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Staufen-Prozess: Lange Haftstrafen für Mutter und Freund wegen Kindesmissbrauch


Freiburger Missbrauchsprozess
Opferanwältin: Die Mutter zeigte keine Reue

Von dpa, pdi

Aktualisiert am 07.08.2018Lesedauer: 3 Min.
Zwölfeinhalb Jahre Haft: Ein Justizbeamter führt die wegen Vergewaltigung, sexuellen Missbrauchs und Zwangsprostitution verurteilte Mutter in Handschellen ab.Vergrößern des Bildes
Zwölfeinhalb Jahre Haft: Ein Justizbeamter führt die wegen Vergewaltigung, sexuellen Missbrauchs und Zwangsprostitution verurteilte Mutter in Handschellen ab. (Quelle: Patrick Seeger/dpa)

Ein Kind wird vergewaltigt, im Internet angeboten und an weitere Täter verkauft. Die eigene Mutter hat dabei mitgemacht. Nun wurde sie verurteilt, Reue aber zeigte sie nicht.

In einem der bundesweit schwersten je bekannt gewordenen Fälle von Kindesmissbrauch müssen die Mutter des Opfers und ihr Partner viele Jahre ins Gefängnis. Die 48 Jahre alte Frau wurde am Dienstag vor dem Landgericht Freiburg zu zwölfeinhalb Jahren Haft verurteilt – wegen Vergewaltigung, sexuellen Missbrauchs sowie Zwangsprostitution ihres Sohnes. Ihr einschlägig vorbestrafter, 39-jähriger Lebensgefährte erhielt zwölf Jahre mit anschließender Sicherungsverwahrung.

Die Anwältin des jungen Opfers beklagte, dass die Mutter im Prozess weder Bedauern noch Reue erkennen ließ. "Ich hätte mir gewünscht, dass sie sich wenigstens abseits des Prozesses äußert oder sich schriftlich bei ihrem Kind entschuldigt und ihm wenigstens erklärt, warum sie das gemacht hat", sagte Katja Ravat nach der Urteilsverkündung. Dass die Mutter nun auf eine Revision verzichtet, wertete Ravat nicht als Zeichen von Einsicht. "Reue war das nicht", sagte sie.

Das Paar aus dem badischen Staufen hatte den heute Zehnjährigen mehr als zwei Jahre lang vielfach vergewaltigt und zur Prostitution gezwungen. Dafür wurde das Kind via Darknet, einem anonymen Bereich des Internets, auch an Männer aus dem In- und Ausland verkauft. Die beiden Verurteilten sollen insgesamt 42.500 Euro Schmerzensgeld an den Jungen sowie an ein weiteres Opfer, ein kleines Mädchen, zahlen.

Mutter aktiv beteiligt

Angeklagt waren zum Teil schwerste Sexualverbrechen an dem Jungen sowie Zwangsprostitution in jeweils etwa 60 Fällen. Den beiden Deutschen war dabei auch der Missbrauch einer Dreijährigen zur Last gelegt worden. Fast alle Taten waren gefilmt und auch im Darknet verbreitet worden. Die darauf gezeigten Taten und das Ausmaß des Falles hatten Ermittler an ihre Grenzen gebracht.

Ungewöhnlich war auch die Täterschaft: Dass eine Mutter Vergewaltigungen des eigenen Kindes nicht nur vertuscht und deckt, sondern sich am Missbrauch auch aktiv beteiligt und dafür verurteilt wird, kommt sehr selten vor. Die 48-Jährige hatte die Taten eingeräumt, über ihre Motive aber weitgehend geschwiegen. Der 39 Jahre alte Lebensgefährte gestand ebenfalls, sagte im Verlauf des achtwöchigen Prozesses aber auch ausführlich aus.

Auch die Behörden waren in die Kritik geraten. Sie hätten das Martyrium des Jungen möglicherweise zumindest früher beenden können. So hatte man sich vor einem Familiengericht nur auf die Mutter verlassen. Der Junge war nicht befragt worden.

Im Zusammenhang mit dem Fall waren sechs weitere Sexualstraftäter festgenommen und vor Gericht gestellt worden. Sie alle wurden zu langen Haftstrafen verurteilt; zum Teil mit anschließender Sicherungsverwahrung. Das Kind lebt inzwischen bei einer Pflegefamilie.

"Viele wachgerüttelt"

Die Sicherungsverwahrung verhängen Gerichte anders als die Haft nicht als Strafe, sondern als präventive Maßnahme. Sie soll die Bevölkerung vor Tätern schützen, die ihre eigentliche Strafe für ein besonders schweres Verbrechen bereits verbüßt haben, aber weiter als gefährlich gelten. Die Täter können theoretisch unbegrenzt eingesperrt bleiben. Die Bedingungen müssen deutlich besser sein als im Strafvollzug, außerdem muss es ein größeres Therapieangebot und Betreuung geben.

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung fordert, den Staufener Missbrauchsfall auch politisch aufzuarbeiten. "Baden-Württemberg sollte jetzt wirklich darüber nachdenken, eine Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen, die zu Veränderungen führt – zu einer gesetzlichen Fortbildungspflicht für Familienrichter zum Beispiel", sagte Johannes-Wilhelm Rörig im SWR-Tagesgespräch. Die Landesregierung müsse auch die Versäumnisse, die zu dem Fall geführt hätten, schonungslos ausleuchten.

"Auf jeden Fall sind viele wachgerüttelt worden durch den Missbrauchsfall Staufen, durch die Berichterstattung über die tiefen menschlichen Abgründe der Täter und auch der Mutter", sagte Rörig. "Ich glaube, viele sind jetzt sensibilisierter, wissen jetzt auch, dass Mütter Täterinnen sein können."

Verwendete Quellen
  • dpa, afp
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