Büro zwischen den Bäumen Russischer IT-Spezialist flieht vor Mobilmachung in den Wald
Er sieht keinen Sinn darin, an der russischen Front zu sterben. Ein IT-Spezialist aus Russland ist vor der Mobilmachung in den Wald geflohen.
Ein russischer IT-Experte will der Mobilmachung entfliehen und lebt seit einem Monat im Wald, berichtet die vom Staat unabhängige russische Medienplattform Mediazona. Adam Kalinin, wie der Russe in dem Artikel genannt wird, protestierte gegen den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und wurde deshalb sowohl zu einer Geldstrafe verurteilt als auch verhaftet.
Die Nachricht der Mobilmachung sei für ihn ein Schock gewesen. Als sie begann, wartete Kalinin nicht auf eine Vorladung, sondern machte sich direkt auf den Weg in den Wald. "Das war keine leichte Entscheidung", sagt er Mediazona. Der Regierung zu trauen, dass sie keine IT-Fachkräfte einziehen und deshalb in der Stadt zu bleiben, war für Kalinin keine Option – Russland zu verlassen, wie zwei seiner Kollegen es taten, allerdings auch nicht.
Kalinin hatte schon etwas Ausrüstung und Erfahrung
In den letzten Jahren war er regelmäßig mit dem Backpack auf Reisen. Mit seiner Frau war er oft campen. Etwas Ausrüstung und Erfahrung hatte Kalinin also bereits vor seiner Flucht in den Wald. Interesse für erneuerbare Energien und Technologie hatte er auch, sodass er auch das technische Verständnis hatte, um mit seinen Solarkollektoren und seiner Antenne umgehen zu können. Auch ein Büro hat er sich im Wald eingerichtet.
Kalinin arbeitet acht Stunden am Tag, fünf Tage die Woche. In seiner Freizeit baut er sein Zeltlager weiter aus, denn sein Ziel ist es, eine Art Hütte zu bauen. Für diese sammelt er Baumaterialien. Wie er so eine Hütte baut, lerne er über YouTube-Videos. Unterstützung bekommt er auch von seiner Frau. Die bringt regelmäßig Lebensmittel zu einem eigens dafür gekauften Müllcontainer. Der steht etwa eine Stunde von Kalinins Lager entfernt.
Mit dem Alleinsein habe er keine großen Probleme, in der IT-Branche seien die Menschen sowieso eher introvertiert. Seine Frau und seine Freunde vermisse er dennoch. Durch die körperlichen Aktivitäten im Wald komme Kalinin besser mit den Nachrichten und den Sorgen klar: "Das ist irgendwie einfacher zu ertragen". Und er ist auch überzeugt, dass es ihm besser gehe als den eingezogenen Männern. Und er "sehe keinen Nutzen darin. Es ist offensichtlich, dass wir niemanden verteidigen, wir greifen an. Und das ist traurig."