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Ukraine-Gipfel in Saudi Arabien: Alles Show? Putin kann nur zusehen


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Gipfel in Saudi-Arabien
Alles nur Show?


Aktualisiert am 05.08.2023Lesedauer: 5 Min.
Wladimir Putin: Der russische Präsident ist zu dem Gipfel in Saudi-Arabien nicht eingeladen.Vergrößern des Bildes
Wladimir Putin: Der russische Präsident ist zu dem Gipfel in Saudi-Arabien nicht eingeladen. (Quelle: Contributor)

Gelingt in Saudi-Arabien ein Durchbruch in den Friedensverhandlungen zwischen Ukraine und Russland? Die Chancen dazu stehen eher schlecht – doch darum geht es dem Gastgeber wohl überhaupt nicht.

Viel über den Friedensgipfel zum Ukraine-Krieg ist nicht bekannt. Tatsächlich hat der Gastgeber Saudi-Arabien noch nicht einmal selbst bestätigt, dass er am Wochenende zu einem großen Gipfel eingeladen hat: Den ersten Hinweis zu der Zusammenkunft hatte am vergangenen Samstag das "Wall Street Journal" gegeben. Rund 30 Vertreter aus verschiedenen Staaten sollen in der Küstenstadt Dschidda zusammenkommen, um mögliche Friedenspläne zu erörtern, berichtete die US-Zeitung.

Die Bestätigung kam vom Chef des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak: Man bereite ein Treffen auf Ebene der nationalen Sicherheitsberater in dem Wüstenstaat vor, twitterte er am vergangenen Sonntag. Aus ukrainischer Sicht gehe es darum, den Friedensplan, den das Land selbst formuliert hat, in die Tat umzusetzen. Unter anderem sieht er vor, dass Russland seine gesamten Truppen aus der Ukraine abziehen soll.

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Ob das alle Staaten, die mutmaßlich an dem Treffen teilnehmen, auch wollen, ist allerdings fraglich: Auf der zweitägigen Konferenz werden viele Staaten erwartet, die sich bisher weder eindeutig Richtung Ukraine oder Russland positioniert haben. Dazu gehört auch Saudi-Arabien.

"Wirklich substanzielle Ergebnisse sind eher unwahrscheinlich", sagt Sebastian Sons t-online, der beim Carpo-Institut in Bonn zu den arabischen Golfstaaten forscht. Doch womöglich geht es dem Gastgeber auch gar nicht um einen wirklichen Durchbruch in dem Friedensprozess, sondern eher um Eigeninteressen: Kronprinz Mohamed bin Salman strebt nach mehr Einfluss in der internationalen Politik.

Russland nimmt nicht teil

Einen Vorgeschmack, was von den Gesprächen in Dschidda zu erwarten ist, gab ein Treffen Ende Juni in Kopenhagen: Auch in der dänischen Hauptstadt waren zahlreiche Sicherheitsberater zusammengekommen, um über die Lage in der Ukraine zu diskutieren. Dort blieben konkrete Inhalte oder Abläufe des Treffens zuvor ein großes Geheimnis, eine gemeinsame Abschlusserklärung gab es nicht.

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Das Treffen damals soll laut Präsidialamtschef Jermak auf Initiative der Ukraine erfolgt sein. Die Einladungen für das kommende Treffen in Dschidda sollen laut Informationen der dpa bereits in Kopenhagen ausgesprochen worden sein. Dementsprechend könnte der kommende Gipfel an das Treffen in Dänemark anschließen. Nach Informationen von t-online werden für die Bundesregierung der außenpolitische Berater von Bundeskanzler Olaf Scholz, Jens Plötner, und die Politische Direktorin des Auswärtigen Amts, Tjorven Bellmann, in Dschidda sein.

Dass die Initiative für das Treffen von der Ukraine gekommen sein soll, dürfte auch erklären, warum Russland nicht teilnehmen soll. Größere Unstimmigkeiten zwischen Riad und Moskau will Sebastian Sons im Vorfeld des Gipfels jedenfalls nicht erkannt haben. Allerdings sorge die Abwesenheit Russlands auch dafür, dass er keine tiefgreifenden Ergebnisse erwartet: Weder die Ukraine noch Russland sehen aktuell ihre Vorbedingungen für Friedensverhandlungen miteinander erfüllt.

"Eine symbolische Veranstaltung"

Aus Sicht der Ukraine kann das Treffen in Riad trotzdem sinnvoll sein: Denn neben zahlreichen westlichen Vertretern werden auch viele Staaten aus dem globalen Süden teilnehmen, die sich während des Ukraine-Kriegs eher neutral verhalten haben: Erwartet werden etwa die sogenannten Brics-Staaten Indien, Südafrika, Brasilien. Zu der Vereinigung gehören zusätzlich noch Russland und China. Am Freitag bestätigte auch Peking, dass der Sondergesandte für Eurasische Angelegenheiten, Li Hui, sich auf den Weg nach Dschidda machen werde. Ebenfalls sollen Berater aus Indonesien, Ägypten, Chile, Mexiko oder Sambia anreisen.

Der Gipfel könnte dadurch die Möglichkeit bieten, in Abwesenheit Russlands weitere Länder von den ukrainischen Friedensforderungen zu überzeugen. Der Zeitpunkt dazu scheint günstig, nachdem zuletzt ein russischer Gipfel mit afrikanischen Staaten alles andere als erfolgreich verlaufen war. Dort hatten viele Staaten die russische Aufkündigung des Getreideabkommens mit der Ukraine kritisiert. Mehr dazu lesen Sie hier.

Doch warum wurde ausgerechnet Saudi-Arabien als Austragungsort gewählt? Nahost-Experte Sons hält es in jedem Fall für unwahrscheinlich, dass sich das Land öffentlich auf die Seite der Ukraine stellen wird. Dort verfolge man eine andere Strategie: "Für Saudi-Arabien ist es eine symbolische Veranstaltung. Man will zeigen, dass man Führungsstärke besitzt."

"Saudi-Arabien will sich auf keine Seite ziehen lassen"

Sons spricht von einer Pendeldiplomatie, die das Land in Bezug auf den Ukraine-Krieg verfolgt: Kurz nach Beginn der russischen Invasion hatte der Staat für eine UN-Resolution gestimmt, die den russischen Einmarsch verurteilte. Vor knapp drei Monaten war der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bereits in Dschidda zu Gast, als die Vertreter der Arabischen Liga tagten.

Gleichzeitig unterhält Riad weiter gute Beziehungen nach Moskau, vor allem in der Energiewirtschaft. Seit Juli haben beide Länder mit den Ölstaaten der Opec+ die Produktion von Rohöl gedrosselt. Das trieb die Preise im Westen nach oben und spülte mehr Geld in die eigenen Kassen. Zuvor hatte die Agentur Bloomberg auch berichtet, dass Saudi-Arabien fast 2,5 Millionen Barrel Diesel aus Russland für den eigenen Gebrauch gekauft hat, während man eigenes Öl zu höheren Preisen nach Europa abgeben konnte. Es war de facto ein Umgehen der europäischen Sanktionen auf russische Güter.

"Saudi-Arabien will sich auf keine Seite ziehen lassen", meint Sebastian Sons. Vielmehr gehe es dem Staat mit der Konferenz darum, das eigene Image aufzupolieren: Nachdem das Saudi-Regime 2018 den kritischen Journalisten Jamal Khashoggi umbringen ließ oder wegen seiner Beteiligung am Jemen-Krieg oder seiner Missachtung von Menschenrechten international lange in der Kritik stand, will Kronprinz bin Salman sein Land in einem positiveren Licht erscheinen lassen.

"Zahl der Todesurteile steigt"

"Jede Entscheidung in Saudi-Arabien wird aktuell anhand folgender Fragen getroffen: Was nützt es dem eigenen wirtschaftlichen Fortschritt, wird dadurch die Jugendarbeitslosigkeit bekämpft und wird das Land dadurch auch in der Welt attraktiver wahrgenommen?", sagt Sons. Bin Salman hat seine Ideen unter dem Konzept "Vision 2030" zusammengefasst. Bis dahin solle sich das Land zu einer "pulsierenden Gesellschaft", einer "blühenden Wirtschaft" und einer "ehrgeizigen Nation" entwickeln, heißt es auf der entsprechenden Webseite. Im Zusammenhang mit bin Salmans Vision sind auch die jüngsten Investitionen in die saudische Infrastruktur und in Sportarten wie Fußball zu sehen.

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Blenden lassen solle man sich allerdings von diesem Projekt nicht: "Die Menschenrechtssituation ist weiter schlecht, die Zahl der Todesurteile steigt", sagt Experte Sons. Der Westen müsse sich daher genau überlegen, in welchen Bereichen sich eine Kooperation lohne und in welchen nicht. Lange hatte sich die Türkei als Vermittler zwischen Russland und der Ukraine hervorgetan. Doch seit Russland den vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan mitverhandelten Getreidedeal beendet hat, war die Türkei deutlich stärker Richtung Ukraine gerückt.

Ob der Ukraine-Gipfel tatsächlich zu einem Sinneswandel bei einigen Staaten führt oder nur eine Imagekampagne für das saudische Königshaus wird, dürfte sich spätestens in wenigen Wochen zeigen: In Südafrika treffen sich Ende August die fünf Vertreter der Brics-Staaten. Persönlich wird Wladimir Putin auch dort nicht auf die anderen Teilnehmer einwirken können. Denn aufgrund eines Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag wird er sich bei dem Treffen nur zuschalten können.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Interview mit Sebastian Sons
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
  • wsj.com: "Saudi Arabia to Host Ukraine Peace Talks as Part of Western Effort to Woo Global South" (englisch, kostenpflichtig)
  • welt.de: "Warum Saudi-Arabien ein besserer Vermittler sein kann als gedacht" (kostenpflichtig)
  • bloomberg.com: "Saudi Arabia Snaps Up Russian Diesel and Sends Its Own to Europe" (englisch, kostenpflichtig)
  • visions2030.gov.sa: "Vision 2030 Overview" (englisch)
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