Chefin des Hochverrats beschuldigt Miss-Universe-Wahl führt zu Unruhe in Nicaragua
Die Wahl einer Schönheitskönigin bringt das politische Regime Nicaraguas in Aufruhr. Von Hochverrat und Verschwörung ist die Rede.
Es klingt wie der Stoff für einen Agententhriller: Zwei Wochen nach der Wahl der Nicaraguanerin Sheynnis Palacios zur Miss Universe ist die Chefin der nicaraguanischen Sektion des Wettbewerbs, Karen Celebertti, von der nicaraguanischen Polizei des "Hochverrats" und der "Verschwörung" beschuldigt worden. Nicaraguanischen Medienberichten zufolge wurden Celeberttis Ehemann und ihr Sohn festgenommen.
Hintergrund sind die Proteste 2018 gegen Staatschef Daniel Ortega, die von den Sicherheitskräften gewaltsam niedergeschlagen wurden. Nach UN-Angaben starben mehr als 300 Menschen, über 200 wurden inhaftiert. Ortega ist seit 2007 ununterbrochen an der Macht. Kritiker werfen ihm vor, im Laufe der Jahre einen zunehmend repressiven Regierungsstil entwickelt zu haben. Sowohl Palacios als auch Calebertti und ihre Familien sollen damals an den Protesten beteiligt gewesen sein.
Erst Feiern, dann Putschvorwürfe
Als Sheynnis Palacios zur neuen Miss Universe gekürt wurde, gab es erstmals wieder große Feiern auf den Straßen, bei denen viele Menschen die Nationalhymne sangen und die Nationalflaggen schwenkten. Es waren die größten öffentlichen Versammlungen im Land, seit die Behörden vor fünf Jahren alle Demonstrationen der Opposition verboten hatten.
Auch die Regierung gratulierte Palacios – bis bekannt wurde, dass die heute 23-Jährige 2018 an regierungskritischen Protesten teilgenommen hatte. Entsprechende Fotos hatte sie auf einem inzwischen gelöschten Facebook-Profil geteilt. Regierungsgegner erklärten sie daraufhin zu einem Symbol der Hoffnung und des Widerstands.
In der Regierung sorgte das für Aufregung: Vizepräsidentin (und Ortegas Ehefrau) Rosario Murillo wetterte in einer Sendung über "Putschisten", die gezielte Provokationen im Rahmen der Miss-Universe-Wahl geplant hätten. Wie die Zeitung "The Guardian" berichtete, verhaftete das Regime einen TikToker, der Palacios gegen offizielle Kritik verteidigte, und zwang zwei Künstler, ein Wandbild zu übermalen, das sie zu ihren Ehren in der Stadt Estelí begonnen hatten.
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Celebertti darf nicht wieder einreisen
Ob Palacios wieder nach Nicaragua einreisen darf, ist unklar. Das gilt auch für die Miss-Nicaragua-Direktorin Karen Celebertti (siehe Instagram-Post oben), die sie begleitet hat. Der Wettbewerb fand im zentralamerikanischen El Salvador statt. Celeberttis Aufenthaltsort war zunächst unklar. Die nicaraguanische Schriftstellerin Gioconda Belli, die in Spanien im Exil lebt, hatte vor einer Woche berichtet, die nicaraguanischen Behörden hätten Celebertti die Wiedereinreise in ihr Heimatland untersagt. Das Regime behaupte, sie, ihr Sohn und ihr Ehemann hätten aktiv an den "terroristischen Handlungen des gescheiterten Putschversuchs" von 2018 teilgenommen, teilte die nicaraguanische Polizei am Freitag (Ortszeit) mit.
Celebertti sowie ihr Mann und Sohn hätten seither weiterhin in Verbindung zu "Exponenten des Verrats am Vaterland" gestanden, so die Behörden. Sie hätten die Plattformen des Schönheitswettbewerbs für "politische Hinterhalte" nutzen wollen, "die von ausländischen Agenten finanziert werden".
Palacios habe bisher keinen Kommentar abgegeben, schreibt die "New York Post".
- Mit Material der Nachrichtenagentur afp
- Instagram-Profil von Karen Celebertti (@karencelebertti)
- theguardian.com: "Nicaragua’s Miss Universe emerges as symbol of defiance against Ortega regime" (Englisch)
- nypost.com: "Miss Nicaragua pageant director charged with running ‘beauty queen coup’ plot: police"