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Tag der Deutschen Einheit: Das sind die letzten Spuren der DDR


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Spuren des Sozialismus
DDR: Was vom Arbeiter- und Bauernstaat übrig blieb

Von Marc von Lüpke

Aktualisiert am 03.10.2020Lesedauer: 3 Min.
Alter Konsum in Eckartsberga: Der Fotograf Andreas Metz erkundete Ostdeutschland mit dem Rad.Vergrößern des Bildes
Alter Konsum in Eckartsberga: Der Fotograf Andreas Metz erkundete Ostdeutschland mit dem Rad. (Quelle: Andreas Metz/Eulenspiegel Verlag)
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Vier Jahrzehnte existierte die DDR, dann war am 3. Oktober 1990 Schluss. Doch Relikte existieren nach wie vor. Per Fahrrad spürte Fotograf Andreas Metz den "Ost Places" nach. Bevor es zu spät ist.

Wer kennt ihn nicht, den (Ost-)Berliner Fernsehturm: 368 Meter erstreckt er sich in die Höhe, bei seiner Einweihung am 3. Oktober 1969 war er steingewordenes Symbol der Errungenschaften des Sozialismus. Glaubte zumindest die Einheitspartei SED. 21 Jahre später war die DDR allerdings passé, der Sozialismus sowieso.

Der Berliner Fernsehturm steht noch, ein gut sichtbarer Touristenmagnet inmitten der wiedervereinten Hauptstadt Berlin. Doch viele andere Zeugnisse der DDR sind mittlerweile verschwunden. Oder sehr versteckt, wie der Leninkopf aus Stein, den der Fotograf Andreas Metz eines Tages bei Fürstenberg/Havel im Gehölz entdeckte. Wie Lenins Gesellschaftsutopie geht es auch seiner Büste nicht besonders, sie ist stark verwittert, die Nase ramponiert.

Für Andreas Metz war der Fund hingegen ein Glücksmoment. Der passionierte Fotograf durchquert Ostdeutschland seit längerer Zeit auf der Suche nach den großen und vor allem kleineren Zeugnissen der DDR. In seinem Buch "Ost Places. Vom Verschwinden und Wiederfinden der DDR" hat er so Hunderte Zeugnisse des Lebens in Ostdeutschland dokumentiert.

Die DDR hatte keine "strahlende" Zukunft

Sei es das überdimensionale Wandbild "Die friedliche Nutzung der Kernenergie", das einst in all seiner Mächtigkeit an einem Gebäude des Bergbauunternehmens Wismut hing, das Uran für die Genossen in der Sowjetunion abgebaut hat. Und nun auf einer riesigen Wiesenfläche der früheren Halde Beerwalde in Thüringen steht. Einsam und verlassen, aber immer noch einen Hauch des Fortschrittsglaubens verkörpernd, der einst die Auftraggeber des Erschaffers Werner Petzold beflügelte.

Eher klein ist ein anderes Fundstück, rund 80 Kilometer von der unübersehbaren Wegmarke des Berliner Fernsehturms entfernt. Der geographische Mittelpunkt des ehemaligen Arbeiter- und Bauernstaats bei Bad Belzig, zwischen Potsdam und Magdeburg gelegen. Symbolisiert durch eine Markierung in Beton.

Warum aber widmet sich der gebürtige Westdeutsche Metz den Hinterlassenschaften der DDR? "Ich finde es sehr reizvoll, Dinge, die unscheinbar oder vom Verschwinden bedroht sind, zumindest einmal zu dokumentieren", erklärt der Fotograf. Zudem hat Metz seit langer Zeit einen Bezug zu Ostdeutschland, er wohnt im Osten Berlins. Wo auch allmählich die Spuren der DDR verblassen. Allein während der drei Jahre, die er an "Ost Places" arbeitete, wurden sie weniger und weniger.

In Metz' Kiez etwa sei die alte Leuchtreklame an der Kreuzung Am Friedrichshain/Greifswalder Straße verschwunden. Sie war in Kassettenform gestaltet, Werbung für den Volkseigenen Betrieb Stern-Radio Berlin. 1990 war das Werk geschlossen worden.

DDR statt Italien

Aber eben nicht nur die große Stadt Berlin reizte Metz, sondern auch der Rest Ostdeutschlands, mit dem Fahrrad und der Regionalbahn zog der Fotograf aus. Und machte schließlich um die 10.000 Aufnahmen. Allerdings konnte er nicht alles ablichten, was er sich vorgenommen hatte. "Ich wollte sehr gerne das frühere Kernkraftwerk Rheinsberg besuchen", sagt Metz. "Ich stand auch am Zaun dort, aber leider war es zu diesem Zeitpunkt nicht möglich."

Aber noch einmal die Frage: Warum hat Metz dieses große Interesse an der Vergangenheit Ostdeutschlands? "Ich finde, man darf die DDR nicht ausschließlich unter negativen Aspekten betrachten", antwortet der Fotograf, der 1987 zum ersten Mal als Schüler in Ostdeutschland gewesen ist. Eine Schülerreise nach Rom hatte nicht geklappt, so ging es eben nach Dresden, Weimar, Erfurt. Der Beginn einer langen Leidenschaft.

"Natürlich war die DDR auch ein Unrechtsstaat, mit Stasi, Mauer und Gefängnissen", sagt Metz. "Aber auch ein Staat, in dem Millionen Deutsche einen Großteil ihres Lebens verbracht und ihren Alltag mit viel Fleiß und Kreativität gestaltet haben." Diese Geschichte, im Guten wie im Bösen, will Metz fotografisch bewahren. Etwa in Form der großen Wandmosaike, die, natürlich ideologisch unterfüttert, viel Kunst im freien zugänglichen Raum für die Bürger der DDR boten.

"Sozialistisches Erbe und heutige Moderne"

Welcher Ort hat Andreas Metz aber auf seinen Reisen durch den Osten der Republik besonders beeindruckt? "Halle-Neustadt", sagt er ohne langes Nachdenken. "Man hat so viel Schlechtes über diesen Stadtteil gehört und gelesen. Etwa die massive Abwanderung der Bewohner, der Abriss vieler Gebäude. Aber tatsächlich ist Halle-Neustadt heute wieder ein sehr junger, lebendiger Stadtteil und ein Laboratorium, in dem sozialistisches Erbe und unsere heutige Moderne auf spannende Weise verbunden werden."

Andreas Metz will die Menschen weder lehren, noch belehren. Was ihm vorschwebt, ist eine aktivere Auseinandersetzung mit der Geschichte des Arbeiter- und Bauernstaats. Bevor dessen letzte Zeugnisse möglicherweise in der Zukunft verschwunden sein werden.

Hunderte Fotografien von Relikten der DDR hat Andreas Metz für sein Buch "Ost Places" ausgewählt, einige der besten finden Sie oben in der Fotostrecke. Oder klicken Sie hier.

Verwendete Quellen
  • Telefonisches Interview mit Andreas Metz
  • Andreas Metz: "Ost Places. Vom Verschwinden und Wiederfinden der DDR", 2. Auflage, 2020
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