Nach Enthüllungen Springer-Chef Döpfner: Mehrheit der Deutschen für Rücktritt
Sollte ein Mann, der in privaten Nachrichten Ostdeutsche und Muslime beleidigt, seinen Posten als Konzernchef behalten? Zwei von drei Deutschen sagen: nein.
Am vergangenen Donnerstag veröffentlichte die "Zeit" private Nachrichten von Mathias Döpfner, Chef des Verlags Axel Springer, zu dem unter anderem die Zeitungen "Welt" und "Bild" gehören. Darin beleidigt er unter anderem Ostdeutsche und Muslime, befürwortet den Klimawandel und fordert vom damaligen "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt, die FDP vor der Bundestagswahl hochzuschreiben. Mehr zu den Nachrichten Döpfners lesen Sie hier.
Die Empörung war groß. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte t-online, Döpfner habe "die deutsche Einheit geistig nie vollzogen" und forderte eine Verbraucherwarnung auf den Blättern des Axel-Springer-Verlags. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, forderte seinen Rücktritt: "Herr Döpfner ist nach dieser Veröffentlichung (...) endgültig nicht mehr tragbar", sagte er t-online. Hier lesen Sie mehr zur Reaktion von Ramelow und Schneider.
62 Prozent der Deutschen für Rücktritt
Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag von t-online zeigt nun: Die Mehrheit der Deutschen denkt ähnlich. 62 Prozent der mehr als 5.000 repräsentativ Befragten stimmten der Frage, ob Döpfner nach Bekanntwerden seiner E-Mails und Chatnachrichten von der Verlagsspitze zurücktreten sollte, zu. Lediglich knapp ein Fünftel lehnt das ab.
Auffällig: Besonders groß ist die Ablehnung der Personalie Döpfner unter Anhängern der Grünen und der SPD. In beiden Gruppen forderten mindestens drei Viertel der Befragten den Rücktritt des Verlagschefs. Unter FDP-Anhängern erfährt Döpfner den größten Rückhalt: 40 Prozent sind hier gegen einen Rücktritt, nur 34 Prozent dafür. Die FDP hatte Döpfner vor der Bundestagswahl 2021 stärken wollen, in einer der Nachrichten bezeichnete er sie als "letzte Hoffnung".
Betrachtet man die Ergebnisse der Umfrage nach Alter der Befragten, fällt auf: Nur unter den jüngsten Befragten erreicht die Rücktrittsforderung keine Mehrheit. Mehr als ein Viertel der 18- bis 29-Jährigen sind sogar gegen einen Rücktritt Döpfners. Am deutlichsten gegen den Axel-Springer-Chef positioniert sich dagegen die nächstältere Gruppe: Bei den 30- bis 39-Jährigen sprechen sich 71 Prozent dafür aus, dass der Vorstandsvorsitzende eine solche Konsequenz ziehen sollte.
Mathias Döpfner ist nicht nur seit mehr als 20 Jahren Vorstandsvorsitzender des Axel-Springer-Verlags, sondern auch mit mehr als 20 Prozent an dem Konzern beteiligt.
Mittlerweile hat er sich selbst zu Wort gemeldet: Ihm gelinge es nicht immer, private Nachrichten "im korrekten Ton" zu schreiben, schrieb er in einem Beitrag für die "Bild". "Wenn ich wütend oder sehr froh bin, wird mein Handy zum Blitzableiter." Mehr zu seiner Bitte um Entschuldigung können Sie hier nachlesen.
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Zur Methodik: In die Umfrage flossen die Antworten von 5.063 bevölkerungsrepräsentativ ausgewählten Menschen ein, die zwischen dem 14. und 17. April 2023 online gefragt wurden: "Sollte der Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner nach Bekanntwerden seiner E-Mails und Chatnachrichten aus dem Führungskreis der Axel Springer Verlagsgruppe zurücktreten?" Der statistische Fehler für die Gesamtergebnisse beträgt 2,5 Prozent, für Teilgruppen kann er abweichen.
- Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey