WhatsApp-Nachricht verrät Steenkamp hatte auch Angst vor Pistorius
Auch dieses Details spricht nicht für Oscar Pistorius: Knapp drei Wochen vor ihrem gewaltsamen Tod hat Reeva Steenkamp an den Blade Runner geschrieben, dass sie Angst vor ihm habe. Das geht aus einer Mobilfunk-Nachricht hervor, die nun im Prozess gegen Pistorius in Pretoria verlesen wurde.
"Ich habe manchmal Angst vor dir und wie du mich anblaffst und wie du auf mich reagierst", schrieb Steenkamp demnach über den Kurzmitteilungsdienst WhatsApp an ihren Freund. Pistorius wird vorgeworfen, in der Nacht zum 14. Februar Steenkamp nach einem Streit mit mehreren Schüssen durch die verschlossene Toilettentür in seinem Haus getötet zu haben.
90 Prozent der Nachrichten liebevoll
Ein Mobilfunk-Experte der Polizei, Francois Moller, las noch weitere Kurzmitteilungen des Paares vor. Er sagte, 90 Prozent der Nachrichten seien liebevoll gewesen. In einer langen Nachricht vom 27. Januar 2013 habe Steenkamp dem Sportler aber unter anderem vorgeworfen, dass er ständig auf ihr herumhacke. Pistorius wird ein schnell aufbrausendes Temperament nachgesagt.
Die Polizei hatte in Pistorius' Haus zwei iPhones, zwei Blackberries und zwei iPads gefunden und die darauf gespeicherten Nachrichten und Verbindungsdaten ausgewertet.
"Angsterfüllte" Schreie einer Frau
Zuvor hatte eine weitere Zeugin den Angeklagten mit ihrer Aussage belastet. Anette Stipp sagte aus, sie habe in der Tatnacht erst Schüsse und dann Schreie einer Frau gehört. Anschließend seien weitere Schüsse gefallen.
"Ich hörte drei, die sich für mich wie Gewehrschüsse anhörten. Nur Augenblicke nach den Schüssen hörte ich eine Frau schreien. Angsterfülltes, angsterfülltes Schreien", sagte Stipp. Mit ihrer Aussage stützte sie die Version früherer Zeugen, die erst Schreie, dann einen Schuss gefolgt von Angstschreien einer Frau und drei weiteren Schüssen gehört hatten.
Anwalt: Pistorius hat mit hoher Stimme geschrien
Die Verteidigung argumentierte, die Schüsse seien so schnell abgefeuert worden, dass Steenkamp keine Zeit mehr gehabt habe, zu schreien und ihren unterhalb der Knie amputierten Freund darauf aufmerksam zu machen, dass sie im Badezimmer war. Außerdem machten Pistorius' Anwälte geltend, dass der Angeklagte selbst "wie eine Frau" schreie, wenn er in Panik gerate.
Stipp beharrte im Kreuzverhör durch die Verteidigung jedoch darauf, dass nach der ersten Salve "ganz klar eine Frau" und "erst vor der zweiten Salve ein Mann" geschrien habe. Im Haus von Pistorius seien danach die Lichter angegangen, das Badezimmerfenster sei offen gewesen.
Insgesamt vier Schüsse abgegeben
Ein Ballistik-Experte der Polizei, Christiaan Mangena, hatte vergangene Woche ausgesagt, dass der erste Schuss die mit dem Gesicht zur Toilettentür stehende Steenkamp an der rechten Hüfte getroffen habe. Daraufhin sei sie nach hinten auf einen Zeitungsständer gefallen und habe ihre Arme sitzend oder halbsitzend vor dem Kopf verschränkt, um sich zu schützen.
Pistorius gab dem Experten zufolge noch weitere drei Schüsse ab, zwei Kugeln trafen die 29-Jährige in Arm und Schädel.
Prozess zieht sich bis in den Mai hinein
Stipp war eine der letzten Zeugen der Anklage. Die Staatsanwaltschaft will nach eigenen Angaben ihre Beweisaufnahme in dieser Woche beenden. Anschließend ist die Verteidigung an der Reihe mit der Präsentation von Zeugen.
Der Prozess dauert bereits länger als geplant und wird um sieben Wochen bis zum 16. Mai verlängert. Wie das Gericht in Pretoria bekanntgab, wird das Verfahren vom 24. März bis zum 4. April fortgesetzt und dann wegen Schließung des Gerichts für zehn Tage unterbrochen. Vom 14. April bis zum 16. Mai würden die Verhandlungen dann wieder aufgenommen. Ursprünglich sollte der Prozess nach drei Wochen am 20. März zu Ende sein.