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Pandemie in Tansania: Der Schutz vor Corona endet an der Gepäckausgabe


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Pandemie in Tansania
Der Schutz vor Corona endet an der Gepäckausgabe

  • Catherina Liesenberg
Von Catharina Liesenberg, Tansania

Aktualisiert am 29.11.2021Lesedauer: 4 Min.
Fischmarkt in Sansibar (Archivbild): Belastbare Corona-Infektionszahlen gibt es in Tansania kaum.Vergrößern des Bildes
Fischmarkt in Sansibar (Archivbild): Belastbare Corona-Infektionszahlen gibt es in Tansania kaum. (Quelle: imago images)
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Als das Virus die Welt lahmlegt, zeigt sich Tansanias Präsident Magufuli als Coronaleugner und verordnet Gebete statt eines Lockdowns. Dann stirbt er. Amtsnachfolgerin Samia Suluhu Hassan will alles anders machen. Doch wie sieht die Realität aus?

Vorbeirasende SUVs und Tuk Tuks wirbeln den Staub auf den trockenen Straßen Morogoros auf, die Luft ist trocken, die Sonne brennt. Wie Ameisen wirbeln die Bewohner der Stadt im Herzen Tansanias über die Gehwege, Straßen und Markthallen. Es wirkt, als seien alle der mehr als 300.000 Einwohner unterwegs.

Ein Großteil der Bevölkerung lebt am Existenzminimum. Jeder versucht mit einer Dienstleistung oder einem Produkt ein paar Tansania-Schillinge zu verdienen. Gegenüber Fremden sind die Tansanier freundlich und respektvoll, ohne aufdringlich zu sein.

So normal wie der Alltag hier abläuft, drängt sich für Gäste aus Europa schnell die Frage auf: Und was ist mit Corona?

Geimpfte sind die große Minderheit

Tansania machte in der Pandemie früh weltweit Schlagzeilen, weil der inzwischen verstorbene Präsident John Magufuli, Spitzname "Bulldozer", das Virus leugnete. Er sprach stattdessen von einer Lungenkrankheit oder Atembeschwerden, stellte die Glaubwürdigkeit von Tests infrage und warnte vor den Impfstoffen. Der promovierte Chemiker empfahl zur Heilung Dampfbäder. Wer eine andere Meinung zum Coronavirus hatte, dem drohten harte Strafen.

Unter seiner Nachfolgerin, Präsidentin Samia Suluhu Hassan, wurde oft von einer 180-Grad-Wende in der Corona-Politik berichtet. Sie warnt vor den Gefahren, zwischenzeitlich wurden Großveranstaltungen abgesagt. Den Alltag hat das jedoch kaum verändert.

Während sich die Inzidenzwerte in Deutschland auf einem Rekordhoch befinden und neue Lockdown-Maßnahmen diskutiert werden, ist die Lage in Tansania schwer einzuschätzen. Belastbare Infektionszahlen gibt es kaum. Informationen über Hospitalisierungen können nicht zurate gezogen werden, dafür mangelt es schlichtweg an Krankenhäusern. Und wenn sie vorhanden sind, sind sie kaum vernetzt. Ob jemand wegen Malaria oder Corona stirbt, wird selten erfasst.

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Nach offiziellen Angaben sind gerade einmal 1,5 Prozent der Menschen in Tansania vollständig geimpft. Nicht verwunderlich, hat sich der verstorbene Präsident Magufuli schließlich nicht um die Beschaffung der Vakzine bemüht. China hat dem ostafrikanischen Staat kürzlich zwar 500.000 Dosen Sinopharm gespendet. Anfang Oktober erhielt das Land zudem über die Initiative Covax eine Spende über etwas mehr als eine Million Dosen Johnson & Johnson. Bei 58 Millionen Einwohnern ist das jedoch ein Tropfen auf den heißen Stein.

Niemand kann sich die Angst vor Corona "leisten"

In der Markthalle Morogoros schieben sich die Käufer und Verkäufer dicht an dicht aneinander vorbei, die Waren liegen unverpackt offen, teilweise auf dem Boden. Und doch trägt hier keiner eine Maske, niemand weist auf Abstandsregeln hin oder deutet an, dass man sich die Hände desinfizieren müsse. In Tansania könnte gerade 2019 sein.

Angst ist dabei nicht zu spüren. Viele wüssten nicht, was Corona sei – oder es interessiere sie nicht, erzählt Andy S., der Sohn einer Tansanierin und eines Schweizers. Die Menschen hätten andere Probleme. Sie könnten sich die Sorge vor einer Ansteckung schlicht nicht "leisten". Er stellt die Frage: "Wie soll ein Lockdown in einem Land funktionieren, in dem fast niemand Steuern zahlt oder finanzielle Rücklagen hat?"

"Hier gibt es so viele Krankheiten, Malaria ist ein viel größeres Problem", ergänzt Andy. Bei Kleinkindern ist eine solche Infektion die häufigste Todesursache; und auch viele Erwachsene überleben die Krankheit nicht. Aids ist ebenfalls ein Problem. Die Lebenserwartung der Tansanier lag 2019 bei knapp 67 Jahren, in Deutschland wurden Männer und Frauen durchschnittlich etwas über 83 Jahre alt.

Der Umgang mit Krankheiten, auch mangels medizinischer Infrastruktur, ist in Tansania ein anderer. "Wenn die Leute Malaria haben, legen sie sich einfach ins Bett. Sie tun nichts dagegen," so Harald F., ein Schweizer Hotelier und Architekt, der seit mehr als 30 Jahren in der Republik lebt.

Ein Wunder ist das nicht: Viel zu lange hat die Regierung Gebete und Kräutersäfte als wirksames Mittel, auch gegen Corona, beschworen und im Frühjahr 2020 auch die täglichen Corona-Statistiken für lange Zeit eingestellt.

Strenge Einreiseregeln

Dass Corona in irgendeiner Weise existiert, wird zumindest in öffentlichen Einrichtungen, wie etwa dem Julius Nyerere Airport in Daressalam, sichtbar. Wer einreisen will, muss vorab online ein Gesundheitsformular ausfüllen und dafür bezahlen. Auch ein gültiger PCR-Test bei der Einreise ist Pflicht. Wer den nicht hat, wird wieder zur Kasse gebeten und muss vor Ort einen Schnelltest machen lassen.

So drängt sich bis zur Gepäckausgabe der Eindruck auf, dass im Land strengste Sicherheitsvorkehrungen gelten. Spätestens ab dem Verlassen des Flughafengebäudes ist die Realität jedoch eine andere. In der geht es nicht um eine Pandemie, sondern um das tägliche Überleben. Ein Testzentrum oder auch nur einen Hinweis auf AHA-Regeln sucht man vergebens.

Ist Tansania also wie unter Präsident Magufuli noch immer auf dem Irrweg? Ein Urteil verbietet sich, zu unterschiedlich sind die Gegebenheiten im Vergleich zu Europa. Die neue Regierungschefin Suluhu Hassan wirbt jedenfalls intensiv für Impfungen und will möglichst schnell eine Herdenimmunität erreichen.

Eineinhalb Jahre lang wurde Corona von der Regierung erst klein geredet und schließlich totgeschwiegen − vielleicht war die Unwissenheit bezüglich des Virus daher das Beste, was der Bevölkerung passieren konnte. Nun aber werden endlich Maßnahmen ergriffen. Für die Menschen bedeutet das den Schutz und die Aufklärung, die schon lange hätten erfolgt sein können.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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