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"Aktenzeichen XY": Als "Dr. Mord" erneut zuschlug | Erding


Bekannt aus "Aktenzeichen XY"
Der Arzt, der den Tod brachte

Von t-online, cat

Aktualisiert am 20.02.2025 - 10:43 UhrLesedauer: 4 Min.
ZDF-Moderator Rudi Cerne im Studio der Sendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst".Vergrößern des Bildes
ZDF-Moderator Rudi Cerne im Studio der Sendung "Aktenzeichen XY ... ungelöst". (Quelle: Sina Schuldt/dpa)
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Als die Ermittler den Leichnam von Anton F. auffinden, ahnen sie noch nichts von seinem Vermögen – und auch nicht, dass sein Mörder kein Unbekannter ist.

Ostermontag 2008 im Landkreis Erding. Der 48-jährige Anton Fanger telefoniert mit einem alten Schulfreund. Er klingt wie immer. Niemand ahnt, dass es das letzte Lebenszeichen des Mannes ist. Am nächsten Tag erscheint der Finanzbeamte nicht zur Arbeit. Kollegen fahren zu seinem Haus in Kirchasch bei Erding. Sie klingeln, rufen seinen Namen, doch erhalten keine Antwort. Die Polizei öffnet schließlich die Tür und findet Fanger, der tot in einer Blutlache liegt.

Er wurde aus nächster Nähe erschossen. Eine Patronenhülse liegt auf der Treppe. Doch etwas irritiert die Ermittler sofort: Draußen im Hof liegt eine Pumpgun, die nicht zur Hülse passt. Und auch ein Blutfleck in der Küche, der wie absichtlich platziert aussieht, wird im Verlauf der Ermittlungen die Aufmerksamkeit der Beamten wecken.

Falsche Testamente und wirre Spekulationen

Der 48-Jährige lebt zurückgezogen in einem heruntergekommenen Haus ohne Toilette. Lediglich ein Plumpsklo ist auf dem Hof zu finden. Doch die Beamten stellen schnell fest, dass der Finanzbeamte im Besitz eines großen Vermögens ist. Noch etwas fällt auf: Zwei Testamente, die Sonja S., eine Freundin und ehemalige Kollegin des Getöteten, als Alleinerbin einsetzen. Doch die Unterschrift des Opfers wirkt ungewohnt und wird als Fälschung identifiziert.

Die Ermittler suchen das Gespräch mit der schwangeren 36-Jährigen und deren Lebensgefährten, dem 62-jährigen Dr. Wolfgang R., einem Arzt. Dieser beschuldigt die kamerunische Mafia des Mordes, vor der Fanger Angst gehabt haben und deretwegen er sich eine Pumpgun besorgt haben soll. Die Glaubwürdigkeit der Geschichte wird jedoch massiv angezweifelt. Einen knappen Monat nach der Tat wird R. verhaftet. Auch Sonja S. landet in Untersuchungshaft und bringt während dieser Zeit sogar ihr Kind zur Welt.

Die düstere Vergangenheit des Dr. R.

Für die Beamten ist der Verdächtige kein unbeschriebenes Blatt: R. ist ein verurteilter Mörder. 1984 tötete er in seiner damaligen Praxis seinen Vermieter, indem er ihm ein Narkotikum injizierte und ihm ins Innere der Nase schnitt. Das dadurch in dessen Nase fließende Blut führte bei seinem Opfer schließlich zum Tod durch Ersticken. Danach legte R. Feuer. Sein Motiv: umgerechnet etwa 1,9 Millionen Euro von der Versicherung.

Doch der Mediziner wird gefasst, verbüßt für seine Tat 17 Jahre im Gefängnis. Trotzdem erhält er nach Verbüßung der Haftstrafe die Erlaubnis, wieder als Arzt arbeiten zu dürfen. In Augsburg baut er sich ein neues Leben auf. Dort lernte er Sonja S. kennen. Die beiden werden ein Paar – und Wolfgang R. trifft über sie auf Anton Fanger.

Falsche Spur, falsches Alibi und ein unerwarteter Anruf

Im Verlauf der Ermittlung bringt ein unerwarteter Anruf die Beamten auf eine neue Fährte. Ein Psychotherapeut meldet sich bei der Polizei. Er hat in der Zeitung von dem Mord gelesen und glaubt, den Täter zu kennen. Ein ehemaliger Patient habe ihm vor Jahren von einer "absolut sicheren Tötungsmethode" erzählt: ein Schuss von hinten durchs Auge. Es ist genau die Weise, auf die Anton Fanger ermordet wurde. Der Name des Patienten: Dr. Wolfgang R.

Auch Wolfgang R.s Alibi hält nicht lange. Seine Freundin Sonja S. sagt aus, er sei am Tattag bei ihr gewesen. Doch eine Nachbarin erinnert sich, ihn am Ostermontag mitsamt einer Tasche getroffen zu haben, wobei er alleine wegfuhr. Seine Behauptung ihr gegenüber, dass er ins Klinikum zu einer Operation müsse, stellt sich als Lüge heraus. Dort kennt niemand einen Dr. Wolfgang R. Obwohl sich die Ermittler sicher sind, auf der richtigen Spur zu sein, brauchen sie mehr harte Beweise. Denn niemand hat ihn am Tatort gesehen, die Tatwaffe wird nicht gefunden und auch DNA-Spuren oder Fingerabdrücke fehlen.

Am 17. September 2008 greift "Aktenzeichen XY... ungelöst" den Mordfall Anton Fanger auf. Die Ermittler hoffen, durch die Sendung weitere Hinweise zu erhalten, doch das entscheidende Detail bleibt aus. Dennoch rückt der Fall durch die mediale Aufmerksamkeit wieder in den Fokus, neue Zeugen melden sich, und die Ermittlungen gegen Wolfgang R. gewinnen an Dynamik.

 
 
 
 
 
 
 

Einen entscheidenden Schritt macht der Fall nach der Analyse des Blutflecks auf dem Küchentisch. Die Untersuchung ergibt, dass es nicht vom Opfer, sondern von einer Frau stammt. Da R. Arzt ist, hegen die Beamten den Verdacht, dass es aus seiner Praxis stammen könnte, woraufhin sie Patientenakten beschlagnahmen und 3.000 Frauen kontaktieren, die bei dem Mediziner in Behandlung waren. Die Vermutung erweist sich als richtig: Das Blut vom Tatort stammt von einer älteren Frau, welcher der 62-Jährige Monate zuvor Blut abgenommen hat. Der Arzt soll es gestohlen und bewusst verschüttet haben, um eine falsche Spur zu legen.

Doch Wolfgang R. bleibt sei seiner Unschuldsbehauptung, bezeichnet sich als Opfer eines Justizirrtums, wie schon in den 80ern. Ein psychiatrisches Gutachten beschreibt ihn als manipulativen Narzissten mit außergewöhnlicher Überzeugungskraft.

Er könnte wieder töten

Am 30. Januar 2009 wird schließlich Anklage gegen ihn erhoben. 30 Verhandlungstage wird die Kammer brauchen, um in diesem Indizienprozess ein Urteil fällen zu können. Wenige Monate später, am 25. August 2009, wird Wolfgang R., den die Ermittler intern auch "Dr. Mord" nennen, wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Wegen besonderer Schwere der Schuld ist eine vorzeitige Entlassung ausgeschlossen. Zudem wird Sicherungsverwahrung angeordnet.

Sonja S. wird ebenfalls angeklagt. Sie hatte ihrem Partner ein falsches Alibi gegeben. Doch das Gericht spricht sie vom Vorwurf der Beihilfe zum Mord frei. Zu einer eineinhalbjährigen Bewährungsstrafe wird sie dennoch wegen Urkundenfälschung und Betruges verurteilt.

Wolfang R. wird bis zu seinem Tod nicht mehr in Freiheit sein. Ohne Sicherungsverwahrung würde er um seinen 80. Geburtstag herum aus der Haft entlassen werden. Doch das Risiko, dass er im Anschluss wieder töten könnte, sei nach Einschätzung des Schwurgerichts einfach zu hoch.

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