Indien und Pakistan Leben bei 50 Grad: Wie halten Menschen diese Hitze aus?
In vielen Teile Indiens und Pakistans leiden die Menschen derzeit unter Rekordhitze. Im Gegensatz zu Menschen in anderen Regionen der Welt können sich Millionen kaum vor hohen Temperaturen schützen.
In Nordindien ist es derzeit heiß. So heiß sogar, dass ein Dieb in der Millionenstadt Lucknow während eines Einbruchs eingeschlafen ist: Er fand am Tatort eine Klimaanlage - ein seltenes Luxusgut, das sich die Mehrheit der Inder nicht leisten kann - und schaltete sie ein. Dann begann er in der wohligen Kühle auf dem Boden wohl zu träumen. Die Polizei entdeckte ihn schließlich, ein Foto des Vorfalls ging viral.
Temperaturen von über 40 Grad sind in Südasien um diese Jahreszeit nicht ungewöhnlich. Und zuletzt wurden in der besonders vom Klimawandel betroffenen Region gar an etlichen Stationen Hitzerekorde gebrochen - und Temperaturen von über 50 Grad erreicht, heißt es auch vom Deutsche Wetterdienst. Während dieser Hitze fand in Indien jüngst die Parlamentswahl statt: Knapp eine Milliarde Menschen wurden währenddessen an verschiedenen Tagen zu den Wahlurnen gerufen. Wiederholt gab es Berichte von Leuten, die Hitzeschläge erlitten. Teils endeten sie tödlich: Im Bundesstaat Uttar Pradesh seien an einem einzigen Tag gar 33 Wahlhelfer gestorben sein, berichteten örtliche Medien unter Berufung auf Behördenangaben.
Wassermangel an manchen Orten
Gleichzeitig riefen die Behörden die Leute dazu auf, die Hitze draußen möglichst zu meiden. Essenslieferant Vijay Kumar Singh aber hat keine Wahl. Er kurvt in der trockenen Hitze täglich auf seinem Motorrad in der Metropolregion Delhi herum. Manchmal heize sich der Sitz so sehr auf, dass er ein Tuch darauf legen und seine Hände mit weiteren Stofffetzen umwickeln müsse, wie er sagt: "Wenn ich in der prallen Sonne vor Türen warte, fühle ich, wie sie Löcher in meinen Rücken brennt."
Zudem beklagten die Menschen an manchen Orten Wassermangel: In Dutzenden Stauseen sei der Wasserstand auf einen Bruchteil der Speicherkapazität gefallen, berichtete kürzlich etwa der indische Fernsehsender NDTV unter Berufung auf die zentrale Wasserbehörde des Landes.
Behörden in Indien und im Nachbarland Pakistan ergriffen deshalb Maßnahmen: Schulen wurden zeitweise geschlossen, Zoos sollten Tiere mit kühlem Wasser abspritzen. Und in der westindischen Stadt Ahmedabad ließen Behörden laut örtlichen Medien schon vor einigen Jahren Tausende Dächer ärmerer Viertel mit Farbe bemalen, die Sonnenstrahlen reflektieren. Dies habe zu einer gewissen Temperaturreduktion geführt.
Fruchtsäfte und kaltes Wasser
In der südpakistanischen Stadt Dadu berichtet Anwohner Meer Shahdad Laghari, dass Behörden aufgrund der derzeitigen Hitzewelle Fruchtsäfte und kaltes Wasser an Passanten verteilen. "Eine so extreme Hitze haben wir zwar schon erlebt, aber nie so lange. Diesen Sommer fühlt es sich so an, als würden wir in der Hölle leben", klagt der 29-Jährige. Er fürchtet, dass er seine Stadt bald verlassen muss, wenn sie in Zukunft häufiger von solch extremen Temperaturen heimgesucht wird. Genau das aber befürchten Experten. "Wir erleben häufigere und intensivere Hitzewellen, die früher beginnen und länger dauern als in der Vergangenheit", sagt Sprecherin Clare Nullis von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO). Dieser Trend würde laut Nullis aufgrund des Klimawandels anhalten.
Auch Deutschland muss sich auf mehr extreme Temperaturen einstellen, warnt der Deutsche Wetterdienst (DWD). In den vergangenen Jahren habe es immer wieder neue Hitzerekorde gegeben. Die bisher höchste Temperatur habe bei 41,2 Grad gelegen - gemessen worden sei sie am 25. Juli 2019 an gleich zwei Orten in Nordrhein-Westfalen, sagt Susanne Haeseler vom DWD: in Duisburg-Baerl und in Tönisvorst. In Europa sei sogar ein Hitzerekord bei 48,8 Grad gemessen worden - im August 2021 im italienischen Sizilien.
Essenslieferant Singh und Millionen andere Menschen können derzeit nur hoffen, dass die Hitze bald wieder vorbeizieht. Selbst in der Nacht fallen die Temperaturen in diesen Tagen nie unter 30 Grad. Und in seinem Zimmer, das er sich mit zwei anderen Männern teilt, gebe es lediglich ein Fenster und einen Ventilator. "Wenn der Strom ausfällt und das Licht ausgeht, gehen wir jeweils raus – dann gibt es zumindest etwas Wind. Heißen Wind." Heiß ist derzeit alles bei ihm: Das Wasser, das er trinkt. Die Straßen, auf denen er geht. Das Hemd, das er anzieht. Und selbst das Bett, in dem er schläft.
- Nachrichtenagentur dpa