Kriminalität Mord nach 32 Jahren geklärt: Der Dingo war's

Mehr als drei Jahrzehnte nach dem mysteriösen Verschwinden eines kleinen Babys in der australischen Wildnis ist unter den sogenannten "Dingo-Mordfall", der weltweit immer wieder für Schlagzeilen gesorgt hatte, ein Schlussstrich gezogen worden - wenigstens juristisch. Ein Gericht in Darwin hat jetzt entschieden: Der Dingo war's und nicht die Mutter, die jahrzehntelang verdächtigt wurde.
Ein oder vielleicht auch mehrere Dingos hätten die erst neun Wochen alte Azaria Chamberlain im August 1980 während eines Campingurlaubs aus dem Zelt ihrer Eltern geschleift und den Tod des Kindes verursacht. Die Beweislage für diese These sei "ausreichend, eindeutig, stichhaltig und fehlerfrei", erklärte die zuständige Untersuchungsbeamtin. Ein Dingo sei unter den "gegebenen Umständen" in der Lage, kleine Kinder anzugreifen, wegzuschleppen und zu töten.
Die blutige Kleidung der kleinen Azaria wurde nach ihrem Verschwinden in dem Gebiet um den Uluru - dem Steinmassiv in Zentralaustralien, das früher Ayers Rock hieß - entdeckt, das Baby selbst aber nie gefunden.
1982 verurteilt
Azarias Mutter Lindy behauptete von Anfang an, dass ein Dingo, so nennt man vor die Jahrtausenden verwilderten Haushunde, die vor allem in Australien vorkommen, ihr Kind verschleppt habe, während der Rest der Familie mit anderen Urlaubern bei einem Lagerfeuer gesessen habe. Doch ihre Darstellung wurde angezweifelt, schnell geriet sie selbst in Verdacht. 1982 wurde Lindy Chamberlain schließlich wegen Mordes verurteilt, ihr damaliger Mann Michael wegen Beihilfe.
Sechs Jahre später wurden die Urteile aufgehoben, nachdem ein weiteres Kleidungsstück des Kindes in der Nähe eines Dingo-Baus entdeckt worden war. Zudem entpuppten sich vermeintliche Blutspuren im Auto der Eltern als Schalldämpfer-Spray. Der Fall sorgte dennoch weitere 24 Jahre lang für Debatten darüber, wer schuld war: die Mutter oder der Dingo.
Film mit Meryl Streep
Der Fall inspirierte sogar die Filmfabrik Hollywood: 1988 kam die Verfilmung des Dramas als "A Cry in the Dark" (auch bekannt als "Evil Angels"; deutscher Titel: "Ein Schrei in der Dunkelheit") mit Meryl Streep in die Kinos. Das Schicksal der Familie wurde zudem in mehreren Büchern, Serien und selbst in einer Oper aufgegriffen.
Lindy Chamberlain-Creighton und ihr damaliger Mann Michael Chamberlain nahmen die Entscheidung der Untersuchungsbeamtin erleichtert auf. "Nicht länger wird man in Australien sagen können, dass Dingos nicht gefährlich sind und nur angreifen, wenn man sie provoziert. Wir leben in einem wunderschönen Land, aber es ist gefährlich", sagte die Mutter.
Endlich sei die Wahrheit besiegelt, ergänzte ihr Ex-Mann. Es sei ein "furchteinflößender Kampf" gegen die Justiz gewesen. 32 Jahre nach dem Verschwinden ihrer Tochter erhielten die Eltern nun einen berichtigten Totenschein.