Ungewöhnliches Verhalten Walbulle verblüfft Forscher – "wirklich beeindruckend"
Ein Buckelwal hat mit seiner Wanderung eine beachtliche Distanz von über 13.000 Kilometern zurückgelegt. Experten haben nun zwei Theorien für das seltsame Verhalten.
Erst Anfang November sorgte die ungewöhnliche Reise eines Kaiserpinguins für Schlagzeilen. Das Tier, das eigentlich in der Arktis zu Hause ist, war überraschend an einem Strand in Westaustralien aufgetaucht. Es hatte Tausende Kilometer zurückgelegt. Der erschöpfte Pinguin wurde schließlich von Tierschützern aufgepäppelt und später wieder in die freie Wildbahn entlassen.
Forschern zufolge folgte der Pinguin vermutlich einer Strömung aus der Antarktis nach Norden – geradewegs nach Australien. Die Tiere neigten dazu, bei der Nahrungssuche bestimmten Strömungen zu folgen, in denen das Angebot besonders groß sei.
Wal reist mehr als 13.000 Kilometer
Nun gibt es Berichte über eine weitere ungewöhnliche Reise eines Meeresbewohners: Ein Buckelwal hat laut Wissenschaftlern eine der längsten bekannten Wanderungen unternommen. Die Forschungsergebnisse wurden diese Woche im Fachjournal "Royal Society Open Science" veröffentlicht.
Der Meeressäuger wurde 2017 im Pazifik von einem Forschungsschiff vor Kolumbien gesichtet und tauchte einige Jahre später in der Nähe von Sansibar im Indischen Ozean auf – eine Entfernung von mindestens 13.000 Kilometern. Das ist nach Angaben der Wissenschaftler die Mindestentfernung der Route, wahrscheinlich sei sie aber noch viel größer.
Die Wissenschaftlerin Ekaterina Kalashnikova vom "Tanzania Cetaceans Program" sagte der britischen BBC, die Leistung des Wals sei "wirklich beeindruckend und selbst für diese weit wandernde Art ungewöhnlich". Wahrscheinlich handele es sich um die längste Distanz, die jemals von einem Buckelwal zurückgelegt wurde.
Buckelwale (Megaptera novaeangliae) leben in allen Ozeanen der Welt. Sie legen jedes Jahr weite Strecken zurück und haben eine der längsten Migrationsrouten aller Säugetiere: Sie schwimmen von tropischen Brutgebieten zu Nahrungsgründen in kühleren Gewässern. Doch die Reise dieses Bullen war den Experten zufolge auch ungewöhnlich, weil sie zwei weit voneinander entfernte Fortpflanzungsgebiete umspannte.
Was könnte hinter dem ungewöhnlichen Verhalten stecken?
Experten gehen davon aus, dass diese epische Reise auf die Erschöpfung der Nahrungsmittelvorräte durch den Klimawandel zurückzuführen sein könnte. Womöglich sehnte der Wal sich aber auch nach einer Partnerin und nahm deshalb die Odyssee auf sich. "Es könnte eine Suche nach einem Weibchen gewesen sein, da das Tier auf seiner Reise mehrere Populationen von Buckelwalen passierte", so Kalashnikova.
Der einen Theorie zufolge verändert der Klimawandel die Populationsdichte des winzigen Krills, von dem sich Buckelwale ernähren. Dadurch sind die Tiere gezwungen, auf ihrer Nahrungssuche längere Strecken zurückzulegen. Die andere Erklärung ist weitaus hoffnungsvoller: Die Wale könnten neue Fortpflanzungsstätten erkunden, da sich ihre Populationen aufgrund globaler Artenschutzbemühungen erholen.
"Die genauen Ursachen sind unbekannt, aber zu den treibenden Kräften könnten globale Klimaveränderungen, extreme Umweltereignisse und evolutionäre Mechanismen der Arten gehören", sagte Kalashnikova.
Fotos von Schwanzflossen dienen als Beweis
Der umherwandernde Bulle gehörte zu einer Gruppe von Buckelwalen, die 2013 von einem Forschungsschiff an der Pazifikküste Kolumbiens aus fotografiert wurden. 2017 wurde er dann in einem ähnlichen Gebiet identifiziert – und 2022 vor Sansibar.
Die Erkenntnisse der Studie basieren auf Hunderttausenden von Walfotos, die von Forschern, Walbeobachtern und der breiten Öffentlichkeit an die Citizen-Science-Website "happywhale.com" übermittelt wurden. Die Datenbank nutzt künstliche Intelligenz, um die individuellen Formen und Muster der Schwanzflossen von Buckelwalen miteinander abzugleichen und so ihre Bewegungen rund um den Globus abzubilden.
- bbc.com: Whale makes epic migration, astonishing scientists (englisch)
- royalsocietypublishing.org: Interbreeding area movement of an adult humpback whale between the east Pacific Ocean and southwest Indian Ocean (englisch)
- cnn.com: "Emperor penguin turns up on Australian beach, thousands of miles from home" (englisch)
- happywhale.com