Brisanter Brief aus Lörrach Müssen hier wirklich Mieter für Flüchtlinge ausziehen?
Die Stadt Lörrach steht im Zentrum eines rechten Shitstorms. Mieter sollen aus ihren Wohnungen ausziehen, um Platz für Flüchtlinge zu machen. Ist die Empörung berechtigt?
Mieter raus, Flüchtlinge rein: Auf diese Formel bringen derzeit viele Nutzer auf Twitter eine Nachricht aus Lörrach in Baden-Württemberg. Dort sollen, so ist es in einem Brief der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft zu lesen, den viele Leute gerade teilen, Bewohner eines Hauses Ende dieses Jahres ihre Wohnungen verlassen, weil das gesamte Haus zu einem Heim für geflüchtete Menschen umfunktioniert werden soll.
"Diese Politik zugunsten von Flüchtlingen ist unsozial gegenüber der eigenen Bevölkerung", schreibt eine Nutzerin. Andere sprechen von "Umvolkung". Auch Vergleiche mit der NS-Diktatur und damit in Verbindung stehender Umsiedelungen werden auf Twitter gezogen.
Ist die Aufregung berechtigt? Stimmt die Nachricht so – oder handelt es sich, wie einige ebenfalls bei Twitter vermutet, um "Fake News", ist der Brief gar gefälscht?
Von "Umvolkung" kann keine Rede sein
Anruf bei der Kommunalverwaltung in Lörrach, der die Wohnungsbaugesellschaft gehört. Auf t-online-Anfrage bestätigt eine Sprecherin zunächst die Echtheit des Schreibens. Demnach hat Wohnbau Lörrach zu einer Mieterversammlung eingeladen. Dabei sollen Mieterinnen und Mieter der Wohnungen in der Wölblinstraße darüber informiert werden, dass sie ihre Wohnungen bis zum Jahresende 2023 verlassen müssen. "Geplant ist, dass etwa zum Jahresende die gesamte Anlage als Flüchtlingsheim genutzt werden kann", heißt es wörtlich.
Auch in einer am Montag veröffentlichten Pressemitteilung der Stadt heißt es, dass die Wohnungen in der Wölblinstraße tatsächlich zur Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine genutzt werden sollen. Von einer angeblichen "Umvolkung" kann allerdings keine Rede sein.
Denn die Wohnungen aus den 1950er Jahren stehen am "Ende ihres Lebenszyklus", heißt es in der Pressemitteilung der Stadt. Ihr "Abbruch und Ersatzneubau war für die nächsten Jahre vorgesehen".
"Wir werden für jeden Einzelnen eine gute Lösung finden"
Der Geschäftsführer der Wohnbau Lörrach, Thomas Nostadt, erklärt in der Mitteilung, dass die städtische Wohnungsbaugesellschaft dafür sorgen werde, dass niemand von den derzeit 40 Mieterinnen und Mietern der betroffenen Wohnungen auf der Straße landen werde. "Wir werden für jeden Einzelnen eine individuelle und gute Lösung finden", teilt Nostadt mit. Auch der Umzug werde vonseiten der Wohnbau Lörrach "logistisch und finanziell unterstützt."
Den Mieterinnen und Mietern in der Lörracher Wölblinstraße will die Wohnbau Lörrach in Kürze "modernere und bezahlbare" Wohnraumangebote unterbreiten. Die Aufregung im Netz erscheint damit etwas übertrieben. Am 27. Februar informiert die Wohnbau Lörrach auf einer Veranstaltung über die Unterbringung der Geflüchteten in der Wölblinstraße und darüber, wie es für die betroffenen 40 Mieterinnen und Mieter weitergeht.
- Eigene Recherche