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Trump opfert die Ukraine: Politik für Putin und Russland


Abkehr vom Westen
Die blinde Zerstörungswut ist unfassbar

MeinungVon Patrick Diekmann

Aktualisiert am 06.03.2025 - 18:26 UhrLesedauer: 5 Min.
Donald Trump: Der US-Präsident hat die Ukraine in ihrem Krieg gegen Russland gefährlich geschwächt.Vergrößern des Bildes
Donald Trump: Der US-Präsident hat die Ukraine in ihrem Krieg gegen Russland gefährlich geschwächt. (Quelle: IMAGO/CNP / MediaPunch/imago-images-bilder)
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Lange Zeit hoffte auch Deutschland, dass hinter der Ukraine-Politik von Donald Trump eine schlaue Verhandlungsstrategie steckt. Doch mittlerweile dürfen sich überzeugte Transatlantiker keinen Illusionen mehr hingeben: Die USA stehen an der Seite Russlands.

Viele Menschen in Deutschland sind Kinder des Kalten Krieges. Die Welt war zweigeteilt, in einen östlichen und einen westlichen Block. Auf der einen Seite stand der demokratische und marktwirtschaftliche Westen mit der Führungsmacht USA, auf der anderen der kommunistische Warschauer Pakt mit der Sowjetunion als bestimmender Macht. Diese Teilung der Welt prägte für viele Jahrzehnte den Blick der Europäer auf die Weltpolitik. Sie war auch fester Bestandteil der deutschen Kultur und des Wertedenkens. Denn viele Jugendliche im Westen wuchsen etwa mit Hollywoodfilmen auf, die ein klares Bild transportieren: Gut gegen Böse, Demokratie gegen Diktatur, Freiheit gegen Kommunismus. Und auch der Ostblock propagierte sein Weltbild gegen den westlichen Klassenfeind auf allen Ebenen.

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Für einen kurzen Moment in der Geschichte schien es mit dem Ende der Sowjetunion so, als sei diese Spaltung überwindbar, als würde sich die Idee des Westens durchsetzen. Dass das eine Illusion war, ist schon lange klar. Doch nun zeigt sich: Die westlich dominierte Weltordnung liegt ebenso in Trümmern wie das westliche Bündnis.

Mit Donald Trump steckt ausgerechnet ein US-Präsident die Welt mit einer Geschwindigkeit in Brand, die selbst für die pessimistischen Beobachter vor seinem Amtsantritt undenkbar schien. Seine bisherige Diplomatie zeichnet sich vor allem durch eine blinde Zerstörungswut aus, traditionelle Bündnisse haben für die USA keine Geltung mehr.

Unter Trump kehren die USA ihren westlichen Verbündeten den Rücken. Er attackiert die Ukraine und stellt sich an die Seite von Kremlchef Wladimir Putin mit seinem imperialen Krieg in Europa. Das lässt nur einen Schluss zu: Unter ihrem aktuellen Präsidenten haben die Amerikaner die Seite gewechselt.

Trump opfert die Ukraine

Nach seinem Amtsantritt Ende Januar gab es unter vielen Staats- und Regierungschefs in Europa zumindest eine Hoffnung: Trump ist an einem Frieden interessiert und man traute ihm zu, einen Deal auszuhandeln. Ein Deal, der die Ukraine schützt und ihre Existenz und Zukunft nicht in die Hände Putins legt.

Diese Hoffnung ist mittlerweile zerplatzt.

Trump will zwar Frieden, aber das um jeden Preis. Nicht für die Ukrainerinnen und Ukrainer, sondern für sich und seine Ambitionen, womöglich sogar mit dem ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama gleichzuziehen und den Friedensnobelpreis zu bekommen. Um einen nachhaltigen Frieden für die Ukraine geht es dem Republikaner dagegen nicht. Er will einen schnellen Deal, denn je länger er damit wartet, desto mehr wird der ungelöste Konflikt auch zu seinem Krieg.

Im Prinzip erwarteten Experten, dass die USA auf einen schnellen Deal drängen würden. Wie skrupellos Trump dabei vorgeht, ist dennoch eine Überraschung. Er beschimpfte den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als "Diktator ohne Wahlen", weil er mitten im Krieg in der Ukraine keine Wahlen abhalten kann. Er machte sich über ihn lustig, weil er bei seinem Besuch in Washington keinen Anzug trug. Er erpresst die Ukraine mit einem Rohstoffdeal, um aus diesem Krieg Kapital schlagen zu können – ein moralisches Armutszeugnis.

Die meisten Staatsführungen lassen irgendwann den Wahlkampfmodus hinter sich, sie mäßigen sich, um ihre gesamte Bevölkerung repräsentieren zu können. Trump tut das nicht, er folgt einem radikalen Kurs und läuft weiter in eine normative Sackgasse der Häme, Wut und des Egoismus. Außenpolitisch lassen Trumps bisherige Maßnahmen vor allem einen Schluss zu: Er spielt König und er erwartet von allen Ländern, die wirtschaftlich und militärisch schwächer als die USA sind, Unterwerfung.

Moskau kann es kaum glauben

Erstes Opfer dieser Machtpolitik wurde Selenskyj. Trump hat nicht nur die Waffenlieferungen an die Ukraine gestoppt, sondern der US-Geheimdienst CIA verkündete am Mittwoch, dass man nun Informationen mit der Ukraine nicht mehr teile. Die ukrainische Armee ist demnach blind, verfügt nun kaum noch über Aufklärung. Damit verrät der Präsident einen Verbündeten der USA. An der Front sterben ukrainische Soldaten, weil Trump sich in seinem Ego gekränkt fühlt.

Auf dieses Niveau ist die US-Außenpolitik also gesunken.

Video | Trump überzieht Selenskyj lautstark mit Vorwürfen
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Quelle: t-online

Auf Russland übt die US-Regierung dagegen keinerlei Druck aus. Es gibt keine Drohungen, keinerlei Angebote an den Kreml. Warum sollte Putin nun verhandeln wollen? Er kann seinen Krieg weiterführen. Trump ebnet ihm den Weg, indem er die Ukraine schwächt. Es gibt aktuell keinen Grund mehr, Trump nicht als das zu bezeichnen, was er aktuell ist: ein Verbündeter Moskaus. Denn seine Politik zielt nicht auf Verhandlungen, sondern auf einen russischen Kriegserfolg ab. Diese US-Politik ist so einseitig, dass selbst Russland misstrauisch ist, heißt es aus Moskau.

Putin muss im westlichen Bündnis aktuell kein Misstrauen mehr säen. Er kann einfach nur dabei zusehen, wie Trump in wenigen Wochen das ins Absurde verkehrt, wofür Tausende Menschen ihr Leben ließen – den ukrainischen Verteidigungskampf um Freiheit und Souveränität. Das ist die bittere Realität.

Vertrauen ist nachhaltig zerstört

Doch eines liegt auf der Hand: Trump zertrümmert damit auch die Reste der US-Hegemonie der Nachkriegszeit. Die Ukrainer waren ein Verbündeter der USA. Sie vertrauten auf US-Regierungen, als sie durch das Budapester Memorandum 1994 ihre Kernwaffen abgaben. Sie starben nach dem Terrorangriff vom 11. September 2001 im Krieg in Afghanistan an der Seite der Amerikaner – so wie die Soldaten vieler anderer Nato-Staaten.

Die USA waren der bislang einzige Nato-Staat, der den Artikel 5 – die Beistandsverpflichtung – auslöste. Und Trump behandelt nun diese ehemaligen US-Verbündeten wie Schnorrer, die gefälligst alles zu akzeptieren haben, was er von ihnen fordert, wenn sie ihm im Oval Office die Ehre erweisen.

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Das Vertrauen in die USA ist zerstört. Das ist keine Zeitenwende mehr, sondern ein Zeitenbruch. Wie soll ein Staat in Europa, Afrika oder Asien noch den Amerikanern vertrauen, wenn es um ihre Verteidigung geht? Das trifft aktuell Länder wie Südkorea oder Japan so wie viele europäische Staaten gleichermaßen.

Auch nach Trump könnte ein US-Präsident ins Weiße Haus einziehen, der nicht zu seinen Verbündeten steht. Ebendiese Verbündeten dürfen daher ihre Sicherheit nicht mehr von den Launen eines Mannes im Weißen Hauses abhängig machen. Diese Zeit ist nun vorbei. Dass die US-Vorherrschaft auf die Pflege zahlreicher Bündnisse in allen Teilen der Welt aufgebaut war und Trump sich, aber auch den USA, mit seiner Politik auch selbst schadet, ist dabei nur ein schwacher Trost.

Der Vertrauensbruch ist nachhaltig, es gibt kaum einen Weg zurück. Deshalb liegt das transatlantische Bündnis in Trümmern und je eher europäische Politiker das akzeptieren, desto eher kann Europa den Kurs in Richtung einer souveränen Verteidigung einschlagen. Das ist nun nötig, und es wird höchste Zeit.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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