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Bauernproteste: Krankenhaus im Ahrtal fürchtet "Katastrophe mit Ansage"


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Krankenhaus warnt vor "Katastrophe mit Ansage"
"Bauernprotest wird uns von der Außenwelt abschneiden"


06.01.2024Lesedauer: 3 Min.
Landwirte blockieren mit ihren Treckern die Auffahrt zu einer Autobahn (Archivbild):Vergrößern des Bildes
Landwirte blockieren mit ihren Treckern die Auffahrt zu einer Autobahn (Archivbild): Ein Krankenhaus im Ahrtal sorgt sich wegen der Versorgungssicherheit. (Quelle: Philipp Schulze/dpa)
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Im Ahrtal wird der Bauernprotest voraussichtlich eine Kleinstadt einschnüren. Das könnte besonders für die medizinische Versorgung zum Problem werden.

Deutschlandweit rufen Landwirte am Montag zum Protest auf. Sie wollen Kreuzungen blockieren, Teile des öffentlichen Lebens zum Erliegen bringen. Auch im Ahrtal, das 2021 von einer Flutkatastrophe verwüstet wurde, gibt es solche Pläne – und die alarmieren besonders Ärzte und Ersthelfer.

Einer davon ist Nabard Faiz. Der Mediziner arbeitet im Krankenhaus Mariahilf in Bad Neuenahr-Ahrweiler. "Wir haben gestern Morgen einen Anruf vom Bauernverband erhalten", erzählt Faiz im Gespräch mit t-online. "Durch den Protest seien die Zufahrtswege in die Stadt gesperrt – und damit auch die vom und zum Krankenhaus."

Landwirte lehnten anderen Veranstaltungsort ab

Zwischen 5 und 9 Uhr morgens werden die Landwirte laut einer Mitteilung der Kreisverwaltung verschiedene Knotenpunkte rund um die Stadt blockieren. Anschließend gibt es eine Sternfahrt ins Zentrum, wo bis 16 Uhr eine Kundgebung stattfinden soll. Danach fahren die Landwirte wieder aus der Stadt heraus.

Es habe ein Angebot von Polizei, Kreisverwaltung und der Stadt an die Veranstalter gegeben. Die Landwirte hätten das Apollinarisstadion für ihre Kundgebung nutzen können, eine Sportanlage mit über 4.500 Plätzen – und weiter außerhalb, mit weniger Risiko für die Zufahrtswege zum Krankenhaus. Dazu kam es nicht: Die Veranstalter lehnten ab.

"Wie sollen Patienten zu uns kommen?"

Das bedeutet konkret: Der Bauernprotest wird die Stadt mit über 25.000 Einwohnern und ihr Krankenhaus voraussichtlich über Stunden von der Außenwelt abschneiden. Hunderte Traktoren werden in und um Bad Neuenahr-Ahrweiler erwartet.

 
 
 
 
 
 
 

Eine Rettungsgasse soll es geben, so die Auflage der Versammlungsbehörde. Aber reicht das? "Wenn wir ehrlich sind, ist es dafür hier zu eng", sagt Faiz. "Ich habe die große Sorge, dass das nicht umgesetzt werden kann."

Das Hauptproblem an der Blockade sei allerdings gar nicht die Rettungsgasse, so es sie denn geben wird. "Wir haben uns im Krankenhaus nach dem Anruf des Bauernverbandes erst mal geschüttelt. Wie sollen denn unsere Mitarbeiter, aber auch Patienten und Angehörige von außerhalb der Stadt zu uns kommen?"

Viele Arztpraxen sind seit der Flut zerstört

Diese stünden wie jeder andere in der Blockade. Das nächste Krankenhaus ist das Helios Klinikum Bonn/Rhein-Sieg. Für die 30 Kilometer braucht ein Autofahrer unter normalen Umständen rund eine halbe Stunde.

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Straßenblockaden wie die für Montag geplante treffen die kleine Stadt im Ahrtal nicht nur deshalb besonders hart. "Nach der Flut sind viele Straßen noch nicht repariert. Die Zufahrt zum Krankenhaus passiert beispielsweise über eine provisorische Brücke", erklärt der Intensivmediziner. Zwischen Bonn und Bad Neuenahr-Ahrweiler gebe es wenige niedergelassene Ärzte – viele Praxen seien durch die Flut zerstört worden.

Das Klinikpersonal habe die Katastrophe von 2021 noch in Erinnerung. "So wie damals wird auch am Montag niemand das Skalpell fallen lassen und einfach gehen", betont der 37-Jährige. "Es wird Kollegen geben, die dann länger als 24 Stunden lang hier sind. Das ist möglich, aber eine erhebliche Belastung."

Krankenhaus versucht, Notversorgung zu stemmen

Das Krankenhaus versuche, sich vorzubereiten, erklärt Sprecherin Hannah Scorsceria. "Aber das ist einfach nicht komplett möglich – obwohl wir hier ja leider krisenerprobt sind. Viele kennen noch alte Schleichwege, mit denen sie die Blockaden vielleicht umfahren können. Wir werden improvisieren müssen – und uns vor allem auf die Notfallversorgung konzentrieren."

Sie äußert Verständnis für die Anliegen der Landwirte. "Trotzdem appelliere ich an alle: Bitte sorgen Sie dafür, dass unsere Rettungsfahrzeuge so gut wie möglich durchkommen."

Jurist hält Verbot für denkbar

Ist eine solch umfassende Blockadeaktion überhaupt rechtens? Ja, argumentiert die Kreisverwaltung. "Das Versammlungsrecht ist ein hohes Gut und kann nur in extremen Ausnahmefällen mittels Verfügungen verboten werden." Und es gebe schließlich die Auflage: Rettungsfahrzeugen sei zu jeder Zeit Durchfahrt zu gewähren.

Doch nicht alle Juristen teilen diese Auffassung. Einer von denen, die widersprechen, ist Patrick Heinemann, Mitglied des Verfassungsrechtsausschusses der Bundesrechtsanwaltskammer. "Versammlungsfreiheit bedeutet, man kann den Ort der Versammlung frei wählen. Alles andere wäre unsinnig." Doch auch dieses Grundrecht habe seine Grenzen – "nämlich dort, wo es mit anderen Grundrechten kollidiert".

Das sei hier der Fall, meint Heinemann. Er zieht einen Vergleich zur "Letzten Generation": "Bei denen sind das Spontanaktionen, und es wird als völlig verhältnismäßig erachtet, diese aufzulösen. Hier sind die Auswirkungen ja noch viel größer. Warum sollte es also unzulässig sein, den Protest der Bauern zu verbieten?"

Nehmen die Landwirte in Kauf, dass Menschen zu Schaden kommen? Ganz so weit will Intensivmediziner Nabard Faiz nicht gehen. Aber: "Wir haben hier eine sehr stark frequentierte und modernst ausgestattete Notaufnahme, die 24 Stunden am Tag Patienten versorgt. Diese Leute nehmen in Kauf, dass es für uns zu Behinderungen kommt, dass sie unsere Arbeit blockieren." Die Veranstalter ließen es auf eine "Katastrophe mit Ansage" ankommen.

Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau war für t-online telefonisch nicht zu erreichen.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Nabard Faiz
  • Gespräch mit Patrick Heinemann
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