Misslungene Hinrichtung in USA Selbst im Weißen Haus herrscht Entsetzen
Auch wenn das Weiße Haus sich vorsichtig ausdrückt: Die qualvolle Hinrichtung des Mörders Clayton Lockett hat offenbar auch die US-Regierung erschreckt. Sie entspreche nicht menschenwürdigen Standards, hieß es in einer offiziellen Stellungnahme.
"Wir haben einen grundsätzlichen Standard in diesem Land. Selbst wenn die Todesstrafe gerechtfertigt ist, muss sie human ausgeführt werden", sagte Regierungssprecher Jay Carney. "Jeder wird erkennen, dass dieser Fall diesem Standard nicht gerecht geworden ist." Eine Untersuchung des Justizministeriums werde es seiner Kenntnis nach aber nicht geben.
Obama hält Exekution im Fall Lockett grundsätzlich für angemessen
Es gebe zwar Belege, dass die Kriminalitätsrate in den USA durch die Todesstrafe nur bedingt gesenkt werde, sagte Carney. Präsident Obama glaube aber dennoch, dass die Todesstrafe bei einigen "abscheulichen" Straftaten angemessen sei. Das gelte auch für den Fall von Lockett, dessen Todeskampf nicht nur in den USA für Empörung sorgte.
Clayton Lockett, der eine 19-jährige Frau vergewaltigt und lebendig begraben hatte, war am Dienstagabend erst 43 Minuten nach einer tödlichen Injektion an einem Herzinfarkt gestorben. Seine Hinrichtung in der Haftanstalt von Oklahoma City wurde schon nach wenigen Minuten gestoppt, weil es Probleme mit der Giftinjektion gab und die Mittel nicht in den Blutkreislauf des Todeskandidaten gelangten - möglicherweise war dem Gefangenen eine Vene geplatzt.
Grauenvoller Todeskampf
43 Minuten nachdem die Justizbeamten ihm die nicht erprobten Giftmischung verabreicht hatten, habe Lockett dann einen Herzinfarkt erlitten. In der Zwischenzeit rang er nach Luft, bäumte sich auf und wand sich in einem grauenvollen Todeskampf vor Schmerz, wie Medien berichteten.
Die für etwa anderthalb Stunden später geplante Hinrichtung von Locketts Mitgefangenem Charles Warner wurde nach dem Vorfall um zwei Wochen verschoben. Der US-Bundesstaat hatte erstmals seit 80 Jahren zwei Hinrichtungen an einem Tag angesetzt.
"Clayton wurde zu Tode gefoltert"
Warners Anwältin Madeline Cohen erhebt schwere Vorwürfe gegen die Behörden. "Clayton Lockett wurde zu Tode gefoltert", erklärte die Juristin. Sie forderte eine Untersuchung und eine Obduktion. Ähnlich äußerte sich Antonio Ginatta von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch: "Die verpfuschte Exekution war nichts weniger als staatssanktionierte Folter."
Auch an Pressestimmen aus dem Ausland zeigt sich die Empörung: "Damit scheint der Bankrott der Todesstrafe in den USA so gut wie besiegelt zu sein, zumindest in moralischer Hinsicht. Der Staat Oklahoma setzte gegen besseres Wissen eine Hinrichtung mit einem nicht erprobten Mittel durch - und gegen ein anfängliches richterliches Verbot. Das Recht des Gefangenen auf einen schnellen und schmerzlosen Tod ... wurde durch den Staat wissentlich verletzt", kommentiert die niederländische Zeitung "NRC Handelsblad".
Und der britische "Independent" prophezeit: "Die entsetzte Reaktion auf diese Hinrichtung dürfte zur Folge haben, dass die Zustimmung zur Todesstrafe weiter zurückgeht. Seit Jahrzehnten ist sie bis auf das jetzige Niveau von 55 Prozent gesunken. Die öffentliche Meinung wendet sich gegen eine Form der Justiz, die extrem teuer (eine lebenslange Haftstrafe ist kostengünstiger) und rassistisch ausgerichtet ist. Der Mord an dunkelhäutigen Menschen wird nur selten mit dem Tod bestraft. Es gibt zunehmend mehr Politiker mit Ambitionen auf ein Regierungsamt, die zu Parteigängern der Gegner der Todesstrafe werden. Wenn Amerika diese barbarische Strafe abschafft, wird es zu einem zivilisierteren Land werden."
Mehrere Staaten suchen derzeit nach neuen Medikamenten, nachdem die Hersteller die bisher eingesetzten Mittel nicht länger an Gefängnisse verkaufen. Anwälte von Todeskandidaten dringen unter anderem darauf, dass die Herkunft der Medikamente offengelegt wird.