t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomePanoramaGesellschaft

Eltern im Schwimmbad vom Handy abgelenkt: Verbände verteidigen Strafen


Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.

Strafen für Eltern am Handy im Schwimmbad
"Es ist deutlich schlimmer geworden"


06.08.2024Lesedauer: 3 Min.
Eine Frau hält im Freibad ein Smartphone in Richtung des PoolsVergrößern des Bildes
Eine Frau hält im Freibad ein Smartphone in Richtung des Pools (Archivbild): Die Nutzung von Handys in Schwimmbädern erregt immer wieder Ärger. (Quelle: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa/Symbolbild/dpa)

Die Handynutzung von Eltern gefährdet immer öfter Kinder im Schwimmbad. In Hamburg greift ein Betreiber durch. Zu Recht, sagen betroffene Verbände.

Eine Frau telefoniert minutenlang, verlässt sogar für kurze Zeit das Schwimmbad. Währenddessen muss ihr Kind reanimiert werden. So habe es sich in einem Hamburger Schwimmbad abgespielt, erklärte ein Sprecher des Hamburger Bäderlands. Es sei beileibe nicht der einzige Fall, bei dem ein Kind zu Schaden gekommen ist, weil ein Erziehungsberechtigter abgelenkt war. Jetzt greift der Hallen- und Freibadbetreiber durch. Wer nicht auf Hinweise zum richtigen Verhalten reagiere, müsse das Bad verlassen, so der Sprecher weiter.

Eine überzogene Maßnahme oder eine sinnvolle Reaktion? Für Peter Harzheim, Präsident des Verbands Deutscher Schwimmmeister (BDS), ist die Antwort klar: "Ich bin absolut auf einer Wellenlänge mit der Maßnahme." Er habe vor seinem Ruhestand selbst jahrelang am Beckenrand gestanden und solche Situationen erlebt. Dabei habe er sich auch schon mit Eltern anlegen müssen.

Deswegen sei es richtig, die Eltern auch Konsequenzen spüren zu lassen und nach ein oder zwei Hinweisen ein Hausverbot auszusprechen. "Sie haben eine Aufsichtspflicht. Wir Schwimmmeister sind kein Kindergartenersatz." Gerade im vollen Schwimm- oder Freibad gebe es zu viel Betrieb. Da könne nicht jedes Kind beobachtet werden.

Das Problem: Solche Vorfälle häufen sich: "Es ist deutlich schlimmer geworden." Dabei sei das Durchgreifen im Interesse der Eltern. "Wollen die Eltern, dass ihr Kind ertrinkt?", sagt Harzheim.

Rechtliche Probleme sieht er in den Maßnahmen nicht. "Der Betreiber hat eine Haus- und Badeordnung. Der Besucher hat sich daran zu halten", so Harzheim. Dieser Ordnung stimmen Gäste zu, sobald sie ihr Ticket lösen, erklärt der Verbandspräsident. Mit dem Anwalt drohen trotzdem manche betroffene Eltern. Ihm sei jedoch kein Fall bekannt, in dem es tatsächlich zu Konsequenzen für Schwimmbäder gekommen sei.

Harzheim: Handynutzung gesellschaftliches Problem

Ungefährlich sei es für die Schwimmmeister im Umgang mit den Eltern dabei nicht immer: "Es kann zu Gewalt kommen, es muss aber nicht", sagt Harzheim. Das Personal sei entsprechend geschult. Eine Androhung, die Polizei zu rufen, müsse dann auch ausgesprochen werden.

 
 
 
 
 
 
 

Dass die Handynutzung in Schwimmbädern zunimmt, überrascht Harzheim keineswegs. Er nehme generell wahr, dass Menschen zu viel Zeit am Smartphone verbringen. "Durchweg alle Bürger und Familien sind von diesem Handy-Virus betroffen", sagt der ehemalige Schwimmmeister.

Schwimmbadverband begrüßt Durchgreifen

Auch die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen (DGfdB), zu der rund 6.000 Bäder gehören, begrüßt die Maßnahme: "Auch wir empfehlen den Badbetreibern und dem Personal, dass sie von ihrem Hausrecht Gebrauch machen sollen", sagt der Bereichsleiter Aus- und Fortbildung, Eric Voß.

Die Handynutzung der Eltern im Schwimmbad sei ein generelles Problem. Das Aufsichtspersonal habe dann noch mehr Verantwortung als ohnehin schon. Das könnte bestehende Personalnotlagen verschärfen: "Der Fachkräftemangel in den Bädern ist ohnehin schon eine Herausforderung für die Betreiber; wenn jetzt auch noch die Einzelbetreuung von Kindern dazukommt, dann führt das zu einer besonderen Belastung für das Personal", erklärt Voß.

Aufsichtspersonal bekommt Vorwürfe zu hören

"Ein Handyverbot in Bädern kann nicht die Lösung sein", schränkt Voß jedoch ein. Es gebe schlicht kaum noch Gäste, die kein Handy dabeihaben. "Dann hätten wir keine Kunden mehr", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Wichtig sei die Kommunikation im Bad. Hinweisschilder, Durchsagen und Informationsmaterial können hilfreich sein. "Aber auch das persönliche Gespräch mit den Eltern finde ich sehr wichtig, um ihnen die Tragweite darzustellen, was passieren kann", erklärt Voß.

Dennoch nehme man auch beim DGfdB einen Trend wahr: Es kämen immer mehr Eltern ihrer Aufsichtspflicht nicht nach. Stattdessen seien sie durch das Handy abgelenkt. Darauf angesprochen, seien Eltern oftmals nicht sehr einsichtig: "Dafür sind Sie doch hier eingestellt, damit Sie auf die Kinder aufpassen!", sei ihm berichtet worden, so Voß.

Zwar müsse das Aufsichtspersonal jeden Gast beaufsichtigen. Doch für Eltern von Kindern bis zum siebten Lebensjahr gelte eine besondere Aufsichtspflicht.

DLRG sieht keine Zunahme der Fälle

Für die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) sei es "nur konsequent, wenn das Schwimmbadpersonal von seinem Hausrecht Gebrauch macht und damit Gefährdungen für das Leben von Kindern vermeidet", so Sprecher Martin Holzhause. Gerade dann, wenn Eltern trotz vormaliger Ermahnungen unaufmerksam bleiben. "Wenige Augenblicke der Unachtsamkeit können dazu führen, dass kleine Kinder, die nicht schwimmen können, in Lebensgefahr geraten", so Holzhause weiter.

Eine Zunahme der Fälle sieht man dagegen bei der DLRG nicht. Das Smartphone sei aber auch schon länger Teil des Alltags. Bis Ende Juli seien an den 100 Badestellen der DLRG rund 500 Suchen nach Eltern oder deren Kindern verzeichnet worden. Vergangenes Jahr seien es 1.200 Suchaktionen während der ganzen Badesaison gewesen. "Sehr oft führt Unachtsamkeit zu diesen Situationen. Die wiederum resultieren auch häufig daraus, dass Aufsichtspersonen sich mit dem Smartphone beschäftigen", erklärt der DLRG-Sprecher.

Die Rettungsschwimmer versuchen, Eltern anzusprechen, gerade "wenn eine Familie wieder zusammengeführt wird", sagt Holzhause.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Peter Harzheim, Präsident des Verbands Deutscher Schwimmmeister
  • E-Mail-Interviews mit der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen und der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft
  • Eigene Recherche
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website