Challenger 2 für die Ukraine Endlich Kampfpanzer: Das bringt Putin in Bedrängnis
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nun steht es fest: Großbritannien liefert den Challenger 2 an die Ukraine und öffnet die Tür für den Export von Kampfpanzern. Was bedeutet das für den Krieg?
Viele Monate hat der Westen diskutiert und gestritten, jetzt ist die politische Schallmauer durchbrochen: Großbritannien liefert Kampfpanzer vom Typ Challenger 2 an die Ukraine. Das kündigte der britische Premierminister Rishi Sunak in einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Samstag an. Damit bekommt die Ukraine erstmals schweres Angriffsgerät vom Westen – eine deutliche Kurskorrektur.
Bei dem Vorstoß der Briten geht es vor allem um das politische Signal, militärisch machen die Challenger-2-Kampfpanzer kaum einen Unterschied. Trotzdem ist es ein wichtiger Schritt: Der Bundesregierung wird es nun deutlich schwerer fallen, ihre Blockade bei der Lieferung von Leopard-2-Panzern aufrechtzuerhalten.
Vor allem Kanzler Olaf Scholz (SPD) setzt London mit dieser Entscheidung mächtig unter Druck. Er hatte sich bis zuletzt immer wieder gegen die Lieferung von Kampfpanzern gewehrt und dabei stets auf die westlichen Verbündeten verwiesen, die solche Waffen ebenfalls nicht an die Ukraine übergaben.
Zugleich ist die Zusage der Briten auch eine Botschaft an den russischen Präsidenten Wladimir Putin; ihr Inhalt: Die militärische Unterstützung des Westens für die Ukraine wird keinesfalls nachlassen, auch im Jahr 2023 nicht.
Der britische Leopard
Der Challenger 2 ist seit 1994 der reguläre Kampfpanzer der britischen Armee – im Gegensatz zu vorigen Panzerlieferungen ist er vergleichbar mit dem Leopard 2 der Bundeswehr oder dem M1 Abrams der USA.
Entwickelt hat den Challenger 2 das britische Unternehmen Vickers, das später von BAE Systems übernommen wurde. Einsetzbar ist er nach Aussage des Herstellers im "hochintensiven Gefecht gegen mechanisierte Gegner".
Für die Ukraine wären derartige Kampfpanzer besonders für Panzerschlachten im Osten des Landes hilfreich, denn die russischen Angreifer verfügen noch über erheblich mehr mechanisierte Reserven als die ukrainischen Verteidiger. Angesichts einer möglichen Offensive von Putins Truppen im Frühjahr ist die Ukraine auf Feuerkraft gegen Panzer und gepanzerte Fahrzeuge angewiesen, um ihre Linien im Donbass halten zu können.
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Feuerkraft bringt der Challenger 2 in jedem Fall mit. Der Kampfpanzer hat eine 120-Millimeter-Kanone und kann mit unterschiedlichen Munitionstypen Ziele in bis zu neun Kilometern Entfernung bekämpfen. Zum Vergleich: Der deutsche Leopard 2 muss auf mindestens 4.000 Meter an feindliche Ziele herankommen.
Darüber hinaus stehen der vierköpfigen Challenger-2-Besatzung noch zwei Maschinengewehre als Sekundärwaffen zur Verfügung. Im Gegensatz zu den Schützenpanzern Marder und Bradley, die von Deutschland und den USA an die Ukraine gegeben werden, ist der Challenger 2 schwer gepanzert.
Für sein Gewicht von über 62 Tonnen ist er aber recht schnell: Auf Straßen kann er immerhin bis zu 59 Kilometer pro Stunde erreichen. Dafür hat er mit einer Reichweite von bis zu 450 Kilometern einen eher kleineren Einsatzradius als beispielsweise ein leichterer Schützenpanzer.
Challenger 2 macht militärisch kaum Sinn
Der Challenger 2 ist also ein hochmoderner Kampfpanzer westlicher Bauart, der auf den Kampf gegen gepanzerte Gegner spezialisiert ist. Trotzdem darf die Wirkung der Lieferung Großbritanniens auf den Ukraine-Krieg nicht überschätzt werden – eine Anzahl wurde am Samstag zunächst nicht genannt.
Zudem müssen die ukrainischen Soldaten an den Panzern erst ausgebildet werden, was sich gemessen an der Stückzahl eigentlich gar nicht lohnt. Da außerdem nur noch der Oman Challenger-2-Panzer einsetzt, gibt es kein Land, das neben Großbritannien Munition und Ersatzteile für die Panzer liefern könnte – was angesichts der schweren Kämpfe im Donbass eigentlich zwingend erforderlich wäre.
Doch so wenig Sinn der britische Panzervorstoß aus militärischer Sicht ergibt, so wichtig ist zugleich das politische Signal. Die Lieferung dürfte die Kampfpanzer-Blockade, die sich der Westen bei der Unterstützung der Ukraine über viele Monate auferlegt hatte, nun endgültig durchbrechen.
Damit wird wahrscheinlicher, was ohnehin längst alle wissen: Einen wirklichen Unterschied im Ukraine-Krieg kann letztlich nur die Lieferung eines Panzers bewirken – die des Leopard 2 aus deutscher Produktion.
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Druck auf Deutschland wächst
Den Leopard 2 hat das Rüstungsunternehmen Krauss-Maffei Wegmann an 18 Staaten verkauft. Würde die Bundesregierung ihre Blockade aufgeben, könnten Länder wie Spanien, Finnland, Schweden oder Griechenland nicht nur weitere Panzer liefern, sondern auch Munition und Ersatzteile. Das wäre für die Ukraine in einem langen Abnutzungskrieg gegen Russland existenziell. Bislang blieben die Bitten der Ukraine aber ohne Erfolg.
Durch die Lieferung der Challenger 2 ist die Lage nach der Ankündigung aus London für Putin in der Ukraine trotzdem deutlich schwieriger geworden. Moderne Kampfpanzer westlicher Bauart können zu hohen Verlusten in der russischen Armee führen, die in der Ukraine viele T-64-Kampfpanzer einsetzt, welche noch in der ehemaligen Sowjetunion gebaut wurden. Klar ist aber: Die britischen Panzer sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Nach der Ankündigung der Briten dürften nun viele Nato-Partner wieder nach Berlin schauen. Der Bundesregierung, die in Panzerfragen immer nur gemeinsam mit den internationalen Partnern handeln wollte, gehen allmählich die Argumente aus. Obwohl Großbritanniens Panzerankündigung wahrscheinlich mit den Nato-Partnern abgestimmt war, ist trotzdem eines klar: Scholz muss jetzt liefern. Womöglich buchstäblich.
- Eigene Recherche
- rheinmetall-defence.com: Challenger 2 – Kampfpanzer
- merkur.de: Das kann der Challenger 2 aus Großbritannien