Nach Gedenkstätten-Zerstörung Historisches Bamiyan-Tal: Lassen Taliban künftig mehr Tourismus zu?
Vor mehr als 20 Jahren sprengten die Taliban weltberühmte Buddhafiguren im Bamiyan-Tal. Damals galt die Stätte den Kämpfern als blasphemisch. Jetzt könnten Aussagen von Taliban auf ein Umdenken hindeuten.
2001 ließen Taliban in Afghanistan weltberühmte Buddha-Figuren im historisch bedeutsamen Bamiyan-Tal in Zentralafghanistan sprengen – eine Zerstörung, die weltweit Bestürzung auslöste. Nun deuten Äußerungen von Talibankämpfern auf ein Umdenken hin. Vertreter der radikalislamischen Gruppierung sollen daran interessiert sein, den Ort mehr Menschen, vorrangig Archäologen – und gegen Geld – Touristen, zugänglich zu machen.
Zwar gibt es bereits Tourismus in dem von Höhlen mit bedeutenden Wandmalereien ausgestatteten Tal, dieser sei aber nach der neuerlichen Machtübernahme der Taliban zurückgegangen, schreibt die kanadische "National Post". Sie hat mit Talibankämpfern gesprochen, die die Zerstörung der buddhistischen Stätten verurteilen. Die Zeitung zitiert einen 44-jährigen Kämpfer mit Namen Kheyal Mohammad: "Dies ist die Identität unseres Landes. Sie hätte nicht bombardiert werden dürfen." Die Zerstörungen seien "achtlos" gewesen, die Denkmäler sollten "wieder aufgebaut werden."
Im Bamiyan-Tal gibt es auch Überreste von Synagogen und weitere Hindu-Artefakte. Die größten stehenden Buddha-Statuen der Welt hatten anderthalb Jahrtausende im Bamiyan-Tal überstanden. Dann kamen die Taliban – und zerstörten sie vor mehr als 22 Jahren.
"Buddhas für unsere Regierung von großer Bedeutung"
Der stellvertretende Kulturminister der Taliban, Atiqullah Azizi, sagte laut der Zeitung: "Bamiyan und insbesondere die Buddhas sind für unsere Regierung von großer Bedeutung, ebenso wie für die ganze Welt."
Ein Hinweis auf einen toleranteren Umgang mit anderen Religionen unter den extremistischen Taliban? Dafür spricht wenig. Wie die Zeitung weiter berichtet, verteidigt der Gouverneur der Provinz Bamiyan, Abdullah Sarhadi, den status quo. "Wir sind Muslime", sagte Sarhadi, der nach eigenen Angaben von den Vereinigten Staaten in Guantánamo Bay festgehalten wurde. "Wir sollten den Forderungen Gottes folgen." Er verteidigte demnach den Befehl zur Zerstörung der Buddhas als eine "gute Entscheidung".
Dennoch zeigt sich nun, dass die Taliban, die das Gebiet kontrollieren, den Ort als lukrative Einnahmequelle verstehen – und den Umgang mit dem nicht-islamischen Erbe offenbar pragmatischer angehen, als die vorherigen Kämpfer, die bis 2001 im Tal herrschten.
Mehr als 1.000 Wachen würden zum Schutz des kulturellen Erbes in ganz Afghanistan eingesetzt, berichtet die "National Post" weiter, sie würden auch den Verkauf von Eintrittskarten beaufsichtigen.
Eintrittsgeld: Umgerechnet wenige Cent bis Euro
Am Eingang der Stätte werde von Afghanen ein Eintritt von wenigen Cents verlangt, Ausländer zahlen umgerechnet ein paar Euro. Ein Souveniermarkt solle noch entstehen, berichtet die Zeitung weiter. Der Informationschef der regionalen Taliban zeigte sich demnach gegenüber der Tourismusidee aufgeschlossen, er könnte "zu einer bedeutenden Einkommensquelle werden".
Die Skepsis gegenüber den Taliban allerdings ist groß. Einen Besucher zitiert die "National Post" mit den Worten: "Sie sind Profis im Zerstören von Dingen", sagte er. "Nicht darin, sie wieder aufzubauen."
- nationalpost.com: "Cash-strapped Taliban selling tickets to ruins of Buddhas it blew up" (englisch)
- qantara.de: "20 Jahre nach der Sprengung der Buddha-Statuen von Bamiyan"