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Japan: Jahrzehnte in Einzelhaft – 88-jähriger Todeskandidat freigesprochen


Zum Geständnis gezwungen
Fast 50 Jahre Einzelhaft in Todeszelle: 88-Jähriger freigesprochen

Von t-online, mtt

Aktualisiert am 26.09.2024 - 13:00 UhrLesedauer: 2 Min.
Iwao Hakamada kurz vor dem Freispruch: Der ehemalige Boxer saß Jahrzehnte lang in der Todeszelle.Vergrößern des BildesIwao Hakamada kurz vor dem Freispruch: Der ehemalige Boxer saß Jahrzehnte lang in der Todeszelle. (Quelle: Kyodo News/ap)

Fast fünf Jahrzehnte lang saß ein ehemaliger Boxer in einer Todeszelle. Die Zeit hat ihn schwer gezeichnet. Jetzt steht fest: Damals wurden Beweise gefälscht.

Mehr als ein halbes Jahrhundert nach Verhängung der Todesstrafe gegen ihn ist ein 88-jähriger Japaner in einem Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen worden. Das Bezirksgericht im japanischen Shizuoka erklärte den früheren Boxer am Donnerstag für unschuldig. Iwao Hakamada gilt als der Häftling, der weltweit am längsten in einer Todeszelle saß.

Die Tat, wegen der Hakamata verurteilt wurde, ereignete sich im Jahr 1966. Zu diesem Zeitpunkt war er Mitte dreißig. Er hatte gerade seine Karriere als professioneller Boxer beendet und arbeitete in einer Fabrik.

Geständnis bei brutalen Verhören ohne Anwalt abgepresst

Als der Chef dieser Fabrik sowie drei Familienmitglieder, darunter zwei Kinder, ermordet im niedergebrannten Haus des Geschäftsführers gefunden wurden, geriet Hakamata unter Verdacht. Er wurde festgenommen und wochenlang verhört. Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatten ihn Beamte 20 Tage lang in die Mangel genommen, ohne dass ein Rechtsbeistand anwesend sein durfte.

So wurde Hakamata ein Geständnis abgepresst. Aber obwohl er es später widerrief und angab, man habe ihn bei den Verhören geschlagen und bedroht, diente das Geständnis 1968 als Grundlage für seine Verurteilung zum Tode. "Ich habe mit dem Fall nichts zu tun, ich bin unschuldig", schrieb er in einem Brief an seine Mutter – und entschuldigte sich dafür, dass er seiner Familie Ärger bereitet habe.

Gericht stellt fest: Es wurden auch Beweise gefälscht

1980 wurde das Todesurteil vom Obersten Gerichtshof bestätigt. Von da an dauerte es 27 Jahre, bis das oberste Gericht seinen ersten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ablehnte. Seinen zweiten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens legte seine Schwester 2008 ein.

2014 ordnete dann ein Bezirksgericht überraschend an, dass Hakamada einen neuen Prozess bekommen müsse. Bis zur Wiederaufnahme des Prozesses wurde er freigelassen.

Jetzt fiel das Urteil: Demnach sind beim ersten Prozess auch Beweise fingiert worden, um Hakamada verurteilen zu können. Ermittler hatten damals Kleidung vorgelegt, an der angeblich Blutspuren von Hakamata sowie den Opfern hafteten. Einer neuen DNA-Untersuchung zufolge war das Hakamata zugeordnete Blut allerdings nicht von ihm.

"Manchmal kann ich nicht anders, als Gott zu verfluchen"

Die zumeist in Einzelhaft verbrachten fast fünf Jahrzehnte im Todestrakt haben Hakamata psychisch schwer zugesetzt. "Wenn ich jeden Abend in meiner stillen Einzelzelle schlafen gehe, kann ich manchmal nicht anders, als Gott zu verfluchen", hieß es in einem seiner Briefe an die Familie. "Ich habe nichts Unrechtes getan. Was für eine kaltblütige Tat, mir eine solche Grausamkeit anzutun."

Japan ist neben den Vereinigten Staaten die einzige große demokratische Industrienation, in der noch Todesurteile vollstreckt werden.

Verwendete Quellen
  • amnesty.de: "Iwao Hakamada"
  • Mit Material der Nachrichtenagentur AFP
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