Kritik an Millionenausgaben Weitere Details zu Ministerrücktritt in der Ukraine
Wie viel Platz hat Kultur in Kriegszeiten? Der ukrainische Kulturminister Tkatschenko forderte Millionen für Filmprojekte, nun ist er zurückgetreten.
Der ukrainische Kulturminister Oleksandr Tkatschenko ist wegen der umstrittenen Finanzierung von Kulturprojekten während des russischen Angriffskrieges zurückgetreten. "Ich habe dem Ministerpräsidenten heute Abend mein Rücktrittsgesuch überbracht, da es eine Welle von Missverständnissen über die Bedeutung von Kultur in Kriegszeiten gibt", schrieb Tkatschenko am Freitag auf der Onlineplattform Facebook. Zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Ministerpräsident Denys Schmyhal darum gebeten, eine Ablösung Tkatschenkos zu erwägen.
Am Donnerstag hatte die ukrainische Nachrichtenwebsite "Ukrainska Prawda" einen Bericht veröffentlicht, demzufolge das Kulturministerium entschieden haben soll, umgerechnet fast elf Millionen Euro für die Produktion einer TV-Serie zur Verfügung zu stellen. Tkatschenko selbst sagte kürzlich in einer Radiosendung, es sei angemessen, etwa zwölf Millionen Euro für die Fertigstellung eines Museums über die Hungersnot in der Ukraine in den 1930er-Jahren zu mobilisieren.
Tkatschenko: Kultur ist "Schutzschild unserer Identität"
Kiew sieht den "Holodomor" (deutsch: Mord durch Hunger) als vorsätzlichen Völkermord durch die Führung des sowjetischen Machthabers Josef Stalin an. Der Deutsche Bundestag, mehrere weitere europäische Staaten und das EU-Parlament schlossen sich der Definition in den vergangenen Monaten an.
Der nun zurückgetretene Kulturminister Tkatschenko verteidigte die Ausgabenwünsche mit der Aussage, während des Krieges seien "sowohl private als auch Haushaltsmittel für die Kultur nicht weniger wichtig als für Drohnen". Kultur sei "der Schutzschild unserer Identität und unserer Grenzen".
Selenskyj verwies hingegen in seiner allabendlichen Ansprache am Donnerstag darauf, die Menschen in der Ukraine sollten "das Gefühl haben, dass Haushaltsmittel fair und ordnungsgemäß genutzt werden". Dies gelte auch für Kultureinrichtungen wie Museen, Kulturzentren oder TV-Serien. Wörtlich sagte Selenskyj: "All das ist wichtig, aber jetzt gibt es andere Prioritäten."
- Nachrichtenagentur AFP