt. Kaum ein Land der Erde, das mit seiner vertrauten Küche in der Hauptstadt nicht vertreten ist. Das ist echt hip.
Dabei sind den Preisen nach oben keine Grenzen gesetzt. Doch nicht alles, was teuer ist, ist seinen Preis wert. Wer aber etwas auf sich hält und Teil des vermeintlich modernen Lebensstils sein möchte, wird mit allerlei fragwürdigen Angeboten konfrontiert. Und nimmt vieles billigend in Kauf, was mit Bewirtung nur noch am Rande etwas zu tun hat. Aber als hip durchgeht.
So stört es viele nicht im Geringsten, für mangelnde Dienstleistung und überschaubare Portion kräftig hinzublättern. Regelrecht abgezockt zu werden. Findige Geschäftsleute machen Reibach mit der hippen Kundschaft. Den selbst ernannten Trendsettern, die einiges über sich ergehen und springen lassen.
Voll im hippen Trend: Burger-Läden an jeder Ecke. Im Zentrum sind sie besonders stark vertreten. Doch was ist daran so verächtlich? Der Einkehrende übernimmt immer häufiger einen Großteil der Aufgaben im jeweiligen Etablissement, für die er eigentlich bezahlt. Die Servicekraft wird ihrer Bezeichnung kaum noch gerecht.
Der Gast muss mitarbeiten
Mag die mannigfaltige Auswahl auf dem Speiseplan durchaus ansprechend wirken. Nach Lust und Laune aus den Zutaten individuell den Burger zusammenstellen. Verschiedene Buns, wie die runden Brötchen fachmännisch heißen. Dazu diverse Auflagen, sogenannte Pattys, aus Rind, Schwein, als Bio-Variante, vegetarisch oder vegan. Dann noch die Qual der Wahl bei den Soßen.
Doch wenn die Entscheidung gefallen, ist die Aufgabe des Kunden längst nicht erledigt. Noch vor Erhalt der Speise schreitet der geneigte Kunde zuerst zur Kasse und löhnt. Acht Euro und mehr sind durchaus für einen mickrigen Burger üblich. Statt jetzt gemütlich Platz zu nehmen und auf die servierende Bedienung zu warten, erhält der Kunde ein kleines Gerät. Das soll piepsen, wenn der Koch das Mahl bereitet hat. Bis dahin heißt es: am Stehtisch ohne Hocker ausharren. Sobald das scheckkartengroße Ding ertönt, geht’s eilig zurück an die Theke, wo auf einem einfachen Plastiktablett im Karton der Burger kredenzt wird. Ohne Serviette. Wirkt aber alles ziemlich hip.
Ist der putzige Snack verspeist und der gröbste Hunger gestillt, ist der Gast als Nächstes für die grobe Reinigung verantwortlich. Auf Anweisung des Personals landen leere Pappschachteln und Papierauflage im Mülleimer. Das Tablett gehört ins Regal zum restlichen, dreckigen Geschirr. Das soll also das großstädtische Flair ausmachen: Anstehen, bestellen, warten, abholen und abräumen gehört jetzt alles in die Hand des bereitwillig dafür gehörig zahlenden Kunden. Alles angesagt, modern, schick. Hip eben.
- Eigene Beobachtungen