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Prozess um Messerattacke in Chemnitz: Zeuge lehnt Staatsanwalt ab


Verhandlung um Messerattacke
Chemnitz-Prozess: Zeuge lehnt Staatsanwalt ab

dpa, rew

Aktualisiert am 26.04.2019Lesedauer: 3 Min.
Alaa S. wird vor Verhandlungsbeginn Saal geführt: Der Angeklagte verfolgte den Prozess am fünften Tag ganz genau.Vergrößern des Bildes
Alaa S. wird vor Verhandlungsbeginn Saal geführt: Der Angeklagte verfolgte den Prozess am fünften Tag ganz genau. (Quelle: Robert Michael/ZB/dpa)

Überraschung im Prozess zum tödlichen Messerangriff auf einen Deutschen in Chemnitz: Ein Zeuge will nur aussagen, wenn der Staatsanwalt nicht dabei ist. Und auch ein anderer Zeuge bringt den Prozess ins Stocken.

Damit hat im Prozess zur tödlichen Messerattacke auf einen Deutschen in Chemnitz niemand gerechnet: Ein ehemals Tatverdächtiger will zu dem acht Monate zurückliegenden Angriff nur aussagen, wenn der Anklagevertreter nicht dabei ist. Im Verfahren vor dem Landgericht Chemnitz forderte der Mann in Dresden den Ausschluss von Staatsanwalt Stephan Butzkies von seiner Zeugenvernehmung.

In einer von seinem Anwalt verlesenen Erklärung begründete der 23-Jährige dies mit einer Strafanzeige gegen den Staatsanwalt wegen Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung sowie einem entsprechenden Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft Dresden.

Mit seinem unerwarteten Vorstoß brachte der Iraker Yousif A. den 5. Verhandlungstag erstmal ins Stocken. Der Mann, dessen Haftbefehl verbotenerweise durch einen inzwischen angeklagten und vom Dienst suspendierten Justizbeamten veröffentlicht worden war, behauptete, sich vor dem Staatsanwalt zu fürchten. "Ich fühle mich von dieser Person erheblich eingeschüchtert und verängstigt. Denn diese Person hat mir vor wenigen Monaten erhebliches Unrecht zugefügt", verlas Rechtsanwalt Ulrich Dost-Roxin die Erklärung seines Mandanten.

Die Kammer prüft jetzt den Antrag

Yousif A. hatte vom 27. August bis 18. September als Mitbeschuldigter in Untersuchungshaft gesessen. Der Haftbefehl sei "völlig grundlos, willkürlich und rechtswidrig" beantragt worden, ließ er erklären. Er betonte jedoch, aussagen und alle Fragen der Prozessparteien beantworten zu wollen – auch die der Staatsanwaltschaft, wenn ein anderer Anklagevertreter zugegen sei. Die Kammer unterbrach die Vernehmung. Sie wolle die Erklärung prüfen und dann eine Entscheidung treffen.

Der Angeklagte Alaa S. verfolgte das Geschehen bei Gericht aufmerksam. Bei der Vernehmung eines Landsmannes, der in einem Döner-Imbiss unweit des Tatortes arbeitet, lauschte er der Übersetzung der auf Deutsch gestellten Fragen durch den Dolmetscher konzentriert und registrierte die Übersetzungen mit Kopfnicken.

Die meisten Zeugen sagten zu dem flüchtigen Farhad A. aus

Über den Angeklagten äußerte sich der Syrer ebenso wenig wie fünf weitere Zeugen, die Gäste in dem Imbiss waren. Alle sechs aber sagten zu dem auf der flüchtigen Tatverdächtigen Farhad A. und Yousif A. aus, der in seiner Begleitung sein soll.

Der Döner-Verkäufer bezeichnete den Flüchtigen als "aggressiv und frustriert". Er habe die Deutschen beschimpft und unter anderem als Nazis bezeichnet. Diese bestätigten vor Gericht die Beschimpfungen. Yousif A. hingegen habe in sich gekehrt gewirkt. Einer der Zeugen habe diesen dann anhand seiner auffälligen Tarnjacke am Tatort erkannt.

Ein weiterer Zeuge musste aussagen

Für Aufsehen sorgte an diesem Verhandlungstag auch die Zeugenaussage eines Libanesen. Der 30-Jährige wurde zu seiner Zeugenvernehmung von drei Personenschützern begleitet und im Gerichtssaal bewacht. Der Mann hatte am vergangenen Verhandlungstag die Aussage zum Teil verweigert. Er hatte sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen, um sich nicht selbst zu belasten. Bei vorherigen Vernehmungen soll er unterschiedliche Angaben zum Tatablauf gemacht haben. Das Oberlandesgericht sprach ihm sein Recht, die Aussage zu verweigern, aber ab.

Er sei von mehreren Personen mit dem Tod bedroht worden, sagte der Libanese nun bei der Verhandlung. Eine Gruppe von sieben bis acht Männern habe ihm bei einem Treffen in einer Shisha-Bar gesagt, sie würden ihn umbringen und niemand würde das erfahren, übersetzte eine Dolmetscherin seine Aussage. Die Namen der Personen kenne er nicht. Seine Vernehmung wurde aus zeitlichen Gründen bis zum 20. Mai unterbrochen.


Seit dem 18. März muss sich ein Syrer wegen gemeinschaftlichen Totschlags vor dem Landgericht Chemnitz verantworten. Er soll zusammen mit einem auf der Flucht befindlichen Iraker am 26. August 2018 in Chemnitz einen Deutschen erstochen haben. Nach der Tat war es in der Stadt zu fremdenfeindlichen Übergriffen, rechten Demonstrationen sowie zu Anschlägen auf ausländische Restaurants gekommen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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