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Ukraine-Treffen in Ramstein: Selenskyj erwartet letzte US-Hilfen


Ukraine-Treffen in Ramstein
Die Nato will Trump ausbremsen


09.01.2025 - 09:05 UhrLesedauer: 5 Min.
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Lloyd Austin und Wolodymyr Selenskyj: Der scheidende US-Verteidigungsminister trifft heute in Ramstein auf den ukrainischen Präsidenten. (Quelle: Julien Becker/imago-images-bilder)
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Unter der Anwesenheit des ukrainischen Präsidenten trifft sich heute die Ukraine-Kontaktgruppe in Ramstein. Es könnte das letzte Treffen dieser Art sein.

Die Ankündigung seines Besuches kam spät: Erst am gestrigen Mittwochabend hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videoansprache der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass er am heutigen Donnerstag nach Deutschland kommen wird. Auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz wird der ukrainische Präsident an einem Treffen der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe teilnehmen.

Nicht nur wegen des Besuchs des ukrainischen Präsidenten steht das insgesamt 25. Zusammentreffen im "Ramstein-Format" unter besonderen Vorzeichen: Es wird vermutlich die letzte Zusammenkunft dieser Art sein, in der die US-Regierung des scheidenden Präsidenten Joe Biden als Gastgeber fungieren wird. Doch was ist von dem Treffen zu erwarten und wie könnte es danach weitergehen? t-online beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wer trifft sich?

Die Ukraine-Kontaktgruppe besteht aus rund 50 Ländern – darunter sowohl Nato-Staaten als auch Länder, die nicht Mitglieder der Allianz sind. Die Führung haben die USA. Zu den Treffen auf der größten US-Airbase außerhalb der Vereinigten Staaten reisen stets zahlreiche Verteidigungsminister und ranghohe Militärs an. Die Bundesregierung wird von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) vertreten. Daneben sollen auch der Nato-Generalsekretär Mark Rutte und die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas kommen.

Der Stützpunkt Ramstein kann wegen seiner Ausdehnung das hohe Flugaufkommen durch die vielen Delegationen gut koordinieren. Größere Maschinen können ohne Probleme zeitnah starten und landen. Als zentrales US-Drehkreuz für militärische Operationen in Europa und Afrika ist der Stützpunkt auch gut geschützt. Ein erstes Treffen der Gruppe gab es im April 2022 als Reaktion auf den Beginn der russischen Vollinvasion in die Ukraine im vorangegangenen Februar.

Die Air Base mit rund 8.000 Soldaten ist ein US-amerikanischer Mikrokosmos inmitten der Westpfalz. Seit den 1950er-Jahren wurde das Areal ausgebaut. Die stationierten Kräfte gehören zur Kaiserslautern Military Community, die mehr als 50.000 Amerikaner zählt – mit Angehörigen und Zivilbeschäftigten.

Was ist das Ziel?

Russland führt seit dem 24. Februar 2022 einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine. Der Westen unterstützt Kiew bei der Verteidigung unter anderem mit umfangreichen Waffenlieferungen. In Ramstein berät die Gruppe, welche Länder die Ukraine weiter ausrüsten können – das geht von Raketen, Panzern und Flugabwehr bis zu Sanitätsfahrzeugen, Stromversorgung und Reparaturwerkstätten. Deutschland ist zweitgrößtes Geberland hinter den USA.

Erwartet wird, dass die USA ein letztes großes Unterstützungspaket schnüren werden, bevor in Washington der Machtwechsel ansteht. Laut einem Bericht von "Voice of America" sollen es sich um Hilfen in Höhe von 500 Millionen Dollar handeln. Theoretisch könnten die USA allerdings noch mehr Geld ausgeben: Insgesamt wurden vom Kongress Militärhilfen in Höhe von 4,3 Milliarden Dollar genehmigt. Außenminister Antony Blinken hatte noch im vergangenen Dezember angekündigt, die US-Regierung wolle "jeden Dollar" noch ausgeben, bevor es zum Amtswechsel am 20. Januar kommt. Ob es jetzt noch zu weiteren Militärhilfen kommen wird, ist daher im Vorfeld des Treffens unklar.

Selenskyj hatte zuvor betont, dass die Ukraine vor allem weitere Waffenlieferungen benötige, um die eigene Luftverteidigung zu stärken. "Die Schlüsselaufgabe für die Ukraine ist die Stärkung unserer Flugabwehr, die Ukraine zumindest in die Lage zu versetzen, die russische Luftwaffe von unseren Städten und Grenzen fernzuhalten", sagte der Staatschef in seiner täglichen Videobotschaft. Zuletzt wurden etwa bei russischen Luftangriffen auf die Stadt Saporischschja mindestens 13 Menschen getötet und mehr als 60 verletzt.

Wie läuft das Treffen ab?

In einem fensterlosen Saal sitzen die Delegationen hufeisenförmig an Tischen im Offiziersklub. An der Stirnseite stehen die ukrainische und die US-Flagge. Nach der Eröffnung durch US-Verteidigungsminister Lloyd Austin um 11 Uhr schließt sich die Tür für die Presse. Bundesverteidigungsminister Pistorius informiert am Mittag bei einem Briefing vor dem Gebäude über Beschlüsse. Gegen 18 Uhr fasst Austin bei einer Pressekonferenz das Ergebnis zusammen.

Wird es das letzte Treffen in dem Format sein?

Dieses 25. Treffen (die meisten fanden als Videokonferenz statt) gilt als letzte persönliche Zusammenkunft der Kontaktgruppe vor der Amtseinführung des künftigen US-Präsidenten Donald Trump am 20. Januar. Mit Trumps Amtsantritt befürchtet die Ukraine eine Verringerung der US-Hilfen. Präsident Selenskyj hatte einen Teil seiner Neujahrsansprache der Bitte an Washington gewidmet, bei der Unterstützung seines Landes nicht nachzulassen.

Der neue US-Präsident Donald Trump hatte im Wahlkampf immer wieder davon gesprochen, den Krieg in der Ukraine möglichst rasch zu beenden und keine weiteren Militärhilfen zur Verfügung zu stellen. Dabei sagte er immer wieder, er werde den Krieg nach seinem Wahlsieg innerhalb von 24 Stunden beenden. Kritiker warfen Trump daraufhin vor, er könnte dabei vor allem die Ukraine zu Gebietsabtritten an Russland nötigen, während sich Russland während eines Waffenstillstandes auf einen erneuten Angriff auf die Ukraine vorbereiten könnte.

Mittlerweile ist der designierte US-Präsident allerdings zurückgerudert, was die Geschwindigkeit möglicher Friedensgespräche angeht. Entsprechende Verhandlungen werde es erst nach seiner Amtseinführung geben, sagte Trump am Dienstag auf einer Pressekonferenz. Trumps ernannter Sondergesandter für die Ukraine und Russland, Keith Kellogg, sagte am Mittwoch dem US-Nachrichtensender Fox News, er glaube, Trump werde den Krieg innerhalb der ersten 100 Tage seiner Präsidentschaft beenden können.

Enden ohne die Ramstein-Treffen die Hilfen an die Ukraine?

Davon ist nicht auszugehen, denn für den Amtswechsel von Trump zu Biden wurden bereits vonseiten der Nato Vorkehrungen getroffen. Bisher waren die USA immer Ausrichter der Treffen und nicht die Nato oder die EU, obwohl hochrangige Vertreter beider Institutionen stets anwesend waren. Dadurch sollte verhindert werden, dass die EU oder die Nato von Russland zur Kriegspartei gemacht werden.

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Im Vorfeld der vergangenen US-Präsidentschaftswahl wurde allerdings von den Nato-Staaten ein Operationsplan beschlossen, wodurch das Verteidigungsbündnis künftig faktisch die Koordinierung der Waffenhilfe übernehmen wird. Damit sollte verhindert werden, dass die Koordinierung bei einem Wahlsieg von Trump möglicherweise durch die neue US-Regierung blockiert werden könnte. Dafür nahmen im Dezember rund 700 Nato-Soldaten in Wiesbaden für das sogenannte Nato-Ukraine-Kommando ihre Arbeit auf.

Ob die übrigen Staaten ein gänzliches Ausbleiben von US-Militärhilfen allerdings kompensieren könnten, ist mehr als fraglich. Laut Zahlen des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel sind die USA in Summe der mit deutlichem Abstand größte Unterstützer der Ukraine: Insgesamt sollen die USA mehr als 88 Milliarden Euro bisher ausgegeben haben. Dahinter folgen die Institutionen der EU mit 44,7 Milliarden. Als zweitgrößtes Unterstützerland hat Deutschland insgesamt 15,7 Milliarden Euro ausgegeben.

Der Politikwissenschaftler Stefan Meister von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) glaubt, dass die USA "in der ein oder anderen Form" weiter eine wichtige Rolle mit Blick auf die Ukraine spielen werden. Trump sei kein Isolationist, wolle sich den von den USA ausgehenden Schutz aber bezahlen lassen.

Verwendete Quellen

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