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Öl-Anschlag auf Berliner Museen: Was haben Attila Hildmann und Co. damit zu tun?


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Beschädigte Kunstwerke
Attacke auf Museumsinsel – waren es Verschwörungsanhänger?


Aktualisiert am 23.10.2020Lesedauer: 4 Min.
Attila Hildmann: Auf den Treppen vor dem Alten Museum hielt er zeitweise Ansprachen. Hildmann hat viele Sichtweisen aus der QAnon-Bewegung übernommen. Dort kursiert auch der Glaube, manche alte Kulturschätze wie der Pergamonaltar seien Teil satanistischer Riten.Vergrößern des Bildes
Attila Hildmann: Auf den Treppen vor dem Alten Museum hielt er zeitweise Ansprachen. Hildmann hat viele Sichtweisen aus der QAnon-Bewegung übernommen. Dort kursiert auch der Glaube, manche alte Kulturschätze wie der Pergamonaltar seien Teil satanistischer Riten. (Quelle: Screenshot YouTube/Jüdisches Forum)

Dutzende Kunstwerke von unschätzbarem Wert sind in Berlin beschädigt worden. Zuvor hatte unter anderem Attila Hildmann zu Angriffen aufgerufen. Besteht ein Zusammenhang?

Nach den Attacken am 3. Oktober auf Kunstwerke und Antiken auf der Berliner Museumsinsel ermittelt die Polizei in alle Richtungen. Einen Zusammenhang der beschädigten Objekte konnten die Ermittler bisher nicht ausmachen. Es steht aber eine Frage im Raum: Haben die absurden Verschwörungsideologien der QAnon-Bewegung dazu geführt, dass Unbekannte Hass auf historische Kunstwerke ausleben? Der Name Attila Hildmann taucht auf, und der frühere TV-Koch ist bereits voll darauf angesprungen. Nach dem Bekanntwerden der Übergriffe postete er am Mittwoch zahlreiche Archivtexte. Sie sollen offenbar als Beleg dienen, dass Berlin eine Hochburg des Satanismus ist.

Sichtbare Flecken auf 70 Objekten

Hildmann ist Teil einer Szene, die offenbar Kunstwerke auf der Museumsinsel für Kultstätten der Satanisten hält, die es zu bekämpfen gilt. Von den Beschädigungen teils Jahrtausende alter Werke distanzierte er sich in keinem Beitrag. Insgesamt sind nach Angaben von Christina Haak, stellvertretende Generaldirektorin Museen, 63 Objekte in den Standorten Neues Museum, Pergamonmuseum und Alte Nationalgalerie betroffen, darunter drei oder vier Leihgaben. Ein Gesamtschaden könne erst nach Ende der Restaurationsarbeiten benannt werden. Am besagten 3. Oktober waren die Kunstgegenstände mit einer farblosen, nicht ätzenden und öligen Flüssigkeit bespritzt worden. Sie hat sichtbare Flecken hinterlassen.

Hildmann hatte in den vergangenen Wochen unter anderem geschrieben: "Hier machen sie nachts ihre Menschenopfer und schänden Kinder." Der frühere TV-Koch steht mit den abwegigen Annahmen zur Bedeutung der Kulturschätze aber nicht allein.

In der QAnon-Bewegung hat sich in den vergangenen Monaten die Annahme verfestigt, dass der Altar für vermeintliche satanistische Eliten eine zentrale Rolle spielt. Bereits Anfang April hatte es in deutschen Kanälen Aufrufe gegeben, sich über den Pergamon-Altar zu informieren. Der n-tv-Artikel "Der Satan wohnt in Berlin" aus dem Jahr 2006 lieferte dazu einen ersten Anstoß.

Pergamonaltar als Zugang in die Unterwelt

Verbreitet wurde nun etwa, als angeblicher "Thron des Satans" in der Johannes-Offenbarung sei der Altar der Zugang zu unterirdischen Gängen. QAnons sind besessen von dem Gedanken, dass eine globale Elite unterirdisch Kinder für ihre Rituale gefangen hält. "Das Ding muss weg", schrieb schon im April eine Nutzerin.

Das ist der Pergamonaltar
Der Pergamonaltar ist eine der wichtigsten Hinterlassenschaften der griechischen Antike. Im 2. Jahrhundert vor Christus hatte ihn Eumenes II. als König von Pergamon (in der heutigen Türkei) errichten lassen. Im 19. Jahrhundert wurden wiederentdeckte Reste des Altars nach Berlin gebracht. Eigens dafür wurde das Pergamonmuseum auf der Museumsinsel errichtet. Das berühmte Hochrelief zeigt etwa, wie die griechischen Götter gegen die Giganten kämpfen. Anders als es in Verschwörungstheorien behauptet wird, bestand der Zweck des Pergamonaltars nicht in der Opferung von Menschen.

Hildmann ist also nicht Ursprung des Hasses auf die Jahrtausende alten Kulturzeugnisse, sondern hat das nur aufgesaugt und weitergegeben. Er ist auch nicht der einzige prominente Verstärker. Xavier Naidoo hatte das Pergamonmuseum am Tag der zweiten großen Querdenker-Demo am 29. August "Botschaft der Hölle" genannt und es ohne weiteren Kommentar zusammen mit Russischer und Amerikanischer Botschaft genannt. Vor den Botschaften von USA und Russland hatten Reichsbürger und QAnon-Anhänger demonstriert und um "Hilfe" gebeten.

Hildmann selbst hatte am 27. August nachts auf der Museumsinsel ein Video aufgenommen: "In Berlin trifft sich die internationale Satanistenszene." Tage zuvor hatte er einen Screenshot einer Nachricht mit dem Vorschlag verbreitet, er solle die Leute zum "Baal Tempel" führen und ihn zerstören. Das ist inzwischen gelöscht.

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Der Pergamonaltar ist derzeit wegen Sanierung und Erweiterung bis 2023 nicht für die Öffentlichkeit zugänglich, für Hildmann war das aber nur ein weiteres Indiz.

"Hinterlassenschaften für alle Zeit vernichten"

Detaillierte Aufrufe, die Kunstwerke zu attackieren, konnte t-online in QAnon-Kanälen nicht finden. Aber Facebook etwa hat in den vergangenen Wochen große Seiten und Gruppen von QAnon gelöscht. Auf Telegram postete am Freitag, also noch vor Bekanntwerden der Attacke auf die Kunstwerke, ein QAnon-Kanal: "Die Satanisten werden jetzt restlos ausgerottet und ihre Hinterlassenschaften wie der Pergamon Altar und die unzähligen Obelisken weltweit werden für alle Zeit vernichtet."

Das ist nicht weit entfernt vom fanatischen Zerstörungswillen des selbsternannten "Islamischen Staats" (IS) – und da gibt es auch Anknüpfungspunkte. Ein Beispiel ist die Sichtweise auf vom "IS" gesprengtes Weltkulturerbe in der antiken Ruinenstadt Palmyra. Nach der Sprengung gab es Pläne, in New York am Times Square einen 15 Meter hohen Torbogen des Baalstempels nachzubauen. Der Sender kla.tv der OCG-Sekte kritisierte diese: Dabei könne es in Wahrheit um eine "Manifestation des Satanismus im christlichen Abendland" handeln. Der Beitrag aus dem Jahr 2016 tauchte in diesem Jahr in QAnon-Kanälen vielfach wieder auf, obwohl die Pläne zum Nachbau aufgegeben wurden.

QAnon-Anhänger war bewaffnet in Pizzeria gestürmt

Die Nähe der Wohnung von Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Pergamonmuseum wurde in der Szene auch als Beweis für Merkels Rolle in einer satanistischen Elite präsentiert. Zuletzt war das auch der früheren US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton nachgesagt worden. Ein QAnon-Anhänger war im Dezember 2016 in Washington, D.C. bewaffnet in eine Pizzeria gestürmt, in der Clintons Team Essensbestellungen aufgegeben hatte. Er war im Glauben, dort würden Kinder gefangen gehalten. Die widerlegte Theorie ist als "Pizzagate" bekannt geworden.

Es gab weitere Fälle, in denen QAnon-Anhänger aufgrund absurder Vorstellungen zur Tat schritten. In den USA hat das FBI sie als Terrororganisation eingestuft. Auch der Amokläufer von Hanau hing dem abwegigen QAnon-Glauben an, aus Kindern würde Adrenochrom gewonnen, eine Art Jungbrunnen-Elixier für eine Elite. Adrenochrom kann leicht im Labor hergestellt werden. Eine Verbindung von QAnons zu den Vorfällen in den Museen ist aber bisher Spekulation, belegt ist lediglich der Hass auf die vermeintlichen Symbole des Satanismus.

Hildmann selbst erhielt nach eigenen Angaben bereits Anfang September von der Polizei eine sogenannte Gefährderansprache wegen eines Aufenthalts vor dem Museum und in der Nähe von Merkels Wohnung. Hildmann hatte auf den Treppen des Alten Museums mehrfach Kundgebungen abgehalten. Als Folge reagierte das Museum mit einem Banner "Für Weltoffenheit und demokratische Werte. Gegen Rassismus, Antisemitismus, Nationalismus und Hetze."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Telegram
  • Stiftung Preussischer Kulturbesitz:
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