Russland Soldat will sich in die Luft sprengen – dann klingelt das Telefon
Ein Soldat flieht aus Putins Armee, dann wird gegen ihn ermittelt. Auf dem Weg zu einer Untersuchung entwischt er den Sicherheitskräften. Die Situation eskaliert.
In der zentralrussischen Stadt Ufa ist es am Mittwoch zu einem dramatischen Zwischenfall gekommen. Wie lokale Medien berichten, soll ein russischer Soldat auf einer Autobahn in der Nähe der Millionenstadt gedroht haben, sich in die Luft zu sprengen. Die Autobahn wurde daraufhin für vier Stunden gesperrt, Spezialkräfte der Polizei, der Nationalgarde und Sondereinheiten des Innenministeriums rückten aus, um den Mann von seinem Vorhaben abzuhalten, wie die lokale Nachrichtenseite "Ufa1" berichtet.
Bei dem Mann soll es sich laut Medienberichten um einen 39-jährigen Soldaten namens Ildar handeln, der sich als Freiwilliger zur russischen Armee gemeldet habe, dann aber von seiner Einheit desertiert sei. Er soll in Rostow am Don stationiert gewesen sein, jener Stadt, von der aus der Oligarch und Putin-Vertraute Jewgeni Prigoschin Ende Juni seine Söldner zu einer Meuterei gegen das russische Militär angestiftet hatte.
Gegen den Soldaten Ildar soll ein Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Fahnenflucht eingeleitet worden sein. Beamte hätten ihn am Mittwoch zu einer forensisch-psychiatrischen Begutachtung in der Stadt Bazelevka bringen wollen, als ihm unterwegs die Flucht gelang. Auf der Autobahn habe er plötzlich eine Handgranate hervorgeholt und damit gedroht, diese zu zünden, wenn er nicht mit Radij Chabirow, dem Gouverneur der Republik Baschkortostan, sprechen könne. Ufa ist die Hauptstadt der russischen Republik Baschkortostan.
Offenbar erfüllten die Behörden den Wunsch des Soldaten. Aufnahmen, die von der "Moscow Times" veröffentlicht wurden, zeigen Chabirow, wie er zunächst aus seinem Büro per Telefon mit Ildar spricht. Ein anderes Video zeigt das Oberhaupt der Republik Baschkortostan dann umringt von Sicherheitskräften auf der Autobahn. Auch dort soll Chabirow das Gespräch mit dem Soldaten gesucht haben. Die Unterhaltung habe nach Angaben der "Moscow Times" eine halbe Stunde gedauert.
Drohte Beamten, dass alles auf sie zurückfallen werde
Chabirow gehört der Partei Einiges Russland von Russlands autoritärem Herrscher Wladimir Putin an. Gegen den 59-jährigen Politiker hatte es in der Vergangenheit Vorwürfe wegen der Manipulation von Wahlen in Baschkortostan gegeben.
Nach der Unterredung mit Chabirow gab der Soldat wohl schließlich auf und legte die Handgranate nieder. Was mit ihm danach geschah, darüber gaben die russischen Medienberichte keine Auskunft.
Vor seiner Flucht auf der Autobahn soll sich der Soldat gegenüber Ermittlungsbeamten über seine schlechte Behandlung beschwert und gefordert haben, dass das Ermittlungsverfahren wegen Desertierens gegen ihn eingestellt werde. Er habe den Beamten vorgeworfen, nicht nach ihrem Gewissen zu handeln und gedroht, dass ihr Handeln wie ein Bumerang auf sie zurückfallen werde, wie "Ufa1" berichtet.
Russlands Präsident Wladimir Putin führt seit nunmehr achtzehn Monaten einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Hunderttausende russische Soldaten wurden bereits eingezogen und an die Front geschickt, Zehntausende von ihnen sollen gefallen oder schwer verletzt worden sein.
Hinweis: Falls Sie viel über den eigenen Tod nachdenken oder sich um einen Mitmenschen sorgen, finden Sie hier sofort und anonym Hilfe.
- ufa1.ru: "Дезертира сдерживали шесть подразделений: собрали всё, что известно о ЧП на Нагаевском шоссе в Уфе" (russisch)
- ufa1.ru: ""Тебе всё вернется": вооруженный дезертир из Башкирии до побега угрожал следователю" (russisch)
- newsweek.com: "Russian Soldier Threatens to Blow Himself Up After Abandoning Unit" (englisch)
- themoscowtimes.com: "Russian Volunteer Soldier Turns Himself In After Grenade Threat" (englisch)