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"Letzte Generation" unter Verdacht: Was ist eine kriminelle Vereinigung?


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Verdacht gegen Klimaschützer
"Letzte Generation": Was ist eine kriminelle Vereinigung?


16.05.2023Lesedauer: 3 Min.
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Eine Pressekonferenz der "Letzten Generation": Mittlerweile haben sich hunderte Menschen selbst angezeigt. (Quelle: IMAGO)

Ein Gericht sieht einen Anfangsverdacht darauf, dass die "Letzte Generation" eine kriminelle Vereinigung sein könnte. Sind die Klimaschützer also eine Art Mafia oder Terrorgruppe? Drei Fragen und Antworten.

Wenn die "Letzte Generation" darauf ausgerichtet ist, Straftaten zu begehen – ist sie dann eine kriminelle Vereinigung? Das Landgericht Potsdam hat vor Kurzem in einem Durchsuchungsbeschluss diesen Anfangsverdacht der Staatsanwaltschaft gegen die Klimaaktivisten erneut bestätigt. Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) schloss sich der Einschätzung an.

In deutschen Großstädten blockiert die "Letzte Generation" seit Monaten immer wieder die Straßen: Sie wollen die Politik damit zum Einlenken zwingen, die selbst beschlossenen Klimaschutzziele umzusetzen. Darauf war die Bundesregierung vom Verfassungsgericht verpflichtet worden. Voraussichtlich setzt Deutschland das Gesetz allerdings unzureichend um und wird die Ziele damit verfehlen. Das könnte die Lebensgrundlagen der Bevölkerung gefährden.

Die Klimaschützer sehen dadurch einen Notstand begründet, der ihre Blockaden rechtfertigt. Das Problem: Die konkreten Blockaden sind oft strafbar. Alle paar Tage wird beispielsweise in Berlin gegen Demonstranten verhandelt – häufig stehen am Schluss Verurteilungen wegen Nötigung oder Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Damit tun sich rechtliche Fragestellungen auf.

Was ist eine kriminelle Vereinigung?

Anders als der Name vermuten lässt, zielt der betreffende Paragraf 129 des Strafgesetzbuches historisch und praktisch nicht in erster Linie auf kriminelle Strukturen wie die italienische Mafia. Erstaunlicherweise ist seine Anwendung in Verfahren organisierter Kriminalität bis heute äußerst schwierig.

Der Paragraf zielt vielmehr auf politische Vereinigungen. Zur Anwendung kommt er meist in Fällen politisch motivierter Kriminalität, in denen sich Beteiligte etwa wegen einer gemeinsamen Ideologie zusammenschließen. Ziel des Paragrafen ist, nicht nur gegen die Straftaten selbst, sondern auch gegen ihre Organisation vorzugehen. Er wird in diesen Verfahren auch deswegen von Behörden gern herangezogen, weil er im Ermittlungsverfahren Eingriffe rechtfertigt, die andere Tatbestände nicht erlauben würden – beispielsweise die Telekommunikationsüberwachung.

Derzeit sind Linksradikale in Leipzig angeklagt, gemeinschaftliche Angriffe auf politische Gegner geplant und durchgeführt zu haben. Lina E. und ihre Mitangeklagten hatten sich als eine Art "Nazi-Jäger" verstanden. Wegen Angriffen auf Polizisten und politische Gegner wurde soeben auch Anklage gegen die Eisenacher Neonazi-Gruppe "Knockout 51" erhoben. In ihrem Fall sogar in Verbindung mit Gründung einer "terroristischen Vereinigung" – sie unterscheidet sich von der "kriminellen Vereinigung" durch die Schwere der geplanten oder bereits realisierten Straftaten.

Video | Video zeigt waghalsige Aktion auf Berliner Autobahn
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Quelle: t-online

Wie begründet sich der Verdacht gegen die "Letzte Generation"?

Immer wieder stellen Gerichte in Verfahren gegen Teilnehmer der Sitzblockaden der "Letzten Generation" fest, dass Straftatbestände erfüllt wurden. Das muss nicht zwangsläufig so sein: Grundsätzlich können Blockaden legal sein oder lediglich eine Ordnungswidrigkeit darstellen. Das hängt mitunter auch davon ab, wie sie organisiert sind – zum Beispiel könnten sie vorher angekündigt werden, damit Autofahrern die Möglichkeit haben, Alternativrouten zu wählen.

Im konkreten Einzelfall können aber auch Straftatbestände erfüllt sein. Es kann Nötigung sein, wenn Autofahrer gezwungen sind anzuhalten. Bei der Räumung der Blockaden durch die Polizei kann es zu strafbaren Widerstandshandlungen kommen. Auch ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr kommt in Betracht, wenn konkret nachgewiesen werden kann, dass Menschen durch die Blockade gefährdet wurden.

Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hat im Dezember Ermittlungen wegen konkreter Aktionen an Anlagen der Raffinerie PCK Schwedt aufgenommen, bei denen unter anderem die Ölzufuhr unterbrochen wurde. Es ist offenkundig und wird auch von der "Letzten Generation" nicht bestritten, dass die zum Teil strafrechtlich relevanten Aktionen von ihr organisiert wurden.

Ist es jetzt also offiziell? "Klimaterroristen"?

Nein. Die rechtlichen Einschätzungen gehen weiter auseinander. Die Staatsanwaltschaft in Berlin sieht derzeit keinen Anfangsverdacht auf Bildung einer kriminellen Vereinigung. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelt weiter, Gerichte haben bislang in lediglich zwei Instanzen den Anfangsverdacht bestätigt. Wie beschrieben ist der Tatbestand einer "terroristischen Gruppe" ohnehin deutlich von den derzeitigen Vorwürfen abgegrenzt.

Es ist auch noch unklar, gegen wen sich die Ermittlungen konkret richten und was das über den Anfangsverdacht aussagt. Derzeit wird laut Staatsanwaltschaft eine "niedrige, zweistellige Anzahl von Personen" verdächtigt. An den Straßenblockaden beispielsweise beteiligen sich aber weitaus mehr Menschen. Als Reaktion auf die Durchsuchungen im Dezember gingen laut Staatsanwaltschaft mehrere Hundert Selbstanzeigen ein. Die "Letzte Generation" sprach von mehr als 1.300.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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