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Zum journalistischen Leitbild von t-online.EM 2024 in Berlin Rucksack-Chaos auf der Fanmeile
Auch zum zweiten Deutschland-Spiel war die Fanmeile am Brandenburger Tor wieder voll. Für Ärger bei Fans sorgten die Rucksack-Regeln auf dem Gelände.
Später Mittwochnachmittag, etwa eine Stunde vor Anpfiff des zweiten deutschen Gruppenspiels bei der EM 2024. Wer es noch rechtzeitig zum Anpfiff um 18 Uhr auf die Fanmeile am Brandenburger Tor schaffen will, muss sich vom Pariser Platz erst mal durch massenhaft lautstark feiernde Albanien-Fans kämpfen, die in die andere Richtung unterwegs sind.
Vom U-Bahnhof Brandenburger Tor sind es einige Minuten Fußweg zum ersten Eingang an der Scheidemannstraße. Der ist um 17.10 Uhr aber schon so überfüllt, dass Männer mit Megafon Ankommende wegschicken. "Zum nächsten Eingang bitte, weitergehen", schallt es über den Platz.
Frauen müssen länger warten
Nächster Versuch an der Yitzhak-Rabin-Straße, ein paar hundert Meter weiter. Auch hier sieht die Schlange ziemlich lang aus und bewegt sich nur sehr langsam. Aber bessere Optionen gibt es nicht. Nach etwa zwanzig Minuten sind die Barrikaden der Sicherheitskontrolle in Sichtweite, nach weiteren fünf ist man drin.
Die Sicherheitskontrollen sind eher lax gehalten, die Sicherheitsleute sichtlich gestresst von der langen Schlange. Bei den meisten Fans wird nur kurz seitlich am Körper und an den Hosentaschen abgetastet, Bauchtaschen werden einmal kurz zusammengedrückt. Ein Problem: Offenbar hat der Veranstalter mit weniger weiblichen Fans gerechnet. Neben zehn männlichen Sicherheitskräften arbeiten nur zwei weibliche an diesem Eingang, die Frauen abtasten dürfen. Das führt dazu, dass sich bei den weiblichen Sicherheitskräften lange Frauenschlangen bilden und bereits kontrollierte Männer auf ihre Begleitung warten.
Rucksack wegwerfen oder ab nach Hause
Das größte Problem an der Fanmeile sind allerdings die Rucksäcke. Die sind nämlich verboten, sofern sie größer als ein DIN-A4-Blatt sind. Und das haben offenbar sehr viele Gäste nicht mitbekommen. Es gibt zwar Hinweisschilder, allerdings hängen die an der Barrikade, die man erst erreicht, wenn man es schon fast auf das Gelände geschafft hat. Vorn am Zaun weist niemand darauf hin.
Wer einen Rucksack mitgebracht hat, muss auf das Glück hoffen. Denn einige Kontrolleure sind etwas kulanter und lassen vereinzelt auch Gäste mit größeren Taschen durch, sofern sich darin keine verbotenen Gegenstände wie Glasflaschen oder Regenschirme befinden. Das bleibt aber die deutliche Ausnahme, denn dutzende Gäste werden vor die Wahl gestellt: Entweder sie schmeißen ihren Rucksack in eine Mülltonne, oder sie verlassen die Fanmeile wieder. Eine weitere Ausnahme scheint zu sein: Wer es schafft, seinen leeren Rucksack in einen kleineren Jutebeutel oder eine Tasche zu stopfen, der darf rein. Wer nur den leeren Rucksack hat, nicht.
"Ich finde es auch lächerlich"
Schließfächer für Gepäckstücke gibt es in der Nähe keine. "Bitte nutzen Sie die Schließfächer am Hauptbahnhof", sagen die Sicherheitsmitarbeiter. Der ist gute zehn Gehminuten entfernt. Ein Tourist diskutiert mit einem der Polizisten, die neben dem Eingang postiert sind. "Ich finde es auch lächerlich", sagt der Polizist auf Englisch. "Aber wir machen die Regeln nicht." Eine Sprecherin der Berliner Polizei bestätigt auf Anfrage, dass es sich bei der Taschenregel um eine Vorgabe des Veranstalters handelt.
Beim ersten Deutschlandspiel der EM sorgte ein herrenloser Rucksack für Chaos, zeitweise wurde ein Bereich geräumt, es gab Eilmeldungen, die Innenministerin äußerte sich. Der Rucksack stellte sich als harmlos heraus. Schon da äußerte die Polizei die Vermutung, dass er womöglich von einem Fan abgestellt wurde, der ihn nicht mit auf das Gelände nehmen durfte.
"Wir haben das 1-0 verpasst, Alter, ich heule"
18.22 Uhr, immer noch warten Hunderte Menschen in der Schlange. Vom Brandenburger Tor her weht Jubel herüber, Deutschland ist gerade in Führung gegangen. In der Schlange bricht darüber aber kaum Freude aus. "Wir haben das 1-0 verpasst, Alter, ich heule", sagt eine junge Frau zu einer anderen. Weitere zehn Minuten später haben es schließlich fast alle Wartenden auf das Gelände geschafft – sofern sie keinen Rucksack dabeihatten.
Wobei, auch das stimmt nicht ganz. Über das Gelände läuft eine ganze britische Schulklasse, offenbar auf Klassenfahrt in Berlin, die meisten von ihnen mit großen Rucksäcken. Die abzuweisen, haben die Sicherheitskräfte dann offenbar doch nicht über das Herz gebracht.
- Reporter vor Ort
- Telefonat mit einer Sprecherin der Berliner Polizei