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Zu Tisch mit Diktatoren: Die Leibspeisen von Hitler, Stalin & Co.


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Gäste demütigen
Worauf Despoten wie Putin so richtig Appetit haben


Aktualisiert am 01.01.2023Lesedauer: 5 Min.
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Wladimir Putin: Russlands Präsident mag es zumindest kulinarisch "maßvoll". (Quelle: Alexei Druzhinin/Kremlin Pool via www.imago-images.de)
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Die einen Diktatoren mochten es deftig, die anderen eher frugal. Stalin betrieb an seiner Tafel auch besonders gern die Demütigung seiner Gäste, wie ein Buch verrät.

Eine Einladung zum Essen ist eine erfreuliche Angelegenheit – allerdings nicht, wenn der Gastgeber Josef Stalin heißt. Der sowjetische Diktator lud gerne zu Tisch, der angekündigte "Imbiss" artete allerdings häufig aus. Bis in die frühen Morgenstunden des Folgetages, ein zügelloses Besäufnis inklusive.

Denn an Stalins Tisch bestimmte nur einer die Regeln: Stalin. Der Despot liebte Trinkspiele, noch lieber nutzte er das gesellschaftliche Zusammensein allerdings für Machtspiele. Demütigung der Gäste selbstverständlich inklusive. Abstinenz war kein Entschuldigungsgrund, denn den obligatorischen Schluck nach einem Trinkspruch zu verweigern, wäre ein Affront gegenüber Stalin gewesen – mit dem man sich besser nicht anlegte.

Tito beging eine Verzweiflungstat

So verwunderte es niemanden, wenn während eines von Stalin veranstalteten Abendessens Geladene in den Garten hinaus wankten: um sich dort mehr oder wenig heimlich zu übergeben. Jugoslawiens Diktator Josip Broz Tito musste sich bei einer Gelegenheit allerdings schleunigst eine Alternative überlegen; und entledigte sich seines Mageninhalts kurzerhand in den eigenen Ärmel.

Doch wurde bei Stalin nicht nur gesoffen, sondern selbstverständlich auch gegessen. Denn die Sauferei bedurfte einer Grundlage in Form der Völlerei. Stalin, gebürtiger Georgier, hegte eine Schwäche für die Küche seiner Heimat.

Andere Despoten schwärmten wiederum für andere Gerichte. In ihrem Buch "Zu Tisch bei Diktatoren" listen die beiden Autorinnen Victoria Clark und Melissa Scott die "Lieblingsspeisen" von 26 Autokraten auf. Oder Gerichte, die diesen sehr nahekamen. Mithilfe zahlreicher Anekdoten und Fakten werden die betreffenden Gewaltherrscher einmal aus einer anderen Perspektive fassbar.

So findet sich im Buch das Rezept für Satsivi, ein georgisches Gericht mit Hühnchen, dem Stalin nicht abgeneigt war. Allerdings fand längst nicht jedes Nahrungsmittel den Weg in die Mägen seiner Gäste, wie Clark und Scott schreiben. Der Diktator, der ohne Gewissensbisse 1936 den sogenannten Großen Terror mit Abertausenden Toten auslöste, machte sich bei Festessen einen Spaß daraus, die Teilnehmer mit Tomaten zu beschmeißen. Wie ein kindlicher Rüpel am Esstisch.

Auch bei einem anderen Diktator ging es bei Tisch für die Gäste alles andere als entspannt zu. Adolf Hitler, der sich an vegetarische Gerichte hielt, konnte es nicht lassen, die Fleischesser an seiner Tafel als "Leichenfresser" zu betiteln. Allerdings verzichtete der Massenmörder keineswegs aus Gründen des Tierschutzes auf Fleisch.

Hitlers große Schwäche

Nein, um die Verdauung des "Führers" war es alles andere als gut bestellt, sein "Leibarzt" Theodor Morell "füllte" ihn aus diesem Grund zusätzlich zur fleischfreien Ernährung mit allerlei Mittelchen ab. Was Hitler aber an Fleisch verschmähte, machte er an süßen Speisen wieder wett. Der Diktator liebte Kuchen und Torten. Zu Beginn der 1930er soll der "Führer" allerdings durchaus einer anderen kulinarischen Schwäche nachgegangen sein: "gefüllte Tauben". Ein Rezept dafür nennen Clark und Scott in ihrem Buch.

Nicht alle Zutaten für "Diktatorengerichte" dürften aber so einfach zu bekommen sein, wie die bisher genannten. Hastings Kamuzu Banda, seit 1966 Präsident beziehungsweise Autokrat des afrikanischen Staates Malawi, mochte Mopane-Würmer. Wobei "Wurm" zoologisch gesehen falsch ist, handelt es sich doch um die Raupe eines Nachtfalters. In getrockneter Form hatte Kamuzu Banda stets welche zur Hand. Die Mopane-Würmer lassen sich aber nicht nur als Snack verzehren, sondern auch gekocht mit Sauce, wie man in "Zu Tisch bei Diktatoren" erfährt.

Etwas deftiger mochte es der bereits erwähnte Tito, dem bei Stalin einst ein ziemliches Malheur passiert war. Der Diktator Jugoslawiens war im Nebenberuf eine Art Unterhalter für allerlei Polit- und Filmprominenz, Italiens Megastar Sophia Loren bekochte ihn einmal. Womit? Pasta. Sie soll sehr gut gewesen sein.

Während Tito immerhin als guter Gastgeber galt, lässt sich das von Libyens Muammar al-Gaddafi nicht unbedingt behaupten. Gaddafi, der im Westen als Terrorfürst gefürchtet war, gab sich keinerlei Mühe, seine Darmwinde unter Kontrolle zu bringen. Im Gegenteil, Clark und Scott benennen den britischen Journalisten John Simpson als Kronzeugen dafür, dass Gaddafi seine körpereigenen Gasansammlungen bei Verhandlungen genau dann "eingesetzt" habe, wenn ihm das Gesagte besonders wichtig gewesen sei. Nun, ja.

Ist der Fisch frisch?

So schwierig Gaddafi als Gastgeber war, so unangenehm war er als Gast. 1989 schlug er sein Zelt, ja, wirklich ein Zelt, in Belgrad auf, seine Kamele waren auch dabei. Ohne die ging es einfach nicht, war der Diktator doch ein eifriger Konsument von Kamelmilch. Die wiederum für seine immensen Blähungen (mit)verantwortlich gewesen sein soll. Womit sich der Kreis in gewisser Weise schließt. Kamelfleisch mit Couscous findet sich übrigens als Rezept bei Gaddafi.

Als schwieriger Esser erwies sich auch Chinas Mao Zedong – und als Diktator und selbsternannter Ernährungswissenschaftler in einem. Chinas Langzeitdespot ließ sich ein Exemplar seines Lieblingsspeisefisches zu einer Gelegenheit einmal viele Hundert Kilometer hinterherfahren. Fisch muss eben frisch sein, das war schon so in Asterix' kleinem Dorf. Als Rezept findet sich bei Clark und Scott allerdings eher Fleisch statt Fisch, Hong Shao Rou, rot geschmorter Schweinebauch.

Nun kann ein Tyrann zwar kulinarisch aus dem Vollen schöpfen, aber unbeschwert genießen nicht. Denn immerzu fürchten Potentaten Giftmischer, vorgekostet wurde so etwa bei Adolf Hitler. Aber auch der irakische Diktator Saddam Hussein wollte verhindern, dass aus einer Mahlzeit möglicherweise schnell seine letzte werden würde. Deshalb wurde seine Nahrung nicht nur auf Gift untersucht, sondern auch auf nukleare Verseuchung.

Da Hussein eine recht ausgeprägte Paranaoia plagte, wechselte er zudem ständig den Aufenthaltsort. Praktischerweise besaß er zahlreiche Paläste. Weil er aber die Order erlassen hatte, dass seine Mahlzeiten bei Bedarf gefälligst binnen kürzester Zeit auf dem Tisch zu stehen hätten, standen allerorten die Köche in Alarmbereitschaft. Die wussten, was Saddam besonders gerne aß: gegrillten Karpfen.

Diktator mit Hang zum Fast Food

Idi Amin, der Uganda seit 1971 mit eiserner Faust beherrschte, wurden ganz andere Neigungen nachgesagt: Kannibalismus. "Ich mag Menschenfleisch nicht, es schmeckt mir zu salzig", verbat sich der Despot derartige Anschuldigungen, wie Clark und Scott zitieren. Gerüchte um Kannibalismus hin oder her, Amin terrorisierte sein Land aufs Übelste, als "Schlächter von Afrika" schrieb er traurige Geschichte.

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Um sich fit zuhalten, aß Amin täglich Orangen im Dutzend, er hielt sie zudem für eine Art Viagra. Am liebsten verspeiste er aber gebratenes Ziegenfleisch zusammen mit Maniokbrot und Hirse. Daneben sollen auch die örtlichen Filialen großer Fast-Food-Ketten in seinem saudischen Exil später nicht vor seinem Appetit sicher gewesen sein.

Diktatoren und ihr Essen – eine Tatsache wird auf dem kulinarischen Streifzug durch die Geschichte der Tyrannen deutlich: Es gab einerseits die hemmungslosen Prasser wie Mobutu Sese Seko aus Zaire, der sein Land auch mit gewaltigen Gelagen ruinierte, bei denen nur das Edelste vom Edlen auf den Tisch kam. Andererseits "kultivierten" manche Diktatoren einen Kult angeblicher Askese. Die Haushälterin von Portugals António de Oliveira Salazar musste ihm vor dem Essen auflisten, was Speis und Trank gekostet hatten.

Mäßigung bei den Ausgaben wie in Portugal hätten sich sicher auch so einige Teilnehmer bei den Gastmählern von Stalin gewünscht.

Was aber mag der aktuelle Machthaber Russlands gerne? "Unser Präsident ist sehr sportlich, er liebt gesunde Ernährung", zitierte die "Rheinische Post" 2004 den damaligen Kremlkoch Michail Schukow. "Maßvoll" gehe es unter Wladimir Putin zu, so auch mit Smoothie, Haferbrei und Wachteleiern, wie der "Spiegel" 2014 berichtete. Auch ein Eis wird beizeiten wohl nicht verschmäht.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Victoria Clark, Melissa Scott: "Zu Tisch bei Diktatoren. Die Lieblingsspeisen der Diktatoren", München 2021
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