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Joseph Goebbels: Was Hitlers Lügenminister wirklich im Schilde führte


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"Wollt ihr den totalen Krieg?"
Was Hitlers Lügenminister wirklich im Schilde führte


Aktualisiert am 18.02.2023Lesedauer: 5 Min.
Joseph Goebbels: Mit seiner "Sportpalast-Rede" verfolgte der Propagandaminister eigene Interessen.Vergrößern des Bildes
Joseph Goebbels im Jahr 1934: Mit seiner Sportpalast-Rede verfolgte der Propagandaminister eigene Interessen. (Quelle: akg-images/dpa)
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Sie gilt als brillant und dämonisch: Am 18. Februar 1943 hetzte Joseph Goebbels im Berliner Sportpalast mit einer Rede zum "totalen Krieg". Tatsächlich suchte der Propagandaminister den Konflikt mit Adolf Hitler.

Fragen über Fragen hatte Joseph Goebbels am 18. Februar 1943 mit in den Berliner Sportpalast gebracht. "Ich frage euch", wandte sich der Propagandaminister an das Pubikum. "Wollt ihr den totalen Krieg?" Beifall von 15.000 Menschen brandete auf.

Das reichte Goebbels aber noch lange nicht: "Wollt ihr ihn, wenn nötig, totaler und radikaler, als wir ihn uns heute überhaupt erst vorstellen können?" Erneut lieferten die Zuhörerinnen und Zuhörer dem Oberpropagandisten des "Dritten Reichs", was er hören wollte: grenzenlose Zustimmung.

Rede in eigener Sache

Goebbels' Sportpalast-Rede gilt als eine Art "Meisterstück" nationalsozialistischer Rhetorik und Verführung, ohne Zweifel bösartig, menschenverachtend, aber auch auf verderbte Weise brillant. Als brillant empfand sich Hitlers Propagandaminister fraglos selbst. Diese Sichtweise teilte allerdings nicht jeder innerhalb der ersten Riege des NS-Regimes. Goebbels' Auftritt am 18. Februar 1943 diente deshalb auch und vor allem der Präsentation der eigenen Person.

Denn der Minister betrachtete nur eine Position innerhalb des NS-Staates als für sich passend – als zweiter Mann, gleich nach Adolf Hitler. Peter Longerich, einer der besten Kenner der Geschichte des Nationalsozialismus und Autor einer Biografie über Joseph Goebbels, beschreibt in seinem neuen Buch "Die Sportpalast-Rede. Goebbels und der 'totale Krieg'" pointiert und kenntnisreich die Hintergründe.

1897 im Rheinland geboren, machte Goebbels in Berlin Karriere – ausgestattet mit einem ausgeprägten Talent als Propagandist und von wenigen Skrupeln gebremst. 1926 avancierte er zum Gauleiter Berlins, bald war er bereits Reichspropagandaleiter der Nationalsozialisten. Den Höhepunkt seiner Karriere erreichte Goebbels dann 1933: Das Sprachrohr der NSDAP wurde Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda.

Viel erreicht, aber doch zu wenig. Denn für einen Mann mit einer solchen Psyche wie Goebbels war genug niemals genug. Ein "enormes Bedürfnis nach öffentlicher Anerkennung" attestiert ihm Peter Longerich. Und noch mehr: eine "nicht stillbare Sucht nach Bewunderung seines Genies durch seine Mitmenschen."

Voller Bewunderung für sich selbst

Goebbels war ein Mann, der sich nach jedem seiner durchweg von ihm selbst als bombastisch empfundenen Auftritte an den folgenden Lobhudeleien der deutschen Medien ergötzte. Kunststück, dass die Kritik einhellig begeistert war – immerhin wurde die Presselandschaft von Goebbels' eigenem Ministerium kontrolliert.

Wen Goebbels nicht zu kontrollieren vermochte, war Adolf Hitler, der Mann, dem der Agitator um jeden Preis gefallen wollte. Erfuhr Goebbels Lob vom "Führer", war seine Welt in Ordnung, ließ Hitler Missbilligung oder Distanz erkennen, waren "Selbstzweifel" und "Depression" die Folge, wie Longerich betont.

Zu Letzterem hatte Goebbels immer wieder Grund. 1934 ließ Hitler in der sogenannten Nacht der langen Messer die Spitze der SA ermorden, Goebbels war zuvor im Unklaren über die Pläne des "Führers" geblieben. So wie bei zahlreichen anderen Entscheidungen, die der Propagandachef anschließend wortreich der deutschen und internationalen Öffentlichkeit erklären musste.

Eine schwierige Situation für einen Mann, der oben in der Machtelite angesiedelt war, allerdings nicht ganz oben. Goebbels wollte seinen Stern steigen sehen, dabei half ihm die Tatsache, dass jener der Wehrmacht im Sinken begriffen war. Im August 1942 befahl Adolf Hitler eben dieser die Einnahme einer Stadt an der Wolga: Stalingrad. Die 6. Armee unter Friedrich Paulus war für die Aufgabe vorgesehen: Sie sollte bei dem Versuch untergehen.

Hitler unter Druck

Im Sommer 1942 war der "Führer" allerdings noch zuversichtlich, der Sieg erschien ihm als nahe. Goebbels war in diesem Punkt durchaus realistischer, unterließ übergroße Propaganda in dieser Hinsicht. Dem "Optimismus" über einen baldigen Sieg sagte er geradezu den Kampf an. Womit Goebbels richtig lag.

In Stalingrad wehrten sich die Soldaten der Roten Armee mit dem Mut der Verzweiflung, schließlich kesselten die sowjetischen Truppen die 6. Armee im November 1942 ihrerseits ein. Und auch aus Nordafrika wurden parallel statt Siegesmeldungen nur noch Fehlschläge gemeldet, das Deutsche Afrikakorps unter dem zum "Helden" erkorenen Generalfeldmarschall Erwin Rommel war im Rückzug begriffen, dann waren auch noch amerikanische und britische Soldaten in Algerien und Marokko gelandet.

Goebbels, unermüdlicher Vertreter von mehr "Härte" und einer "Totalisierung" des Krieges – wie Longerich hinweist –, sah nun den Augenblick gekommen, Hitler seine Auffassung näherzubringen. Was auch teilweise gelang. Ein "Führererlass" sollte Mitte Januar 1943 vor allem dafür sorgen, dass mehr, viel mehr Menschen, für Wehrmacht und Rüstungsindustrie zur Verfügung stünden.

Ein Ausschuss aus drei Männern sollte die Erreichung der Ziele des Erlasses verfolgen. So weit, so gut. Nur war Goebbels in diesem Gremium eher Geduldeter denn Meinungsführer, sah seine "totalen" Vorschläge der "Verwässerung" ausgesetzt. Was tat Goebbels also? Er wandte sich an Hitler. Dieser, unter dem Eindruck der sich in Stalingrad abspielenden Tragödie stehend, gab nach.

Glühender Antisemit

Die Zeichen standen gut für Goebbels, am 2. Februar 1943 hatte die 6. Armee, beziehungsweise was von ihr übrig war, in Stalingrad endgültig kapituliert. In Artikeln und einem Auftritt im Sportpalast am 30. Januar 1943 hatte er bereits immer wieder für den "totalen Krieg" getrommelt, die Rede vom 18. Februar 1943 sollte das große Finale werden.

Live wohnten ihr allerdings nur die wenigsten Deutschen bei. Im Zeitraum zwischen 17 und 19 Uhr wurde im Sportpalast aufgezeichnet, schreibt Peter Longerich, der Rundfunk schickte die wahrscheinlich berüchtigtste Rede des "Dritten Reichs" dann ab 20 Uhr über den Äther. Der Zufall war Goebbels' Sache nicht, weswegen das Publikum aus Männern und Frauen bestand, bei denen sicher war, dass sie freudig den Arm heben würden.

Infam und menschenverachtend, es gibt viele Adjektive, mit denen sich die Sportpalast-Rede beschreiben lässt. Der "totale Krieg" sei "das Gebot der Stunde", so Goebbels. So "total" wie möglich exekutierte Deutschland zu diesem Zeitpunkt etwa bereits den Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion und die Ermordung der europäischen Juden.

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"Das Judentum erweist sich hier wieder einmal als die Inkarnation des Bösen", benannte Goebbels die seiner Meinung nach Schuldigen, aus dem Publikum erklang der Ruf "Aufhängen!" Rund einer Viertelstunde ging Goebbels seiner antisemitischen Hetze nach, dann wandte er sich wieder dem Thema Krieg zu, wie Longerich schreibt. "Überlebende und Vernichtete" wären die beiden Gruppen, die es anschließend noch geben würde.

Joseph Goebbels sollte zu den Letztgenannten gehören. Am 1. Mai 1945 beging er zusammen mit seiner Frau Magda im umkämpften Berlin Suizid, auch den Tod der sechs Kinder hatte das Paar, das für seinen fanatischen Nationalsozialismus bekannt war, beschlossen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Peter Longerich: "Die Sportpalast-Rede. Goebbels und der 'totale Krieg'", München 2023
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