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Kaffee-Krise: Die älteste Barista Italiens trotzt dem Nachwuchsmangel


Von morgens bis abends
Hundertjährige arbeitet seit 50er-Jahren jeden Tag – ohne Urlaub

Von t-online, dpa
Aktualisiert am 10.03.2025 - 16:28 UhrLesedauer: 3 Min.
Anna Possi hinter ihrer geliebten Kaffeetheke: Auch noch mit 100 Jahren geht sie ihrer Leidenschaft nach - in einer Brache der es an Nachwuchs fehlt.Vergrößern des Bildes
Anna Possi: Die 100-jährige Barista hat eine große Leidenschaft für Kaffee. (Quelle: Christoph Sator/dpa/dpa-bilder)
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Kaffee und Italien lassen sich schwer voneinander trennen, doch dem Land fehlt der Nachwuchs in der Branche. Nonna Anna steht auch mit 100 Jahren jeden Tag noch an der Maschine und wahrt die Tradition.

Mit ihren 100 Jahren ist Anna Possi, die liebevoll als Nonna Anna bekannt ist, eine lebende Legende in Nebbiuno, einem malerischen Dorf oberhalb des Lago Maggiore. Seit 1958 betreibt sie unermüdlich ihre "Bar Centrale", die sie jeden Morgen um sieben Uhr öffnet und im Winter bis abends um sieben und im Sommer bis neun Uhr führt – 365 Tage im Jahr.

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Im November feierte Nonna Anna ihren hundertsten Geburtstag, was sie zur ältesten Kaffeebar-Besitzerin Italiens macht. Diese Auszeichnung steht stolz auf einem Schild rechts vom Eingang ihrer Bar: "La barista più longeva d’Italia". Doch der Stolz über diese lange Tätigkeit birgt auch ein Problem: In Italien gehen den traditionellen Kaffeebars zunehmend die Nachfolger aus.

Nur noch rund 132.000 Kaffeebars zwischen Südtirol und Sizilien

Nach Angaben des nationalen Hotel- und Gaststättenverbands Fipe gibt es zwischen Südtirol und Sizilien derzeit noch rund 132.000 Kaffeebars, vor zehn Jahren waren es noch 20.000 mehr. Die Ursachen für diesen Rückgang sind vielfältig: lange Arbeitstage von zwölf bis vierzehn Stunden, niedrige Löhne, hohe Mieten und nun auch gestiegene Rohstoffpreise für Kaffee machen den Beruf des Baristas für junge Menschen wenig attraktiv.

Dabei sind die Kaffeebars tief in der italienischen Alltagskultur verankert. Morgens einen Caffè (in Deutschland als Espresso bekannt) oder einen Cappuccino, mittags ein oder zwei weitere Tassen und abends den Aperitivo – ob in Großstädten oder kleinen Dörfern, die Menschen treffen sich dort zum Reden und geselligen Beisammensein.

Nonna Anna: "Das ist mein Leben"

Auch Nonna Annas "Bar Centrale" ist ein wichtiger Treffpunkt in Nebbiuno. Obwohl sie offiziell seit 1984 im Ruhestand ist, steht sie weiterhin täglich hinter der Theke. "Aber warum sollte ich aufhören? Meine Bar ist für mich so viel mehr als Arbeit. Das ist mein Leben", erklärt sie entschlossen.

Ihr letzter Urlaub liegt weit zurück – acht Tage Paris in den 1950er-Jahren. Nach dem Tod ihres Mannes René – er starb vor etwa einem halben Jahrhundert an einem Herzinfarkt – führte sie das Geschäft alleine weiter. Manchmal hilft ihre Tochter Cristina aus, die gegenüber im Rathaus arbeitet und auch über der Bar wohnt. Ihr Sohn lebt jedoch in Mailand, und die Enkelinnen sind ebenfalls ausgezogen.

Die Hundertjährige hat nur eine kleine Rente

Nonna Anna verdient nicht viel Geld mit ihrer Bar. Ein Caffè kostet bei ihr 1,20 Euro, ein Cappuccino 1,50 Euro. An weniger besuchten Tagen hat sie manchmal nur 40 Euro in der Kasse am Abend. Ihre Rente beträgt lediglich 590 Euro monatlich. "Aber ich brauche nicht viel. Wichtig ist, dass ich unter Menschen bin. Dann geht es mir gut", sagt sie pragmatisch.

Ihre Gesundheit scheint bemerkenswert stabil zu sein, wie sie selbst erzählt: "Der Kopf macht noch mit und die Knochen auch." Arztbesuche liegen Jahre zurück. Eine Brille braucht Nonna Anna nicht, wohl aber ein Hörgerät, das angeblich immer kaputt ist. An Medikamenten nimmt sie nur eine halbe Tablette gegen Bluthochdruck täglich: "Man muss dem Doktor nicht alles glauben."

Nebenbei holt die Seniorin ihr Strickzeug hervor

Große Pläne für die Zukunft hat Nonna Anna keine mehr: "Früher wollte ich immer noch einmal nach Paris. Aber daraus wird wohl nichts." Mit einem verschmitzten Lächeln fügt sie hinzu: "Nicht schlimm: Die Franzosen können ohnehin keinen Kaffee."

Die Zukunft ihrer geliebten "Bar Centrale" sieht Nonna Anna realistisch und ohne Illusionen: "Wenn ich nicht mehr bin, ist auch meine Bar nicht mehr." Zwischenzeitlich hatte sie gehofft, dass ihre Tochter das Geschäft übernehmen würde, doch diese hat anders entschieden. Mit diesen Worten holt Nonna Anna wieder ihr Strickzeug hervor – eine Routinehandlung einer Frau voller Hingabe zu ihrem Lebenswerk.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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