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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Suche ohne Langenscheidt Warum "Buttergolem" nicht das Jugendwort des Jahres wird
Seit 2008 kürt der Langenscheidt-Verlag das Jugendwort des Jahres. In diesem Jahr nicht. Also startete ein 26-Jähriger die Wahl – und hat nun deshalb Ärger.
"Buttergolem" wird nicht "Jugendwort des Jahres" werden. Die Suche nach dem Gewinnerwort läuft wieder, es kann abgestimmt werden – und ein 26-Jähriger hat den an der Spitze liegenden Begriff aus der Abstimmung genommen. Marcel heißt er, seinen Nachnamen will er in der Berichterstattung nicht sehen, die Wahl veranstalte er ja nur privat. Das Jugendwort, das einen eigenen ausführlichen Wikipedia-Beitrag hat, wird nun von einem 26-Jährigen gesucht, der bis dato nur Fan der Wahl war.
26-Jähriger richtet die Abstimmung selbst aus
Marcel erzählt t-online.de, dass er immer Spaß an der Kür des "Jugendwortes des Jahres" und den Debatten darum hatte. "Ehrenmann" (2018) fand er gut, "Gammelfleischparty" (2008) eher nicht so. Und dann tat sich in diesem Jahr irgendwie nichts. Kein Aufruf, Wörter einzuschicken, keine Ankündigung vom Langenscheidt-Verlag, der seit 2008 jährlich um Vorschläge bat und dann eine Jury einberief. In diesem Jahr sei nichts geplant, habe der Verlag ihm mitgeteilt. Auf Anfrage von t-online.de hat Langenscheidt noch nicht geantwortet. Dort läuft der Übernahmeprozess durch den Konkurrenten der Klett-Gruppe (Pons), der die Langenscheidt-Mitarbeiter nicht übernimmt.
Marcel hat nach eigenen Angaben Langenscheidt gebeten, das "Jugendwort des Jahres" selbst suchen zu dürfen. Er habe den Wettbewerb anbieten wollen, "weil es eine nette Unterhaltung ist, ein Spaß." Ohne kommerzielle Interessen, in seiner Freizeit, auch wenn das jetzt manche bezweifeln. Werbeanzeigen sind auf der Seite, aber die deckten nur die im Vorweg entstandenen Kosten.
Vielleicht, sagt er, habe man bei Langenscheidt seine Reichweite unterschätzt. Denn Marcel verantwortet auch die Facebook-Seite "Best of Kleinanzeigen" mit mehr als 500.000 zum Teil recht aktiven Fans. Die hatten den Großteil der knapp 1.000 Vorschläge geschickt.
"Trolle" manipulieren die Wahl
Am Sonntag hat die Abstimmung begonnen, am Mittwoch hat Marcel den bisherigen Spitzenreiter aus der Wertung genommen. "Buttergolem" führte mit großem Vorsprung, aber die Abstimmung wurde technisch von außen beeinflusst. Jemand hatte offenbar ein Programm geschrieben und automatisiert für "Buttergolem" abgestimmt. "Wir hatten damit nicht gerechnet, dass sich jemand für eine Spaßveranstaltung diese Mühe macht", sagt Marcel. "Plötzlich kamen in zehn Minuten Tausende Stimmen mit IP-Adressen aus dem Ausland. Wir wussten uns in dem Moment technisch nicht anders zu helfen, als das Wort aus der Wahl zu entfernen." Er arbeitet für die Technik mit einer Agentur zusammen, die auch im Impressum steht.
Jugendwort: Die Kandidaten
Tchuligom | Entschuldigung
Alman | Ein Mensch mit typisch deutscher Verhaltensweise
Safe | Wenn etwas zu 100% sicher ist
Muss los | Reaktion auf eine peinliche/merkwürdige Situation
Gönnjamin | Person, die anderen etwas gönnt
Ja Moin! | Ausdruck der Verwunderung
Ehre genommen | Ausdruck dafür, dass eine Person eine andere Person vorgeführt hat
Cringe | Ausdruck dafür, wenn man sich fremdschämt
Getriggert | Ausdruck dafür, dass der wunde Punkt einer Person getroffen wurde, die deshalb emotional reagiert
Auf meinen Nacken | Jemandem etwas ausgeben
Kek | hier: Möchtegern/Weichling/Verlierertyp
Flexen | Angeben/Prahlen
Küsse dein Auge | Ausdruck großer Dankbarkeit
Bratan/Bra | Freund/Kumpel
Zu wild | Ausdruck dafür, dass etwas außergewöhnlich gut ist
Habibi | Freund/Kumpel
Cornern | Im Viertel abhängen
Hustlen | Hart arbeiten
Lachkick | Sich über etwas totlachen
Jetzt werfen ihm "Buttergolem"-Verfechter vor, unlauter einzugreifen, zu zensieren. "Jemand manipuliert, und ich bin der Böse, das ist irgendwie unlogisch." Auf seiner Seite gibt es viele Kommentare, die ihm Schiebung und Zensur vorwerfen. Reaktionen zeigen Verbissenheit und Eskalationslust mancher Menschen im Netz.
Was bedeutet "Buttergolem"?
Manche der "Buttergolem"-Fans sind darin geübt, jemanden zu mobben. Das Wort bedeutet so viel wie Fettwanst. Es ist auch einer der häufiger gebrauchten Beinamen für einen jungen Mann, der einer der kontroversesten Menschen im deutschen Internet ist: "Drachenlord" ist für die einen ein Opfer von extremem Mobbing. Schließlich sind im vergangenen Jahr mehrere Hundert Menschen angereist, um vor seinem heruntergekommenen Haus zu stehen. Für die anderen, die "Haider", ist er ein unbelehrbarer arroganter Provokateur ohne jedes Talent, dem sie Grenzen aufzeigen wollen.
Debatten um "Buttergolem" als Mobbing-Wort
"Buttergolem" als Jugendwort wäre für manche Haider ein Erfolg. Andere diskutieren, dass das dem "Drachenlord" nur neue Aufmerksamkeit und dann Mitleid und damit Einnahmen zuspielen würde. "Ich kenne diese Geschichten", sagt Marcel. "Es gab deshalb auch Kritik am Begriff 'Buttergolem', weil er stellvertretend für Mobbing stehen könnte." Langenscheidt hatte auch in der Vergangenheit "Alpha-Kevin" nachträglich entfernt.
Aber das Argument gab für Marcel nicht den Ausschlag. "Ich habe ihn ja auch selbst für die Endauswahl ausgesucht, wieso hätte ich ihn dann aus der Abstimmung nehmen sollen?" "Buttergolem" wird zwar auch rege für den fränkischen Selbstdarsteller genutzt, aber eben nicht nur für ihn.
Das Wort gab es schon vorher, in den USA ist es mindestens seit 2006 unterwegs. Wer genau den Begriff bei der Wahl jetzt plötzlich mit einem Programm gepusht hat, ist unklar. In einem Imageboard gab es eine Anleitung, wie der durchaus vorhandene Schutz gegen Mehrfachabstimmungen überlistet werden kann. Doch da ging es nicht um oder gegen den "Drachenlord", sondern nur darum, zum Spaß eine Abstimmung zu kapern. Das hat Tradition, 2014 hatte sich eine solche Community auch mit Erfolg dazu verabredet, "fappieren" an die Spitze zu bringen, ein anderes Wort für onanieren.
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- Kleines Wörterbuch der Jugendsprache: Wissen Sie, was "sheeeesh" bedeutet?
"Tchuligom" führt momentan
Im Moment führt noch der Begriff, der groß auf dem Kopf seiner Kleinanzeigen-Facebookseite steht: "Tchuligom". Das ist der fast zum Kult gewordene Inbegriff für das abenteuerliche Deutsch in manchen Anfragen auf Ebay Kleinanzeigen. "Tchuligom" stand am Ende des Austauschs mit einem Interessierten – "Entschuldigung" sollte das heißen.
Marcel glaubt nicht, dass "Tchuligom" tatsächlich gewinnen wird, weil er nicht aktiv dafür wirbt und reichweitenstarke Accounts sicher noch für andere Begriffe werben werden. "Je mehr Leute außerhalb meiner Community mitmachen, desto wahrscheinlicher wird es, dass ein anderes Wort gewinnt. Und das ist auch in Ordnung so."
Am Freitag holte "Alman" nach Aufrufen bei Instagram stark auf. Der Spitzenplatz von "Tchuligom" hat Marcel trotzdem Vorwürfe eingebracht, er wolle seine Seite promoten oder Geschäfte machen. Tatsächlich ist "Tchuligom" auch eine für eine Vielzahl von Artikeln geschützte Marke beim Deutschen Marken- und Patentamt. "Aber das Markenrecht gehört mir leider nicht", sagt Marcel. Er hatte mal Kontakt mit dem Anmelder. Der wollte eine Zusammenarbeit, zu der es nicht gekommen ist. Was 2019 wohl zustande kommt, ist die Kür eines "Jugendwortes des Jahres".
- Eigene Recherchen
- Aktuelle Wahl zum Jugendwort des Jahres
- "Jugendwort des Jahres" bei Langenscheidt