Neunfacher Mord Wende in Mordprozess: Pfleger bricht Schweigen

Die ehemaligen Kölner Kollegen des angeklagten Pflegers belasten ihn schwer. Die Verteidigung ändert überraschend ihre Taktik.
Der wegen neunfachen Mordes angeklagte Ex-Pfleger will sich nun überraschend doch zu den Vorwürfen gegen ihn äußern. Das ließ der 44-Jährige am dritten Verhandlungstag über seinen Anwalt mitteilen, wie eine Gerichtssprecherin auf Anfrage von t-online bestätigte. Eigentlich hatte kurz danach ein Polizist aussagen sollen, der den Mann nach seiner Festnahme verhört hatte.
Bisher hatte der 44-Jährige, der in den Rhein-Maas-Kliniken in Würselen neun Menschen getötet und es 34-mal versucht haben soll, zu den Vorwürfen geschwiegen. Ihm wird vorgeworfen, auf der Palliativstation Menschen unerlaubt Beruhigungsmittel verabreicht zu haben, damit diese sterben und ihn nicht in der Nachtschicht stören. Bis Prozessende gilt die Unschuldsvermutung.
Wende in Mordprozess: Pfleger will doch Aussagen
Am dritten Verhandlungstag stand seine ehemalige Arbeitsstelle in den Kliniken in Köln-Merheim im Mittelpunkt. Dort war er von 2014 bis 2020 angestellt, bis das Arbeitsverhältnis beidseitig aufgelöst wurde.
Auch dort soll er bereits auffälliges Verhalten gezeigt haben, wie unter anderem eine Krankenschwester, eine ehemalige Pflegeschülerin und die Stationsleiterin erklärten. Der Angeklagte habe sich während seiner sechs Jahre in Merheim merklich verändert, sagte unter anderem die Stationsleiterin.
Neue Erkenntnisse zu möglichen Straftaten in Köln hätten sich am dritten Verhandlungstag nicht ergeben, erklärte eine Gerichtssprecherin weiter. Hinweise darauf, dass der 44-Jährige auch in Köln Menschen getötet hat, gibt es weiterhin nicht. Die Kölner Staatsanwaltschaft beobachtet das Verfahren genau, ein Ermittlungsverfahren oder Anzeigen gegen den Mann sind dort aber nicht anhängig.
Aachen: Kölner Ex-Kollegen von angeklagten Pfleger erheben Vorwürfe
Zu Beginn des Verhandlungstags berichtet eine Krankenschwester aus Köln über einen Patienten, der morgens plötzlich nicht mehr ansprechbar war. Ihm seien keine Medikamente verordnet worden, dennoch reagierte er nicht. "Der Patient kam dann auf die Intensivstation, man machte ein Notfall-CT, aber was dann mit ihm passiert ist, weiß ich nicht", zitiert sie die "Aachener Zeitung". In der Nacht hatte der angeklagte 44-Jährige Dienst.
- Neun Morde, 34 Mordversuche: Pfleger als Herr über Leben und Tod
Eine Pflegeschülerin, die wenig später ebenfalls in den Zeugenstand gerufen wurde, hatte ähnliche Andeutungen in einem anonymen Brief an die Pflegedienstleitung gemacht. Sie hielt den Angeklagten für den Beruf nicht geeignet.
Pflegerprozess in Aachen: Angeklagter habe "Kollegen angepampt"
Die ehemalige Stationsleiterin erklärte im Prozess zudem, der Mann hätte sich angesichts personeller Engpässe und starker Arbeitsbelastung verändert. Während er zu Beginn wegen seines "großen Fachwissens" respektiert worden sei, hätte er später "Kollegen angepampt". Auch Patienten hätten sich beschwert.
Am Mittwoch (2. April) kommen weitere Ex-Kollegen des Pflegers zu Wort. Sie arbeiten oder arbeiteten alle in den Rhein-Maas-Kliniken in Würselen, wo der 44-Jährige die Taten begangen haben soll. Die Aussage des Angeklagten ist für den 28. April anberaumt.
- Anfrage beim Landgericht Aachen
- Aachener Zeitung: "Mordprozess: Pfleger soll Patienten schon in Köln den Tod gewünscht haben" (kostenpflichtig)
- Eigene Berichterstattung