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Ukraine-Offensive vorm Scheitern? US-Geheimdienste zeichnen düstere Aussichten


Medienbericht
US-Geheimdienste rechnen mit Scheitern der Offensive

Von t-online
Aktualisiert am 19.08.2023Lesedauer: 4 Min.
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Aufnahmen zeigen, warum die Gegenoffensive der Ukrainer derzeit stockt. (Quelle: dpa)
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Die Sommeroffensive der Ukraine mutiert zu einer blutigen Abnutzungsschlacht. Schafft die Ukraine die Kriegswende? In Washington wachsen die Zweifel.

Die ukrainische Gegenoffensive geht in die elfte Woche. Während Offizielle in Kiew kleinere Fortschritte an der Front hervorheben, bleiben größere Erfolge weiterhin aus. Nun zeichnen auch die Geheimdienste des wichtigsten Ukraine-Unterstützers ein düsteres Bild von der Offensive, die lange mit großen Hoffnungen verbunden war.

Einem Bericht der "Washington Post" zufolge rechnen die Nachrichtendienste der USA nicht damit, dass die Ukraine die Stadt Melitopol im Süden des Landes und damit das Schlüsselziel der Offensive erreichen wird. Stattdessen würden ukrainische Streitkräfte einige Kilometer außerhalb der Stadtgrenzen von Melitopol zum Stillstand kommen, so die Zeitung unter Berufung auf US-Beamte.

Die Eroberung des strategisch wichtigen Melitopol nahe des Asowschen Meeres gilt als entscheidend, um die russische Landbrücke zur Krim zu durchtrennen und die Versorgungslinien der Kreml-Truppen empfindlich zu stören. Durch die Stadt verlaufen zwei wichtige Autobahnen und eine Eisenbahnlinie, über die der Kreml Militärgerät aus Russland in die besetzten Gebiete transportieren kann. Sollte Russland die Kontrolle über die Stadt verlieren, wäre auch die militärische Versorgung der Krim gefährdet.

Doch von diesem entscheidenen Schritt ist die Ukraine noch weit entfernt. Derzeit greift sie an drei Frontachsen die russischen Invasionstruppen an: Bei Bachmut sowie Velyka Nowosilka in der Ostukraine und bei Robotyne in der Südukraine. An dem kleinen Ort im Gebiet Saporischschja verläuft die Hauptachse der Offensive, vor allem hier wird deutlich, wie langsam die ukrainischen Truppen vorankommen:

Seit Anfang Juni haben mehrere ukrainische Einheiten versucht, die kleine Siedlung zu erobern. Elf Wochen später kontrollieren sie immerhin den Norden des Dorfes mit ehemals 500 Einwohnern. Robotyne ist rund 80 Kilometer von Melitopol entfernt.

Russische Verteidigung wurde unterschätzt

Die düstere Prognose der US-Geheimdienste gründe sich vor allem auf Russlands effektive Verteidigung der besetzten Gebiete, schreibt die "Washington Post" weiter: Kiew und westliche Regierungen hätten die russischen Verteidigungslinien – ein dichtes Netz an Minenfeldern, Schützengräben und Luftunterstützung – vor der Offensive unterschätzt.

In Kriegsszenarien, die im Vorfeld von britischen, amerikanischen und ukrainischen Militärs entworfen wurden, seien zwar große Verluste auch auf ukrainischer Seite einkalkuliert gewesen, diese aber hingenommen worden – als notwendiger "Preis", um die russischen Linien zu durchbrechen.

Doch der Durchbruch ist bisher nicht erfolgt. Die Verluste auf beiden Seiten hingegen sind immens.

Neben den Verlusten könnte vor allem der bisher ausbleibende Erfolg der Offensive Fragen in westlichen Hauptstädten aufwerfen, so die "Washington Post" – etwa wie wirksam die milliardenschweren Waffenlieferungen aus dem Westen für die Offensive letztlich gewesen sind.

Kiew musste Taktik ändern

Dass der ukrainische Vorstoß so langsam erfolgt, hat auch taktische Gründe: Zu Beginn der Offensive im Juni versuchte die Ukraine, den Durchbruch mit schweren mechanisierten Einheiten zu erzwingen. Die 47. Mechanisierte Brigade der ukrainischen Armee schickte ihre im Westen ausgebildeten Soldaten mit deutschen Leopard-2-Panzern und amerikanischen Bradley-Schützenpanzern auf die russischen Linien.

Teils schwere Verluste waren die Folge, die Kiew zu einem Taktikwechsel zwangen: Seitdem setzt die Ukraine verstärkt auf Vorstöße kleinerer Einheiten unter dem Feuerschutz von Artillerie. Das verlangsamt das Tempo, verringert aber auch die Verluste.

Zuletzt verlegte die ukrainische Operationsführung weitere Reserven an die Front bei Robotyne, die etwa mit dem britischen Kampfpanzer Challenger 2 oder dem Schützenpanzer Stryker ausgerüstet sind. Doch auch damit gelang bisher kein signifikanter Durchbruch.

"Schuldzuweisungen" in Washington

Der ernüchterte Blick der US-Geheimdienste auf die Gegenangriffe der Ukraine habe bereits im US-Kongress zu Streit geführt, schreibt die "Washington Post". In geschlossenen Sitzungen habe es Schuldzuweisungen gegeben. So hätten einige Republikaner gezögert, Präsident Joe Bidens neuem Ukraine-Hilfspaket zuzustimmen, das zusätzliche Rüstungsgüter im Wert von 20,6 Milliarden US-Dollar für Kiew vorsieht.

Andere wiederum kritisierten die Biden-Regierung dafür, nicht früher die nötigen schweren Waffen an die Ukraine geliefert zu haben, so die "Washington Post". Ein Argument, das US-Beamte jedoch zurückweisen, so die US-Zeitung: Demnach hätten auch F-16-Kampfjets oder Raketen mit größerer Reichweite das Ergebnis der Offensive nicht entscheidend verändert.

"Das Hauptproblem bleibt das Durchbrechen der Hauptverteidigungslinie Russlands, und es gibt keine Anzeichen dafür, dass diese Systeme die ultimative Lösung gewesen wären", so ein ranghoher Regierungsvertreter zu der US-Zeitung.

Plant Kiew eine Überraschung?

Die US-Regierung setzt offenbar trotz der Probleme weiter auf eine Wende im Ukraine-Krieg: Wie die "Washington Post" berichtet, hofften US-Beamte auf eine Überraschung durch die ukrainische Armee. Ein Vertreter des Verteidigungsministeriums erklärte, es sei möglich, dass die Ukraine "historischen Normen" trotze und die Gegenoffensive sogar noch im Winter fortführe.

Dabei spielten allerdings mehrere Faktoren eine Rolle, etwa ausreichend Winterkleidung für die Soldaten sowie spezielle Ausrüstung für den Kampf bei niedrigen Temperaturen. Zudem verspreche auch das keine Erfolgsgarantie, da die Russen im Winterkampf ebenfalls geübt seien. "Die Russen sind dafür bekannt, auch bei kaltem Wetter kämpfen zu können", so ein Beamter des Verteidigungsministeriums zur "Washington Post".

Verwendete Quellen
  • washingtonpost.com "U.S. intelligence says Ukraine will fail to meet offensive’s key goal" (englisch, kostenpflichtig)
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