"Bester Parmesan in Wisconsin" Italienischer Professor: Carbonara sind ein amerikanisches Gericht
Ein Professor hat in Italien einen Streit um das kulinarische Erbe entfacht. So hält er die berühmten Carbonara eher für ein amerikanisches Gericht.
Ein italienischer Professor legt sich mit seinen Landsleuten an: In einem Interview mit der "Financial Times" behauptete Alberto Grandi doch glatt, dass die Spaghetti Carbonara ein amerikanisches Gericht seien. Und legt noch nach: Den besten Parmesan finde man derzeit in Wisconsin und Tiramisu sei noch relativ neu in der italienischen Küche. Außerdem hätten die meisten Italiener vor 1950 noch nie von einer Pizza gehört.
Die für viele Italiener eher unerhörten Behauptungen will Grandi, der Lebensmittelgeschichte in Parma lehrt, mit Literaturquellen belegen. So soll der Lebensmittelhistoriker Luca Cesari in seinem Buch "Eine kurze Geschichte der Pasta" bereits geschrieben haben, dass Carbonara eine amerikanische Speise sei, die in Italien geboren wurde.
"Surrealer Angriff auf Gerichte der italienischen Küche"
Das Gericht sei demnach erstmals 1944 in Riccione von einem italienischen Koch für amerikanische Soldaten zubereitet worden – aus den vorhandenen Speck- und Eierrationen. Und wenn es um den Parmesankäse geht, verweist Grandi darauf, dass italienische Einwanderer nach seiner Überzeugung die Kunst der Käseherstellung im 20. Jahrhundert in den US-Bundesstaat Wisconsin gebracht hätten. Der Käse dort sei deshalb so besonders, weil das Originalrezept nie verändert worden sei. Alberto Grandi beschäftigt sich sowohl wissenschaftlich als auch in seinem Podcast und dem gleichnamigen Buch "Denominazione di Origine Inventata" (Erfundene Originalbezeichnungen") mit der Herkunft von Speisen und Gerichten.
Der Widerspruch blieb nicht aus. "Ein surrealer Angriff auf die Gerichte der italienischen Küche, anlässlich der Ankündigung ihrer Kandidatur für das Erbe der Menschheit der Unesco", nannte die italienische Bauernorganisation Coldiretti die Äußerungen. Vor kurzem erst hatte die Regierung in Rom beantragt, die italienische Küche ins Weltkulturerbe aufnehmen zu lassen.
Kritik vom Minister
Der Minister für Infrastruktur, Matteo Salvini, schrieb auf Facebook: "Erst Insekten und jetzt auch 'Experten' und Zeitungen, die auf unseren Geschmack und unsere Schönheit neidisch sind. Italienisch kaufen, essen und trinken ist gut für Gesundheit, Arbeit und Umwelt!", schrieb er auf Facebook.
In Sachen Pizza behauptet Grandi, dass diese vor dem Zweiten Weltkrieg nur in einigen süditalienischen Städten gebacken wurde. Das erste Restaurant, das nur Pizza servierte, sei 1911 in New York eröffnet worden. "Für meinen Vater war in den 70er Jahren Pizza so exotisch wie Sushi es für uns heute ist", sagte der Historiker.
Dass die italienische Küche amerikanisch sei, so weit wolle er nicht gehen. Gegenüber der Zeitung "La Republicca" sagte Grandi: "Der Punkt ist, dass wir Identität mit den Wurzeln verwechseln, die Kreuzungen, Kontaminationen sind. Wir sprechen zu Unrecht von Identität: Die Küche ändert sich ständig."
- colliere.it: "Financial Times against Italian cuisine, Coldiretti and Salvini reply: "A surreal attack" (italienisch)
- ft.com: "Everything I, an Italian, thought I knew about Italian food is wrong" (englisch)
- republicca.it: "Professor Grandi and Italian cuisine: "Be careful not to confuse roots with identity" (italienisch)