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Ist die Ukraine bei Bachmut auf dem Vormarsch? Verluste nach Wagner-Eroberung


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Kriegsbeobachter über Bachmut
"Das wäre für Schoigu eine herbe Niederlage"


Aktualisiert am 30.06.2023Lesedauer: 4 Min.
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Eine Karte zeigt, wo aktuell die heftigsten Kämpfe in der Ukraine toben. (Quelle: t-online)
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Russische Wagner-Söldner haben Bachmut im Mai erobert. Nun verdichten sich Hinweise, dass die Ukraine die Stadt wieder in den Fokus nimmt. Für Russland wäre ihr Verlust ein schwerer Schlag.

Um keine andere Stadt war so heftig gekämpft worden, wie um Bachmut. Monatelang dauerte der Stellungskrieg und kostete Zehntausenden das Leben. Im Mai hatten russische Soldaten sie schließlich eingenommen. Nun rückt die Stadt in der Oblast Donezk im Osten der Ukraine erneut in den Fokus.

Der ukrainischen Vize-Verteidigungsministerin Hanna Malyar zufolge läuft derzeit eine "operative Initiative" der ukrainischen Streitkräfte um die ostukrainische Stadt. Demnach soll die Ukraine erste Erfolge erzielt haben: 1.200 Meter seien die Kämpfer in Richtung Klischtschiwka (sieben Kilometer südwestlich von Bachmut) und 1.500 Meter in Richtung Kurdumiwka (13 Kilometer südwestlich von Bachmut) vorgerückt. Auch Militärblogger melden auf Twitter Aktivitäten um die Stadt.

Es sind Kämpfe, die Brisanz haben: Denn es waren Wagner-Söldner, die Bachmut im Mai eroberten, nachdem dies zuvor den regulären russischen Streitkräften monatelang nicht gelungen war. Kämpfern also, die zu den Einheiten gehören, die am vergangenen Wochenende in Südrussland einen Aufstand gegen die russische Armee organisierten. Was bedeuten nun die wieder aufflammenden Kämpfe um Bachmut?

Der Osteuropaexperte und Politikanalyst Alexander Dubowy hält die Berichte für durchaus plausibel. Die Ukraine habe ein Interesse daran, die Stadt zu umkreisen, sagte er t-online. "Auch wenn Bachmut militärstrategisch nicht bedeutsam ist. Die Stadt hat einen hohen symbolischen Wert."

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Monatelang war die kleine Stadt im Zentrum des Kriegsgeschehens bis Wagner-Truppen deren Eroberung verkündeten. Jetzt, gut fünf Wochen später, soll die laufende ukrainische Gegenoffensive bereits Teilerfolge bei Bachmut gebracht haben: Die Streitkräfte kontrollieren nach Angaben des Kommandeurs der Aufklärungskompanie der 57. Armee-Brigade, Denys Yaroslavskyj, nun den nördlichen Teil des Berchiwka-Stausees.

An der südlichen Flanke sollen ukrainische Truppen Klischtschiiwka eingenommen haben – ein strategisch wichtiger Kontrollpunkt für die Einnahme von Bachmut, so der General. Klischtschiiwka liegt direkt an einer südlichen, russisch kontrollierten Zufahrtsstraße nach Bachmut. Auch der Militärexperte Nico Lange schreibt auf Twitter von "erfolgreichen lokalen Gegenangriffen" – ausgerechnet auf "zuvor von Wagner gehaltenen Stellungen". Der "Welt"-Journalistin Tatjana Ohm zufolge hat ein ukrainischer Militär Angaben bestätigt, wonach mehr als 100 Russen im Gefecht gestorben sind und zehn gefangen genommen wurden.

Bachmuts Verteidigung galt vor einigen Monaten noch als strategisch wichtig für die Ukraine, um eine komplette russische Eroberung der Region Donbass zu verhindern. Später wurde der Ort zum Symbol des erbitterten Widerstands: Monatelang hielt die ukrainische Armee den Ort, mit hohen Verlusten. Als schließlich Wagner-Söldnern unter Befehl von Jewgeni Prigoschin Ende Mai die Einnahme gelang, geschah das auch für die russische Seite unter enormen Verlusten. Die Einheit war danach deutlich geschwächt, Prigoschin zog seine Kämpfer ab, um sie neu zu formieren; die regulären russischen Streitkräfte rückten nach und hielten die Stellung.

Unbestätigten Berichten zufolge soll nun der ukrainische General Oleksandr Syrskyj an den Kämpfen nahe Bachmut beteiligt sein, der bereits Kiew verteidigt und die Gegenoffensive im Bezirk Charkiw angeführt haben soll. Pro-ukrainische Blogger äußern daher Hoffnung auf eine mögliche Wieder-Einnahme der Stadt durch die Ukraine.

Auch von russischer Seite soll derzeit Bewegung bei Bachmut registriert worden sein. Militärforscher Lange zufolge hat offenbar Russland erneut Truppen in die Region um Bachmut verlegt. Er schreibt von sogenannten VDV-Einheiten, russischen Luftlandetruppen. Journalistin Ohm berichtet von russischen Truppenbewegungen vom knapp 65 Kilometer entfernten Lyman im Norden gen Bachmut.

Feststeht: Auch Moskaus Interesse an dem Ort ist groß. Die Eroberung war alles andere als unproblematisch. Der Chef der Wagner-Truppen ist ein Erzfeind des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu, der für die regulären Streitkräfte zuständig ist. Wagner-Söldner sind eine Art Privatarmee, erhalten aber Ausrüstung und schwere Waffen vom russischen Verteidigungsministerium.

Prigoschin hatte Schoigu in Videos immer wieder massiv kritisiert und für den Tod russischer Soldaten mitschuldig gemacht, weil etwa Munitionslieferungen für Wagner verzögert worden seien. Prigoschin beschimpfte die Militärführung, schrie Vorwürfe der Sabotage in die Kamera und sprach dabei Schoigu direkt an.

"Würde Bachmut nun wieder an die Ukraine fallen, wäre das eine herbe Niederlage für Schoigu", sagt Kriegsbeobachter Dubowy. Die russischen regulären Streitkräfte hatten die Stadt von Wagner übernommen, das käme einer Blamage gleich. "Das ist eine hochemotionale Sache für ihn. Schoigu kann es sich nicht leisten, dass Bachmut verloren geht." Die russische Armee werde alles daran setzen, die Stadt zu behalten.

Den Ort bewohnten einst 73.000 Menschen, infolge der heftigen Kämpfe sind aber die meisten geflüchtet, schätzungsweise ein paar Hundert Menschen sind zurückgeblieben. Dem Gebiet soll sich die Armee der Ukraine nun auch von Norden her nähern, über die Ortschaft Yakovlivka, ebenfalls an einer Zufahrtsstraße zu Bachmut gelegen.

Denn auch die Ukraine verfolgt ihr eigenes Ziel in Bachmut. "Sie will möglichst viele russische Reserven in die Stadt locken und dort binden", sagt Dubowy, "damit sind sie an anderen Frontabschnitten nicht einsetzbar." Hart gekämpft wird derzeit etwa in anderen Orten des Donbass', aber auch um Saporischschja, weiter südlich in der Ukraine.

Dubowy betont aber auch: "Die Gegenoffensive wird noch länger dauern." Erst in ein paar Wochen werde man eine erste Bilanz ziehen können und die tatsächlichen Erfolge erst im Herbst sehen.

Verwendete Quellen
  • Telefongespräch mit Alexander Dubowy
  • Twitter: Manuel Schwalm, Nico Lange, Denis Trubetskoy, Tatjana Ohm (englisch/deutsch)
  • understandingwar.org: "Russian Offensive Campaign Assessment, June 29, 2023" (englisch)
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