Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Tagesanbruch Die Alternative wäre wohl schlimmer
Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,
das ewige Ampelhickhack nervt. Kein Wunder, dass die Koalition und ihre Chefs umfrageseitig am Boden liegen. Vom Bauer über den Häuslebauer bis zum Bauarbeiter hat fast jeder etwas an der Bundesregierung auszusetzen. Beim Gedanken daran, dass diese Mannschaft noch zwei Jahre lang so weiterwurschteln soll, stellen sich vielen Bürgern die Nackenhaare auf. Doch wie immer im Leben ist auch in der Politik alles eine Frage der Alternative.
Wie also sähe die Alternative zur Ampel aus? Allzu viele realistische Szenarien gibt es nicht. Ein Bundeskanzler Friedrich Merz, dessen CDU keine Kompetenz und keinen Plan für die Bekämpfung der Klimakrise besitzt? Sie würden spätestens nach einem halben Jahr in ähnliche Bredouille geraten wie jetzt die Ampelleute – erst recht, wenn sie mit der Splitterpartei FDP koalieren müssten. Eine große Koalition aus CDU/CSU und SPD wie in den Merkel-Jahren, als man zwar eifrig internationale Krisen löste, aber hierzulande die Infrastruktur verlottern ließ, Energiewende und Migrationsprobleme verbummelte, während die Bürokratie immer wilder wucherte? Es wäre wohl der endgültige Stillstand.
Beflissene Leitartikler versuchen nun, den Umfragekönig Boris Pistorius ins Kanzleramt zu schreiben. Würden sie den Mann besser kennen, wüssten sie, dass der Boris sich eher beide Hände abhacken würde, als seinem Genossen Olaf in den Rücken zu fallen. Seine Loyalität ist legendär. Nein, da müsste schon Scholz von sich aus die Segel streichen, wozu er jedoch keinerlei Anstalten macht.
Im Gegenteil: Trotz der miserablen Umfragewerte und des öffentlichen Drucks wirkt der Kanzler im direkten Gespräch dieser Tage besonnen, selbstbewusst und zuversichtlich, die verbleibenden 20 Monate der Legislaturperiode besser zu bewältigen als die ersten beiden Jahre. Sogar ein kleines bisschen Selbstkritik zeigt er, was bei dem oberschlauen Hanseaten fast schon eine Eilmeldung wert ist. Dennoch stehen der Ampelregierung weitere Herausforderungen bevor: in der Ukraine, im Verhältnis zu Amerika, angesichts des drohenden Rechtsrucks in Ostdeutschland, in der Migrations-, Wohnungs- und Sozialpolitik, ganz zu schweigen von den Protesten auf den Straßen.
Was also ist wirklich dran am Abgesang auf die rot-grün-gelbe Regierung? Ist die Ampel womöglich doch am Ende? Niemand in unserer Redaktion kann das besser beurteilen als unser Politikchef Christoph Schwennicke, der die Bundespolitik seit vielen Jahren beobachtet und analysiert. Also haben Lisa Fritsch und ich ihn in unser Podcast-Studio eingeladen. Dort ist ein munteres und aufschlussreiches Gespräch entstanden, finde ich. Hören Sie bitte.
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Manchmal passt das Wetter ja zur politischen Lage. Ein bisschen heller und trockener dürfte es nun aber mal werden, auch das finde ich. Und wünsche Ihnen in diesem Sinne ein richtig schönes Wochenende. Der nächste Tagesanbruch kommt am Montag von unserem politischen Reporter Johannes Bebermeier.
Herzliche Grüße
Ihr
Florian Harms
Chefredakteur t-online
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Quellen im Podcast:
1. Ton CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann: ntv Frühstart
2. Ton Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/ Die Grünen): Deutschlandfunk