Produktion kommt nicht hinterher Russlands Kriegswirtschaft in der Krise
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Russland will mit den USA über das Ende des Ukraine-Krieges verhandeln. Gleichzeitig gibt es große Probleme bei der eigenen Kriegswirtschaft.
Russland steht offenbar vor erheblichen wirtschaftlichen Herausforderungen, die seine Fähigkeit zur Fortsetzung des Ukraine-Kriegs mittelfristig stark einschränken könnten. Hohe Verluste an Material und Personal belasten das Land, während die Verteidigungsindustrie mit der Produktion nicht Schritt halten kann. Gleichzeitig wächst der wirtschaftliche Druck durch steigende Staatsausgaben und eine sich zuspitzende Inflation, wie eine Analyse des "Institute for the Study of War" (ISW) zeigt.
Die russische Rüstungsindustrie kann die Verluste an Panzern und Artilleriesystemen offenbar nicht ausgleichen. Nach Angaben des britischen "International Institute for Strategic Studies" (IISS) hat Russland im Jahr 2024 etwa 1.400 Kampfpanzer und 3.700 Schützenpanzer verloren.
Die Produktionskapazität bleibt jedoch weit darunter: Die russische Industrie kann schätzungsweise nur 200 Schützenpanzer und 50 Artilleriegeschütze pro Jahr herstellen. Zudem ist Russland zunehmend auf veraltete Bestände aus Sowjetzeiten angewiesen, deren Reserven sich ihrem Ende nähern.
60 Prozent der Granaten kommen aus Nordkorea
Auch die russische Munitionsproduktion reicht nicht aus, um den aktuellen Verbrauch zu decken. Nach Nato-Schätzungen produziert Russland monatlich etwa 250.000 Artilleriegranaten, benötigt aber rund 300.000, um die derzeitige Feuerkraft aufrechtzuerhalten. Daher bezieht Moskau große Mengen Munition aus Nordkorea – etwa 60 Prozent der russischen Granaten stammen mittlerweile aus nordkoreanischer Produktion. Berichten zufolge sind diese jedoch oft von minderer Qualität und haben eine hohe Ausfallrate.
Die Personalprobleme der russischen Armee verschärfen sich ebenfalls. Laut britischen und US-Geheimdiensten erleidet Russland durchschnittlich 1.200 bis 1.300 Verluste pro Tag. Während Moskau offiziell meldet, dass im Jahr 2024 440.000 neue Soldaten rekrutiert wurden, deuten andere Berichte darauf hin, dass die monatliche Rekrutierung mittlerweile unter der Zahl der Verluste liegt. Um den Personalmangel zu kaschieren, werden zunehmend Migranten sowie ausländische Kämpfer, insbesondere aus Nordkorea, eingesetzt. Es sind allerdings zu wenige, um Russlands Verluste länger als ein paar Tage auszugleichen.
Die russische Wirtschaft leidet unter massiven Kriegsausgaben. Der Verteidigungshaushalt für 2025 beträgt etwa 17 Billionen Rubel (rund 177 Milliarden Dollar) – 41 Prozent der gesamten Staatsausgaben. Gleichzeitig schrumpft Russlands liquider Staatsfonds rapide: Innerhalb eines Jahres sank sein Wert um 24 Prozent auf 3,8 Billionen Rubel (47,1 Milliarden Dollar). Die Inflation stieg offiziellen Angaben zufolge auf 9,9 Prozent, unabhängige Analysen gehen jedoch von deutlich höheren Werten aus.
Trotz der wirtschaftlichen Schwierigkeiten versucht der Kreml, Stabilität zu demonstrieren. Präsident Wladimir Putin behauptete zuletzt, die Wirtschaft sei "stabil und zuverlässig". Doch steigende Preise, ein wachsender Arbeitskräftemangel und die zunehmende Abhängigkeit von Waffenlieferungen aus dem Ausland deuten darauf hin, dass Russland langfristig an seine wirtschaftlichen Grenzen stoßen könnte.
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- understandingwar.org: "Russia's Weakness Offers Leverage" (englisch)