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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Hohe Fallzahlen Quarantäne-Brecher gehen shoppen? Fake News kursieren im Netz
Mehrere Menschen in Hessen sollen ihre Quarantäne nicht beherzigt haben und dennoch einkaufen gegangen sein. Diese Geschichte hält sich seit Monaten hartnäckig im Internet. Aber stimmt sie auch?
Es ist eine unglaubliche Geschichte: In einem der größten Shopping-Center in Deutschland, dem Main-Taunus-Zentrum (MTZ), war offenbar eine Ärztin einkaufen. Dabei soll sie ein Paar gesehen haben, von dem sie sicher wusste, dass es in Corona-Quarantäne sein müsste.
Die Ärztin ließ daraufhin über die Kundeninformation des MTZ durchsagen, dass das Paar aufgerufen sei, sofort zum Schalter zu kommen. Doch es kamen nicht nur zwei Menschen, sondern gleich 25 Paare meldeten sich. Haben also mindestens 50 Menschen ihre Corona-Quarantäne im hessischen Sulzbach nicht eingehalten?
"Das hat sich jemand ausgedacht"
"Das ist Quatsch", sagte eine Sprecherin des MTZ. "Die Geschichte kursiert seit einer Weile, sie stimmt aber nicht." Tatsächlich hat die Recherche von t-online ergeben, dass mindestens seit August des vergangenen Jahres dieser Fall so oder so ähnlich in den sozialen Netzwerken und auch als Kettenbrief bei WhatsApp geteilt wird. Mal ist es ein Shoppingcenter, mal ein Supermarkt, mal ein Baumarkt. Die Sprecherin des Centermanagements ist sich sicher: "Das hat sich jemand ausgedacht."
Von einer so großen Verletzung der Quarantäne bei so vielen Menschen wüsste theoretisch auch die Polizei. Die Sprecherin der Polizeidienststelle Eschborn erklärte allerdings: "Davon hab ich noch nichts gehört." Auch Johannes Latsch, der Pressereferent des Main-Taunus-Kreises, meinte: "Uns ist nicht bekannt, dass sich das Ganze so zugetragen hat." Wäre dem Gesundheitsamt des Kreises eine solche Menge an Quarantäne-Verstößen gemeldet worden, wüsste Latsch davon.
Bei Twitter haben schon mehrere Nutzer diese angebliche Geschichte geteilt. Einige machen sich über die Story lustig, wie etwa ein Nutzer, der schreibt: Nach der Durchsage hätten sich zehn Menschen gemeldet, darunter "zwei Ärzte, ein Dinosaurier, drei Osterhasen" und 20 Leute, die diesen Text schon vor einem Jahr geteilt hätten.
Immer wieder wird bei den geteilten Geschichten deutlich: Ein Nachbar, ein Bekannter, eine Arzthelferin, die Freundin eines Freundes hätten erzählt ... Nie ist ein direkt Betroffener involviert, bislang ließ sich kein Tweet finden, keine Person ausmachen, die bei einem solchen Fall direkt dabei gewesen ist oder sogar selbst zu den Quarantäne-Brechern gehörte.
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Die Geschichte tauchte auch in einem Bericht des "WDND" auf. Offenbar soll es in der saarländischen Stadt St. Wedel zu einem ähnlichen Fall gekommen sein. Belege gibt es auch dafür bislang nicht.
Kurz vor dem nächsten Corona-Gipfel am kommenden Freitag ist eine Debatte über eine Verkürzung der Corona-Quarantäne entbrannt. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte bereits am Wochenende Beschlüsse unter anderem zu möglichen zusätzlichen Kontaktbeschränkungen und zu Quarantänefristen in Aussicht gestellt. Im Gespräch sind kürzere Zeiten insbesondere für Beschäftigte wichtiger Versorgungsbereiche, um zu viele Personalausfälle zu vermeiden. Dazu zählen etwa Krankenhäuser, Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste, Telekommunikation, Strom- und Wasserversorgung.
Grüne bei Verkürzung der Quarantäne "vorsichtig"
"Ich bin bei der Verkürzung der Quarantäne ganz pauschal sehr vorsichtig", sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Janosch Dahmen, am Dienstag dem ARD-"Morgenmagazin". Vorstellen könne er sich das bei sehr spezialisierten technischen Berufen, etwa wenn gewisse Arbeiten im Wasserkraftwerk oder der Stromzentrale nur ein bestimmter Beschäftigter ausführen kann und dieser wenig Kontakte hat. "Aber die Krankenschwester, die sich jetzt um den Herzinfarkt oder Schlaganfall kümmert, jetzt aus Quarantäneregeln auszunehmen, die dann möglicherweise weitere Patienten ansteckt, das öffnet für Omikron zu viele Türen."
Grundsätzlich gilt in Deutschland aktuell: Bei engem Kontakt zu einer positiv auf Corona getesteten Person soll man für zehn Tage in häusliche Quarantäne. Diese kann mit einem negativen Antigen-Schnelltest auf sieben Tage verkürzt werden, mit einem negativen PCR-Test auf fünf Tage. Die Entscheidung über die Quarantäne liegt beim zuständigen Gesundheitsamt. Zu unterscheiden ist davon die Isolierung: Wer infiziert ist, soll 14 Tage nach Symptombeginn in Isolierung – vollständig Geimpfte fünf Tage, wenn sie danach symptomfrei und negativ PCR-getestet sind.
- Eigene Recherche
- WNDN: Acht Infizierte trotz Quarantäne im Globus – Real oder Fake?
- Gespräch mit Center-Management Main Taunus Zentrum
- Gespräch mit Sprecher des Polizeipräsidiums Eschborn in West-Hessen
- Gespräch mit dem zuständigen Ordnungsamt
- Gespräch mit zuständigem Gesundheitsamt für den Main Taunus Kreis
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- Schriftlicher Kontakt mit Johannes Latsch