"Nein zum Krieg" Russe nach Flucht verhaftet, weil Tochter Antikriegsbild malte
In der Schule malen Kinder Bilder für russische Streitkräfte in der Ukraine. Die Zeichnung seiner Tochter ist kriegskritisch und bringt einen Vater in Schwierigkeiten.
Ein zu zwei Jahren Straflager verurteilter Vater, dessen Tochter ein Antikriegsbild gemalt hat, ist auf seiner Flucht festgenommen worden. Der Mann sei in der Ex-Sowjetrepublik Belarus "auf Ersuchen der russischen Polizei" verhaftet worden, teilte das Innenministerium in Minsk dem Portal RBK zufolge mit.
Der 54-Jährige war am Mittwoch von einem russischen Gericht zu zwei Jahren Straflager verurteilt worden. Belarus dürfte als Russlands engster Verbündeter – beide Länder bilden einen Unionsstaat – den Mann ausliefern.
Aus dem Hausarrest geflohen
Offiziell drehen sich die Vorwürfe gegen den Mann um kritische Einträge in den sozialen Netzwerken. Laut Staatsanwalt hatte er dort die in der Ukraine kämpfenden russischen Truppen "wiederholt diskreditiert". Der Angeklagte bestritt die Vorwürfe und floh vor der Urteilsverkündung aus dem Hausarrest.
Für den alleinerziehenden Vater gibt es eine Welle der Solidarität in Russland. Sogar der Chef der Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, hatte gefordert, die derzeit im Heim untergebrachte Tochter und den Vater in Ruhe zu lassen. Es gebe durch die vielen russischen Kriegstoten in der Ukraine schon so viele Kinder, die ohne Vater aufwachsen müssten. Dagegen stellte Kremlsprecher Dmitri Peskow die erzieherischen Fähigkeiten des Mannes öffentlich infrage. Medien hingegen veröffentlichten einen Brief des Mädchens, das dem Vater Liebe bekundete und auf ein baldiges Zusammensein hoffte.
Den Fall ins Rollen gebracht hatte eine Zeichnung der Tochter. Als die Lehrerin die Kinder aufforderte, Bilder zur Unterstützung der russischen Streitkräfte in der Ukraine zu malen, zeichnete die damals Zwölfjährige eine russische und ukrainische Flagge, die sie mit den Slogans "Nein zum Krieg" und "Ruhm der Ukraine" versah. Die Schule rief die Polizei.
Einen Tag später wurde der Vater auf die Polizeistation gebracht und eine Geldstrafe gegen ihn verhängt. Als im Winter auch kriegskritische Kommentare seiner Tochter im Internet auftauchten, durchsuchten die Behörden seine Wohnung und leiteten das Strafverfahren gegen ihn ein.
Sieben Jahre Haft für zwei Posts
Die russische Gesetzgebung sieht für jede beliebige Kritik an den Streitkräften oder der Kriegsführung in der benachbarten Ukraine harte Strafen vor. Ein Gericht in Moskau hat jetzt einen 63-Jährigen für zwei Anti-Kriegs-Posts in sozialen Netzwerken zu sieben Jahren Lagerhaft verurteilt.
Er hatte im März des Vorjahres in zwei Kommentaren die Angriffe russischer Militärs gegen die ukrainische Hauptstadt Kiew und die Hafenstadt Mariupol verurteilt, berichtete das russische Medium "Meduza", das aus Lettland arbeitet. Das Gericht habe ihn für schuldig befunden, "Fakes" über die russische Armee verbreitet zu haben.
"Während wir Kinder töten, singen wir im Ersten Kanal (des Fernsehens) Lieder; Wir, Russland, sind gottlos geworden – Herr, vergib uns", lautete ein Post des Mannes auf "WKontakt". In seinem zweiten Kommentar schrieb er "Russische Flieger bomben Kinder".
In seinem Schlusswort vor Gericht habe der Mann als Motiv für seine Kommentare angegeben, er schätze das Leben jedes Menschen. "Das Leben ist ein unbedingter Wert, der an erster Stelle stehen sollte, auch wenn das in unserem Land nicht so gesehen wird", wurde er von "Meduza" zitiert. "Ich bin so erzogen worden."
- Nachrichtenagentur dpa