Ein Jahr "Zeitenwende" Scholz an China: "Liefern Sie keine Waffen"
"Wir erleben eine Zeitenwende", sagte Olaf Scholz nach Kriegsausbruch in der Ukraine. Was hat sich seither getan? Das sagte der Kanzler heute.
Gut ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat sich Kanzler Olaf Scholz im Bundestag zur "Zeitenwende" geäußert – einem Begriff, den er kurz nach Kriegsbeginn geprägt hatte.
Nun forderte Scholz China im Plenum auf, sich für einen Frieden in der Ukraine zu engagieren. "Meine Botschaft an Peking ist klar: Nutzen Sie Ihren Einfluss in Moskau, um auf den Rückzug russischer Truppen zu drängen. Liefern Sie keine Waffen an den Aggressor Russland", appellierte er im Bundestag.
Man könne von China auch erwarten, mit den Hauptbetroffenen zu sprechen, nämlich mit der Ukraine und mit Präsident Wolodymyr Selenskyj, sagte er. Es sei enttäuschend, dass China beim G20-Finanzministertreffen nicht zu einer Verurteilung des russischen Angriffs bereit gewesen sei.
Scholz kritisiert Forderung nach Stopp von Waffenlieferungen
Zudem distanzierte sich der Kanzler von der auf mehreren Großkundgebungen erhobenen Forderung nach einem Stopp der Waffenlieferungen an Kiew. "Man schafft auch keinen Frieden, wenn man hier in Berlin 'Nie wieder Krieg' ruft – und zugleich fordert, alle Waffenlieferungen an die Ukraine einzustellen", so Scholz. "Denn wir wissen, welches Schicksal den Ukrainerinnen und Ukrainern unter russischer Besatzung blüht", fügte er hinzu.
Dafür stünden Ortsnamen wie Butscha und Kramatorsk, Isjum und Mariupol, "wo Putins Soldaten ukrainischen Zivilisten unfassbares Leid angetan und furchtbarste Kriegsverbrechen begangen haben", sagte Scholz.
Scholz: Das wäre "das Ende der Ukraine"
"Würde die Ukraine aufhören, sich zu verteidigen, dann wäre das kein Frieden, sondern das Ende der Ukraine", warnte der Kanzler. "Friedensliebe heißt nicht Unterwerfung unter einen größeren Nachbarn." Es dürfe in der Ukraine keinen "Diktatfrieden gegen den Willen der Opfer" geben.
Dies verbiete sich "nicht nur aus moralischen Gründen – sondern auch, wenn wir das Wohl unseres eigenen Landes und die Sicherheit Europas und der Welt im Auge haben". Es wäre eine "fatale Ermutigung des Angreifers, wenn der Bruch des Völkerrechts und der europäischen Friedensordnung belohnt würde", sagte Scholz.
"Schluss mit der Vernachlässigung unserer Streitkräfte"
Zudem bekräftigte der Kanzler, dass Deutschland das 2-Prozent-Ziel der Nato bei den Verteidigungsausgaben dauerhaft erreichen werde. "Diese Zusage, die ich hier am 27. Februar vergangenen Jahres gegeben habe, gilt." Er sprach von einem "Aufwuchs des Verteidigungshaushalts insgesamt", um dieses Ziel zu erreichen.
In der Ampelkoalition und ebenso innerhalb der SPD wird noch diskutiert, ob zusätzlich zum 100-Milliarden-Euro-Topf für die Bundeswehr – einem sogenannten Sondervermögen – auch der reguläre Verteidigungshaushalt um weitere Milliarden erhöht werden soll.
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP