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Schlacht um die Seelower Höhen 1945: "Kein Schlachtfeld, sondern ein Schlachthof"


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Kampf um Seelower Höhen 1945
"Kein Schlachtfeld, sondern ein Schlachthof"

Von Marc von Lüpke

16.04.2020Lesedauer: 4 Min.
Deutsche Soldaten: An den Seelower Höhen kam es im April 1945 zu einer großen Schlacht beim Vormarsch der Roten Armee auf Berlin.Vergrößern des Bildes
Deutsche Soldaten: An den Seelower Höhen kam es im April 1945 zu einer großen Schlacht beim Vormarsch der Roten Armee auf Berlin. (Quelle: ullstein-bild)
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Mehr als zwei Millionen Soldaten schickte die Rote Armee im April 1945 zum Sturm auf Berlin. An den Seelower Höhen kam es zur Schlacht. Der sowjetische Angriff wurde zum Gemetzel.

Das Inferno beginnt in den frühen Morgenstunden des 16. April 1945. Aus Tausenden Geschützen, Granat- und Raketenwerfern eröffnen Artilleristen der Roten Armee das Feuer. Ihr Ziel sind die deutschen Stellungen an den Seelower Höhen unweit der Oder. "Wir mussten uns die Ohren zuhalten, damit uns nicht die Trommelfelle platzen", notiert ein sowjetischer Offizier. Ein anderer berichtete: "Schrecklicher Donner ließ alles ringsum erzittern."

Unter dem Schlachtruf "Nach Berlin!" lassen derweil die sowjetischen Panzerbesatzungen ihre Fahrzeuge an. Denn an diesem Tag will die Rote Armee den Durchbruch erzwingen – und so schnell wie möglich in die Hauptstadt Adolf Hitlers einmarschieren.

Wettrennen mit den Westmächten

In Gewaltmärschen hatte Sowjetdiktator Josef Stalin deshalb seine Truppen gen Westen geschickt – Berlin soll auf keinen Fall in die Hände der westlichen Alliierten fallen. In der Stadt kursiert bereits ein Witz: "Optimisten lernen Englisch und Pessimisten Russisch."

Deshalb konzentriert die Rote Armee eine gewaltige Streitmacht zur Einnahme der Kapitale: 2,5 Millionen Soldaten, mehr als 40.000 Geschütze, rund 7.500 Flugzeuge sowie Tausende Panzer umfassen die 1. und 2. Weißrussische Front sowie die 1. Ukrainische Front, wie der Militärhistoriker Peter Lieb in seinem Buch "Die Schlacht um Berlin und das Ende des Dritten Reichs 1945" schreibt.

Ihnen gegenüber stehen Reste der Wehrmacht, die wenige Jahre zuvor die Sowjetunion überfallen hatte. Für einen Feldzug, der von Anfang an als Vernichtungskrieg geplant gewesen war. An den Seelower Höhen treffen zunächst rund 130.000 Landser der 9. Armee mit ihren knapp 500 Panzern auf fast eine Million Rotarmisten der 1. Weißrussischen Front mit circa 3.000 Panzern. Während Stalins Soldaten hochmotiviert und siegesgewiss sind, besteht das deutsche Aufgebot aus vielen jungen und unerfahrenen Neulingen. "Kanonenfutter" für Hitlers zerplatzenden Traum vom "Großdeutschen Reich". Treibstoff und Munition? Mangelware.

Gegenwehr zu stark

Einziger Vorteil der Deutschen ist das Gelände, durch das Stalins Favorit, Georgi Schukow, mit seiner 1. Weißrussischen Front durchstoßen will: das Oderbruch und die sich westlich anschließenden Seelower Höhen. Entwässerungsgräben durchziehen das Oderbruch, Panzer tun sich schwer mit ihrer Überwindung. Die ansteigenden Seelower Höhen eignen sich hingegen bestens zur Anlage von Stellungen.

Die Landser und ihre Offiziere wissen, dass ihre Mission trotzdem aussichtslos ist: Sie können den Aufmarsch der Roten Armee bestenfalls verlangsamen. Aber niemals aufhalten. Das sind die Ausgangsbedingungen der "größten und blutigsten Schlacht, die je auf deutschem Boden ausgefochten wurde", wie Peter Lieb schreibt.

Lediglich eine halbe Stunde währt der eröffnende Artillerieangriff vom Morgen des 16. April 1945 schließlich. Dafür ist er in seiner Gewalt ohne Beispiel: Im Abstand von drei Metern hatten die Rotarmisten ihre Geschütze platziert, eine gigantische Konzentrierung von Feuerkraft. Wohlweislich haben die Deutschen ihre Truppen aus der vordersten Verteidigungslinie zurückgezogen – so läuft diese Attacke ohne den gewünschten Erfolg. Auch Schukows Idee, den Angriff der eigenen Infanterie mit zahlreichen Suchscheinwerfern gewissermaßen erleuchten zu lassen, bleibt ohne Erfolg. Zu stark ist die Gegenwehr der Deutschen auf den Seelower Höhen.

Stalins Zorn ist gefürchtet

Schukow wird unruhig – aus gutem Grund. Denn Stalin ist ungeduldig, sein Zorn gefürchtet. "Ich dachte, sie rollten bereits nach Berlin", lässt der Diktator Schukow wissen. Zudem erfährt der Befehlshaber, dass sein Erzrivale Iwan Konew von der 1. Ukrainischen Front andernorts große Fortschritte erzielt hat. Also lässt Schukow seine Panzer rollen. Sie fahren ins Fiasko. Denn ihr vorzeitiger Einsatz führt ins Chaos, mehr als 300 sowjetische Panzer sind am Ende des 16. April zerstört, an keiner Stelle war den Rotarmisten der Durchbruch in die deutschen Linien gelungen.

Es sind harte, verzweifelte Kämpfe. "Kein Schlachtfeld, sondern ein Schlachthof", soll ein deutscher Soldat etwa urteilen, wie ihn der britische Militärhistoriker Antony Beevor später zitiert. Pjotr Sebelew von der Roten Armee schreibt nieder: "Überall zerschossene deutsche Fahrzeuge, Geschütze, brennende Panzer."

Am 17. April gelingen den Rotarmisten dann die ersten gewünschten Erfolge. Die deutsche 9. Fallschirmjäger-Division bricht ein, zu groß ist ihr Mangel an Gerät und Männern. Im nicht weit entfernten Berlin behilft man sich angesichts dieser Nachrichten wie seit langem mit einer Mischung aus Drohung und Durchhalteparole. "Jedes Dorf und jede Stadt werden mit allen Mitteln verteidigt und gehalten", lässt etwa Heinrich Himmler verkünden. "Jeder deutsche Mann, der gegen diese selbstverständliche nationale Pflicht verstößt, verliert Ehre und Leben."

"Die Russenoffensive ist im Gange"

Zehntausende deutsche und sowjetische Soldaten verlieren ihr Leben an den Seelower Höhen. Division für Division treibt Schukow nach vorn, die Deutschen bringen Verstärkung per Bussen aus der Hauptstadt heran. Ohne Wirkung, am 19. April ist die Schlacht geschlagen. 33.000 Rotarmisten sind gefallen, vor allem geopfert für den Ehrgeiz Georgi Schukows, der unbedingt als erster Berlin einnehmen will. Die Zahl der Toten der Deutschen ist unklar, die Zahl wird auf etwa 12.000 geschätzt.

Einen Tag hatte Schukow ursprünglich zur Überwindung der Seelower Höhen eingeplant, nun hat sich sein Vormarsch stark verzögert. Trotzdem erreicht er das Ziel vor seinem Konkurrenten Konew. Am 21. April 1945, einen Tag nach Hitlers Geburtstag, stoßen seine Truppen nach Marzahn vor. Berlin liegt nun an der Front.

In der Stadt hat Jacob Kronika, Journalist aus Dänemark, Tage zuvor in sein Tagebuch notiert: "Die Russenoffensive gegen Berlin ist im Gange. Sie musste ja kommen. Es ist besser, sie rollt, als dass man ewig warten muss, sagen die Berliner." Menschen in der Hauptstadt grüßen sich derweil nicht mehr mit dem üblichen "Heil Hitler". Stattdessen wünschen sie sich: "Bleib übrig."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Peter Lieb: Die Schlacht um Berlin und das Ende des Dritten Reichs 1945, 2020
  • Antony Beevor: Berlin 1945. Das Ende, 2005
  • Ian Kershaw: Das Ende, 2011
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