Zum ersten Mal US-Justiz richtet Mörder mit umstrittener Stickstoff-Methode hin
Experten warnten von einem möglicherweise grausamen Tod für Kenneth Eugene Smith: Nun wurde er mithilfe von Stickstoff exekutiert, als erster Häftling in den USA.
In den USA ist erstmals ein zum Tode verurteilter Mensch mittels einer neuen Stickstoff-Methode hingerichtet worden. Kenneth Eugene Smith, der 1996 wegen Mordes verurteilt worden war, starb am Donnerstagabend in einem Gefängnis im US-Bundesstaat Alabama unter Anwendung sogenannter Stickstoffhypoxie, wie Alabamas Justizminister Steve Marshall mitteilte. Der 58-Jährige wurde demnach um 20.25 Uhr Ortszeit für tot erklärt, 29 Minuten nach Beginn der Hinrichtung.
Bei der Prozedur bekommt eine Person über eine Gesichtsmaske Stickstoff zugeführt – die Folge ist der Tod durch Sauerstoffmangel. Menschenrechtsexperten hatten vorab beklagt, die Methode sei ungetestet und Smith könnte einen grausamen Tod sterben.
Experten befürchteten "schweres Leiden"
Dass die Inhalation von reinem Stickstoff keine schwerwiegenden Leiden verursacht, halten Experten der Vereinten Nationen für nicht wissenschaftlich bewiesen. Smiths Anwälte hatten bis zuletzt versucht, die Hinrichtung zu stoppen.
Doch weder die zuständigen Gerichte in Alabama noch der Oberste US-Gerichtshof waren ihren Gesuchen gefolgt. Demonstranten hatten in den vergangenen Tagen die Gouverneurin von Alabama aufgefordert, zu intervenieren. Doch auch dazu kam es nicht.
Smith war 1996 zum Tode verurteilt worden, nachdem er 1988 im Auftrag eines Pastors dessen Ehefrau ermordet hatte. Bereits 2022 sollte Smith eigentlich mit der Giftspritze hingerichtet werden. Dem Gefängnispersonal gelang es damals aber nicht, ihm die dafür nötige Kanüle zu legen: Nach mehreren Stunden, in denen er angeschnallt auf dem Exekutionstisch lag, wurde er wieder in seine Zelle gebracht.
"Alle sagen mir, dass ich leiden werde"
Smith selbst hatte im Dezember in einem Radio-Interview gesagt, er habe unglaubliche Angst vor der Hinrichtung. Er sei noch "traumatisiert" vom 2022 gescheiterten Hinrichtungsversuch. "Alle sagen mir, dass ich leiden werde."
Weder den gescheiterten Versuch von 2022 noch die Bedenken mit Blick auf die neue Methode werteten Gerichte jedoch als ausreichend, um nun die Stickstoff-Hinrichtung zu stoppen. Smiths Anwälte hatten argumentiert, dass er zu einer Art Testkandidat werde und noch viel zu viele Fragen offen seien. In ihrem Gesuch bemängelten sie unter anderem, dass an dem Protokoll für den Ablauf der Hinrichtung noch wenige Tage vor dem Termin Änderungen vorgenommen worden seien. Die Anwälte werteten dies als weiteren Beweis für die vielen Unklarheiten bei einer Hinrichtung mit Stickstoff.
Gerichte lehnten Antrag der Anwälte ab
Das Berufungsgericht in Alabama wies die Vorbehalte am Mittwoch jedoch zurück. Smith könne nicht belegen, dass die Hinrichtung eine "grausame und ungewöhnliche" Bestrafung darstelle, hieß es in der Entscheidung. Auch der Supreme Court lehnte einen ähnlichen Antrag ab, nannte allerdings keine Begründung dafür. Erfolglos blieb auch ein weiterer letzter Eilantrag vor dem Obersten Gerichtshof, über den erst am Donnerstagabend (Ortszeit) unmittelbar vor der Exekution entschieden wurde.
Bei seiner Verurteilung 1996 hatten die Geschworenen eigentlich eine lebenslange Haftstrafe für Smith vorgesehen. Der zuständige Richter setzte sich damals aber über diese Empfehlung hinweg und verfügte die Todesstrafe. Das Gesetz, das dies ermöglichte, schaffte Alabama als letzter US-Bundesstaat 2017 ab.
Alabama ist einer von drei US-Bundesstaaten, die eine Hinrichtung mit Stickstoffgas erlauben. Bislang war diese Methode in den USA aber noch nie angewendet worden. 2023 wurden landesweit 24 Todesurteile vollstreckt. 2.330 zum Tode verurteilte Menschen sitzen derzeit im Todestrakt, teils schon seit Jahrzehnten wie im Fall von Smith.
- Nachrichtenagenturen afp und dpa