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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Selenskyj in New York "Der Westen kann nicht mehr diktieren"
Die UN-Vollversammlung ist für den ukrainischen Präsidenten noch einmal glimpflich ausgegangen. Bastian Brauns erklärt für t-online, woran das lag.
Bei einem aufsehenerregenden Auftritt im UN-Sicherheitsrat hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Machtlosigkeit der Vereinten Nationen beklagt und grundlegende Reformen gefordert. Er warnte außerdem eindringlich vor Russlands Machtstreben.
Nach der UN-Generaldebatte in New York legt er nun einen Stopp bei seinem wichtigsten Verbündeten in Washington ein. In der US-Hauptstadt will er am Donnerstag mit Präsident Joe Biden, Verteidigungsminister Lloyd Austin und Mitgliedern des Kongresses zusammenkommen, um für weitere Unterstützung im Abwehrkampf gegen die russischen Invasoren zu werben.
t-online-Reporter Bastian Brauns ist in New York und ordnet die Lage ein.
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Keine zwei Jahre nach dem Einfall der russischen Truppen in die Ukraine ist dem Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ein ziemliches diplomatisches Meisterstück gelungen. Denn es ist gar nicht so einfach, die Aufmerksamkeit der Welt, die mit vielen anderen Problemen zu kämpfen hat, aufrechtzuerhalten. Hunger, Armut, Naturkatastrophen, andere Kriege und Konflikte bestimmen das tägliche Leben der Menschen überall auf dem Planeten. Und so ist von uns Diplomaten zu hören, dass es nicht mehr so einfach ist, die Geduld und die Aufmerksamkeit der anderen Staaten hier zu bekommen. Und so hat sich Wolodymyr Selenskyj und so haben sie auch Olaf Scholz und der US-Präsident Joe Biden eines rhetorischen Kniff bedient In ihren Reden hier hinter mir im UN-Gebäude vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen haben Sie das Thema Ukraine zwar deutlich angesprochen, aber in ihren Reden relativ weit hinten platziert. Sie sind vor allem auf die anderen Probleme der anderen, vielen Nationen eingegangen. Es ging um Reformen der Institutionen wie die Weltbank, des IMF oder der Welthandelsorganisation. Und wie zu hören ist, sind die Staaten hier auch relativ zufrieden mit dem Lauf der Dinge. Es hat aber auch eine Kehrseite, denn dieses Gebaren zeigt auch, dass die Zeiten schwieriger werden. Die Welt ist nicht mehr die gleiche wie noch vor 50 Jahren. Der Westen kann nicht mehr einfach diktieren, was die Tagesordnung bestimmen soll. Und das hat natürlich gewisse Risiken. Und besonders für die Ukraine ist das eine sehr, sehr schwierige Situation. Denn die haben ja nun mal mit dem Angriffskrieg, mit dem imperialistischen Machtspiel Wladimir Putins täglich zu tun.
"Kriegsverbrechen müssen geahndet werden. Die deportierten Menschen müssen nach Hause zurückkehren. Und die Besatzer müssen in ihr eigenes Land zurückkehren. Wir müssen uns zusammenschließen, um es zu schaffen, und wir werden es tun."
"Deshalb werden die Vereinigten Staaten gemeinsam mit unseren Verbündeten und Partnern auf der ganzen Welt weiterhin an der Seite des tapferen ukrainischen Volkes stehen, das seine Souveränität, seine territoriale Integrität und seine Freiheit verteidigt."
Man kann also abschließend sagen, dass diese 78. Generalversammlung noch einmal glimpflich abgelaufen ist und Lenski Joe Biden und der Bundeskanzler Olaf Scholz hier quasi in einer dreifachen Umarmung des sogenannten globalen Südens erfolgreich waren. Wie das aber weitergehen soll, wenn der Krieg irgendwann ins dritte oder vierte oder fünfte Jahr geht, kann zum jetzigen Zeitpunkt keiner sagen.
- t-online