"Befinden uns auf unbekanntem Terrain" Temperaturrekord erregt Aufsehen
Ein neuer Höchstwert erregt Aufsehen: Die erste Juliwoche war weltweit die wohl heißeste Woche, die jemals gemessen wurde – ein erhebliches Gesundheitsrisiko.
Die erste Juliwoche war laut der Weltorganisation für Meteorologie die wohl heißeste Woche weltweit seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. "Vorläufigen Daten zufolge hatte die Welt gerade die heißeste je verzeichnete Woche", erklärte die WMO am Montag.
Es handelt sich um den jüngsten in einer ganzen Reihe von Negativrekorden in diesem Jahr. Bereits der vergangene Monat war global gesehen der heißeste jemals gemessene Juni – verursacht durch die Klimakrise und das beginnende Wetterphänomen El Niño.
Die Rekordtemperaturen der vergangenen Woche wurden laut der WMO sowohl an Land als auch in den Ozeanen gemessen, mit "potenziell verheerenden Auswirkungen auf Ökosysteme und die Umwelt". Auch das europäische Erdbeobachtungsprogramm Copernicus teilte mit, dass die vergangene Woche seinen Daten zufolge ebenfalls wohl die heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1940 gewesen ist.
Warum wird es durch die Klimakrise wärmer?
Die Erderhitzung wird angetrieben von Treibhausgasen, die vor allem reiche Länder seit Beginn der Industrialisierung freisetzen. Klimaschädliche Gase wie CO2 und Methan kommen zwar auch ohne menschliches Zutun in der Erdatmosphäre vor, jedoch in deutlich geringerer Konzentration. Durch die Nutzung von Kohle, Öl und Gas für Industrie, Wärme, Strom und Verkehr sowie durch intensive Tierhaltung entstehen große Mengen zusätzlicher Klimagase in der Atmosphäre. Der Effekt: Weniger Sonnenenergie kann entweichen – es wird wärmer. Die steigenden Temperaturen lassen außerdem die Eiskappen der Pole schmelzen, die sonst die Sonnenstrahlung reflektieren. Die freigelegte, dunklere Boden- und Meeresoberfläche speichert die Strahlung, wodurch sich die Erderhitzung weiter verstärkt. Im Vergleich zur vorindustriellen Zeit hat sich die Erde schon um rund 1,1 Grad erhitzt.
"Wir befinden uns auf unbekanntem Terrain", erklärte der WMO-Direktor für Klimadienste, Christopher Hewitt. "Das sind besorgniserregende Nachrichten für den Planeten."
Rekord vom Juni 2019 deutlich übertroffen
Weitere neue Rekorde seien mit der Fortentwicklung des Wetterphänomens El Niño zu erwarten, mit Auswirkungen bis ins Jahr 2024. El Niño tritt alle zwei bis sieben Jahre auf und kann die weltweiten Temperaturen, die bereits durch den menschengemachten Klimawandel fortlaufend steigen, zusätzlich erhöhen. Das Wetterphänomen zeichnet sich durch eine Erwärmung des Oberflächenwassers im Pazifischen Ozean aus, die sich auch auf die Lufttemperaturen auswirkt.
Der Klimawandel und das beginnende Phänomen El Niño hatten bereits den Vormonat zum bisher heißesten Juni gemacht. Global war der Juni 0,53 Grad Celsius wärmer als der für den Zeitraum 1991 bis 2020 ermittelte Durchschnittswert, so EU-Angaben. Demzufolge wurde der bisherige Rekord vom Juni 2019 deutlich übertroffen worden.
Lauterbach will bundesweiten Hitzeplan erstellen
Auch die globalen Oberflächentemperaturen der Meere erreichten sowohl im Mai als auch im Juni Rekordwerte für diese Jahreszeit, so Hewitt. "Es ist nicht nur die Oberflächentemperatur, sondern der gesamte Ozean erwärmt sich und nimmt Energie auf, die über Hunderte von Jahren dort verbleiben wird." Das hat weitreichende Konsequenzen: "Wenn sich die Ozeane stark erwärmen, wirkt sich das unmittelbar auf die Atmosphäre, das Meereis und das Eis weltweit aus", sagte Michael Sparrow, Leiter der Klimaforschung bei der WMO.
Im Süden Spaniens leiden die Menschen nur zwei Wochen nach der jüngsten Hitzewelle mit mehr als 40 Grad schon wieder unter extrem hohen Temperaturen. In Teilen Andalusiens kletterte das Quecksilber am Montagnachmittag auf bis zu 44 Grad. Im Süden der USA steht in den kommenden Tagen mehr als 50 Millionen Menschen eine Hitzewelle mit äußerst hohen Temperaturen bevor – im Laufe der Woche könnten die Temperaturen in Teilen des Bezirks Los Angeles auf bis zu 44 Grad im Schatten steigen.
Auch in Deutschland erreichten die Temperaturen am Wochenende Höchstwerte. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will noch in diesem Sommer einen bundesweiten Hitzeplan erstellen. Denn: Hitze ist ein erhebliches gesundheitliches Risiko. Hier lesen Sie mehr dazu.
Mehr als 60.000 Hitzetote
Im Sommer 2022 gab es in Europa einer neuen Berechnung zufolge mehr als 60.000 hitzebezogene Todesfälle. Deutschland hatte laut der Auflistung mit 8.173 Toten die dritthöchste Zahl an Hitzetoten zu beklagen.
Eine im Fachmagazin "Nature" veröffentlichte Studie geht von noch höheren Todeszahlen in der Zukunft aus, sofern keine bessere Anpassung an die Hitzesommer stattfindet. Ab 2040 könnten es demnach rund 94.400 Tote pro Jahr in Europa sein, ab 2050 mehr als 120.000 Hitzetote – und damit etwa doppelt so viele wie momentan.
- cnbc.com: "‘We are in uncharted territory’: World records hottest day ever for the third time in just four days" (englisch)
- nature.com: "Heat-related mortality in Europe during the summer of 2022" (englisch)
- public.wmo.int: It was the hottest June on record, unprecedented North Atlantic warmth, record low Antarctic sea ice" (englisch)
- theguardian.com: "UN declares first week of July world's hottest ever recorded" (englisch)
- theguardian.com: "UN says climate change ‘out of control’ after likely hottest week on record" (englisch)
- Robert Koch-Institut: "Hitzebedingte Mortalität in Deutschland 2022"
- Mit Material der Nachrichtenagenturen AFP und dpa