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Waldbrände in MV | Lübtheen: Experte fordert Einsatz von Löschpanzern


"Verstehe ich nicht"
Experte will Waldbrände mit Panzern löschen

Von dpa, t-online, mam, lib

Aktualisiert am 13.06.2023Lesedauer: 5 Min.
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Rauch und Flammen am ehemaligen Truppenübungsplatz in Lübtheen. Der Einsatz gilt als schwierig. (Quelle: dpa)
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Dutzende Hektar Wald brennen in Mecklenburg-Vorpommern. Die Luftwaffe dementiert derweil Behinderungen der Löscharbeiten. Ein Überblick.

In Mecklenburg-Vorpommern geht der Kampf gegen anhaltende Waldbrände am zweiten Abend weiter. Insgesamt versuchten zuletzt rund 500 Einsatzkräfte die Brände auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz bei Lübtheen und auf dem ebenfalls munitionsbelasteten Militärgelände in der Viezer Heide bei Hagenow einzudämmen, sagte ein Sprecher des Landkreises Ludwigslust-Parchim der Deutschen Presse-Agentur. Einschließlich nachgeordneter Kräfte etwa für Logistik seien rund 800 Menschen im Einsatz.

Der Wind, der ein Ausbreitung der Flammen begünstigt, habe zum Abend hin wieder etwas nachgelassen. Der zuständige Brandmeister hatte am Nachmittag gesagt, man sei weder zufrieden noch unzufrieden.

Die drohende Evakuierung einer weiteren Ortschaft, Trebs, ist vorerst abgewendet. Trebs hat nach Angaben von Lübtheens Bürgermeisterin Ute Lindenau (SPD) – wie Volzrade – etwa 160 Einwohner. Man sehe von einer jetzigen Evakuierung ab, sagte der zuständige Landrat Stefan Sternberg (SPD) am Dienstagabend nach einer Lagebesprechung des Einsatzstabes. Die am Dienstag eingeleiteten Maßnahmen hätten gewirkt. Das heiße nicht, dass es grundsätzlich eine Entspannung gebe. Vielmehr habe man an den entsprechenden Flanken seine Hausaufgaben gemacht.

"Jede Detonation wie ein Katalysator"

"Jede Detonation wirkt wie ein Katalysator", hatte Landrat Stefan Sternberg (SPD) zuvor gesagt. Die Wärmebildkamera zeige nach jeder Explosion ein Hitzenest und Funkenflug, der vom Wind aufgenommen und weitergetragen werde. Der Abstand des Feuers zu Volzrade habe sich von 700 bis 800 Meter am frühen Morgen auf 500 Meter verringert. Behörden hatten die Häuser des Ortes bereits am Montagabend evakuiert. Rund 160 Menschen mussten die Nacht bei Freunden, Verwandten oder in der Turnhalle von Lübtheen verbringen.

"Air Defender 23" soll Löschhubschrauber behindert haben – Luftwaffe dementiert

Feuerwehrleute wässern nun den Waldboden vor Volzrade und versuchen so, die Flammen zu stoppen. Ein Hubschrauber mit Löschwasser aus der Luft für schlecht zugängliche Stellen musste zwischenzeitlich seine Flüge einstellen, weil Militärmaschinen der internationalen Luftwaffenübung "Air Defender 23" über dem Gebiet unterwegs waren. Seitens der Bundeswehr werde jetzt geklärt, dass ab sofort die Übungsflüge das Waldbrandgebiet meiden, sagte Sternberg. Noch breite sich das Feuer am Boden aus, gefürchtet werde ein Übergreifen auf die Kronen der Bäume.

Die Luftwaffe widersprach den Berichten jedoch. Ein Sprecher verwies am Dienstagnachmittag auf zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen, die für das Gebiet des Waldbrandes gelten. "Bei der für die Luftraumkoordination zuständigen Dienstelle in Kalkar wurden keine Anfragen zu Löscharbeiten der Bundespolizei abgelehnt", sagte der Luftwaffensprecher.

Sicherheitsgrenze von 1.200 Metern

Zur Sicherstellung der Flugsicherheit sei in den betroffenen Gebieten eine zusätzliche Sicherheitsgrenze von 4.000 Fuß – etwa 1.200 Metern Höhe – eingerichtet, die von Teilnehmern der Übung "Air Defender 2023" nicht unterflogen werden dürfe. Der Offizier sagte: "Unterhalb dieser Grenze besteht Freigabe für Löscharbeiten, Luftraumbeobachtung und Betankung."

Die Ursache für den Waldbrand ist nach Behördenangaben vermutlich durch die Selbstentzündung alter Weltkriegsmunition infolge der trockenheißen Witterung entstanden. "Wir gehen nicht von Brandstiftung aus", sagte Sternberg. Das werde aber letztlich durch die Brandermittler geklärt, betonte er.

Experte fordert den Einsatz von Löschpanzern

Unterdessen gehen die Löscharbeiten weiter, doch Experten warnen vor einer weiteren Eskalation der Lage. "Die Voraussetzungen dafür, dass der Waldbrand noch gefährlicher wird, sind da", sagt der Feuerökologe Johann Georg Goldammer zu t-online. "Vor allem der Wind kann dazu führen, dass sich das Feuer weiter ausbreitet."

Der international anerkannte Fachmann plädiert dafür, in Lübtheen Löschpanzer einzusetzen. Der Einsatz von Löschpanzern bei Waldbränden in munitionsbelasteten Gebieten sei sinnvoll – und das möglichst von Beginn an: "Wenn nicht gleich am Anfang solches Gerät eingesetzt wird, wird das Feuer größer und es wird immer schwieriger, dieses in den Griff zu bekommen", so der Wissenschaftler der Universität Freiburg.

Diese Löschpanzer sind Goldammers Angaben zufolge zwischen 2010 und 2014 entwickelt worden, in einem mit öffentlichen Mitteln geförderten Vorhaben. "Ich verstehe nicht, warum diese bei Bränden auf Flächen mit Munition nicht öfter eingesetzt werden." Aus Goldammers Sicht scheinen Kostenfragen dabei eine Rolle zu spielen.

Schwesig lobt "gewaltigen Krafteinsatz"

Auch in der Viezer Heide bei Hagenow – ebenfalls ein ehemaliges Militärgelände mit munitionsbelastetem Boden – hat sich ein Waldbrand über Nacht von 35 auf 45 Hektar ausgedehnt, sagte Landrat Stefan Sternberg (SPD). Es kam zu Detonationen. Am Dienstag soll ein Bergepanzer der Bundeswehr die Brandschutz-Schneisen in dem Gebiet verbreitern. In der Nähe wurde wegen starken Rauches ein allein stehendes Haus mit zwei Bewohnern evakuiert.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig besuchte am Dienstagmorgen das Waldbrandgebiet bei Lübtheen. Die SPD-Politikerin zeigte sich bedrückt von dem Großfeuer und lobte die Einsatzkräfte für ihre Arbeit. Die Löscharbeiten seien ein "gewaltiger Krafteinsatz", sagte sie. Hervorragend klappe der Einsatz der nach 2019 angeschafften Technik zur Bekämpfung großer Waldbrände in schwierigem Gelände. Diese seien rasch aus den umliegenden Landkreisen herangeschafft worden.

Oberstes Ziel sei es, dass keine Menschen zu Schaden kommen, das Feuer sich nicht weiter ausbreitet und dass der Ort Volzrade, der am Montagabend evakuiert wurde, unversehrt bleibt, sagte die Ministerpräsidentin. Am Montag waren bereits Umweltminister Till Backhaus (SPD) Innenminister Christian Pegel (SPD) eingetroffen.

Landrat Sternberg rief den Katastrophenfall für Lübtheen aus. Er sagte, man hoffe, dass die Panzerringstraße auf dem Truppenübungsplatz als Barriere für das Feuer halte. Die 30 Kilometer lange, vegetationslose Ringstraße, die den einstigen Truppenübungsplatz in Teilen umschließt, war nach einem ersten Großbrand dort 2019 verbreitert worden.

2019 größter Waldbrand in Mecklenburg-Vorpommern

Auf dem Truppenübungsplatz bei Lübtheen hatte es 2019 den bis dahin größten Waldbrand in Mecklenburg-Vorpommern auf fast 1.000 Hektar Fläche gegeben. Mehr als 3.000 Feuerwehrleute kämpften damals fast eine Woche lang gegen die Flammen. Von diesem Brand liege noch viel totes Holz im Wald, das massiv brenne, hieß es am Montag. Die Hitze des Feuers sei größer als 2019 und dringe tiefer in den Boden ein. Es detoniere alte Munition, wo man eigentlich nichts mehr vermutet habe.

Unterdessen kam es nach Angaben der Polizei zu zwei weiteren Bränden in dem Landkreis. Am Montagabend brach ein Feuer auf etwa einem Hektar Waldfläche nahe Crivitz und am Dienstagfrüh in einem Waldstück auf rund 6.000 Quadratmetern nahe Boizenburg aus. Beide Brände seien aber bereits unter Kontrolle, hieß es.

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Brände auch in anderen Regionen

Auch in anderen Regionen Deutschlands kam es in den vergangenen Tagen zu Waldbränden. In Hessen brach – ebenfalls am Montagnachmittag – am nordwestlich von Frankfurt gelegenen Berg Altkönig ein Waldbrand aus. Nach Angaben des Hochtaunuskreises gestalteten sich die Löscharbeiten wegen der Beschaffenheit des Geländes schwierig. Weitgehend eingedämmt war mit Stand Montag hingegen der Waldbrand bei Jüterbog südlich von Berlin. Das Feuer dort war Ende Mai auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz ausgebrochen.

Der Waldbrandgefahrenindex des Deutschen Wetterdienstes (DWD) zeigt seit Tagen alarmierende rote bis dunkelrote Flecken auf der Deutschlandkarte. Besonders groß ist die Gefahr im Nordosten, wo an vielen Orten die höchste Warnstufe fünf gilt.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Anfrage an den Feuerökologen Johann Georg Goldammer am 13. Juni 2023
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